Auermühle
Ratingen

Texte und Dokumente



Walter Buschmann
Auermühle

Die bereits 1477 bestehende ursprünglich herzogliche Mühle leitet ihren Namen aus dem Standort „in den Awen“ ab. Die Mühle war Zwangsmühle für die Gemeinden Eggerscheidt und Hösel. Im Urkataster der Gemeinde Eggerscheidt wird die Anlage 1838 als Kornmühle und Kornbrennerei erwähnt und im Amtsblatt der Regierung Düsseldorf werden Auermühlen-Hof und Mühle aufgeführt. Nach Übernahme der Mühle durch Heinrich Hausmann 1895 galt die Mühle auch als Hausmannsmühle und wurde mit Dampf- und Wasserkraft betrieben. Historische Abbildungen zeigen vor dem Hauptgiebel mit der Inschrift „Auermühle“ ein Kessel- und Maschinenhaus mit hohem Schornstein. Als Folge einer Feuersbrunst wurde die Anlage noch vor dem Ersten Weltkrieg in ein Lokal für Ausflügler und Wanderer umgewandelt. Die Mühle wurde 1978 durch den Zweckverband Angertal erworben.

Das wohl von Hausmann 1895 erbaute Mühlen- und Brennereigebäude ist eine zweigeschossige Backsteinanlage mit Hauptflügel direkt am Angerbach und einem rechtwinklig daran angrenzenden, fünfachsigen Seitenbau. Im Giebeldreieck des Hauptbaus prangt noch heute die Inschrift „Auermühle“. Flachsegmentbogige bis stichbogige Fenster, Wandvorlagen und ein Rundbogenfries unter der Inschrift im Hauptgiebel prägen die Architektur der Mühlenanlage. An der Seitenfassade des Hauptbaus war an der Anger auf einer im Flusslauf errichteten Mauer das mit seiner Achse in das Mühlengebäude hineinreichende Mühlenrad aus Stahlblech montiert (nicht erhalten). Der Wasserzufluss konnte über ein dem Wasserrad unmittelbar vorgelagertes, erhaltenes Schütz reguliert werden. Das Schütz wurde von einem hier über den Bachlauf reichenden Steg bedient.

Zu den Wasseranlagen gehört ein vor dem Mühlengebäude angeordneter Graben mit Schütz, der als Überlauf überschüssiges Wasser ableiten konnte. Ebenfalls zu den Wasseranlagen gehören ein Stauweiher und ein um die Mühlenanlage im Süden herumführender Graben. Das Wasser für diesen Graben wird oberhalb des Stauweihers durch ein quer durch den Angerbach reichendes Wehr zugeführt.

Der Angerbach wird zur Hangseite im Bereich des Mühlengebäudes durch eine Stützwand in Bruchstein begrenzt. Auch der Überlaufgraben wird durch Bruchsteinwände gefasst. Eine Brücke mit Bruchsteinbrüstungen überspannt den Umlaufgraben und führt von Ratingen aus auf den Mühlenhof.

Die Auermühle ist Teil der aus einer intensiven Nutzung des Angerbaches resultierenden Mühlenlandschaft im Angertal. In diesem bei Wülfrath beginnenden und bis in die Rheinebene reichenden Tal von etwa 20 km Länge gab es 1836 18 und 1850 25 Mühlenstandorte (einschließlich Nebenbäche). Die Auermühle ist mit den beschriebenen Hoch- und Wasserbauten ein wichtiges Element dieser historischen Mühlenlandschaft, prägt das Landschaftbild und ist insofern erhaltenswert.

Literatur
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