Rheinauhafen | Zollhallen
Im Zollhafen


In der Gruppe von drei Hallen war die Halle 11 eine der mächtigsten Profanbauten der Stadt Köln um 1900. Errichtet zwischen 1893 und 1898 von Bernhard Below spiegelte die Architektur Einflüsse der Gotik sowohl aus Köln, wie auch aus dem benachbarten Belgien wider. Besonders aufwändig mit Kreuzgratgewölbe gestaltet ist das Erdgeschoß der Halle 11. In die Halle 10 wurde als eine der ersten Maßnahmen zur Umstrukturierung des Rheinauhafens das Sport- und Olympiamuseum untergebracht. Für die Halle 11 wurde eine gemischte Nutzung aus Wohnungen und Gewerbeflächen konzipiert. (Walter Buschmann)



Julia Dobritz
Die Zollhallen im Rheinauhafen


Geschichte

In dem 1891 bis 1898 entstandenen Kölner Rheinauhafen gehören die Zollhallen neben dem Hauptzollamt und dem Hafenamt zu den besonders anspruchsvoll gestalteten Bauten.


Nachdem der von Joseph Stübben entworfene Gesamtplan zum Rheinauhafen 1891 gebilligt worden war, regte die “Vereinigung Kölner Privat-Architekten” aus Sorge um das “... herrliche Städtebild der Kölner Rheinseite ...” einen Wettbewerb zur Gestaltung der Hafenbauten an. Zugelassen waren nur Kölner Architekten. Aus den sechszehn eingereichten Arbeiten wurden drei prämiert. Dem Sieger des Wettbewerbs, Bauinspektor Bernhard Below, wurde die Planung und Ausführung der Zollhallen übertragen.


Laut Ausschreibung zum Wettbewerbstext war keine kostspielige sondern eine sparsam-charakteristische Ausbildung der Fassaden und ein harmonisches Zusammenwirken derselben gewünscht. Architektonische Zutaten wie Türme, Giebel, Erker und dergleichen seien nur zulässig, wenn sie dem inneren Organismus der Gebäude entsprächen. Als Material wurden Tuffziegel unter sparsamer Verwendung von Haustein empfohlen. Um die dadurch entstehenden Mehrkosten zu sparen waren kurzzeitig nach einem Vorschlag von Stübben auch Ziegel mit rauer Oberfläche und grauem Farbton in der Diskussion. Man entschied sich dann doch für eine aufwändigere Ausführung, weil Köln das seit dem Mittelalter berühmteste und in der Gegenwart bedeutendste Stadtpanorama habe.


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Panorama vom Rheinufer mit der Zollhalle 2 (rechts) und der Zollhalle 1 (links), um 1900
1893 bis 1898 entstand die dreiteilige Bautengruppe der Zollhallen mit einem hochaufragenden, fünfgeschossigen Mittelbau und zwei flankierenden zweigeschossigen Hallen. Die drei Gebäude waren entlang einer Fluchtlinie an der Flussseite der Rheinauhalbinsel aufgereiht. Ein hoher Zaun mittig auf der Rheinauhalbinsel trennte den Freihafenbereich von den übrigen Hafenanlagen. Der 123 Meter lange Mitteltrakt galt nach Dom und Hauptbahnhof als das mächtigste Gebäude der Stadt.


Schon ein Jahr nach Fertigstellung wurden die den Hallen an den Schmalseiten vorgelagerten Ladebühnen mit eingeschossigen Hallen überbaut. Es hatte sich herausgestellt, dass die dort lagernden und zur Abholung für den Transport in die Stadt bereitstehenden Fässer mit Fetten, Petroleum, Öl etc. vor Witterungseinflüssen geschützt werden mussten.


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Schrägaufnahme des Hafenbeckens mit den Zollhallen 2 (Mitte) und 3 (rechts), entstanden um 1914 kurz nach Errichtung der großen Walmdächer
Noch gravierender war eine Erweiterungsmaßnahme kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges: zur Steigerung der Lagerkapazität erhielten die drei Zollhallen hochaufragende Walmdächer nach Entwurf von Hans Verbeek. Die Dächer waren mit Gauben und spitzen Helmen verziert. Im Zweiten Weltkrieg wurden auch die Zollhallen stark beschädigt. Die Zollhallen 1 und 3 brannten aus und erhielten eine neue Innenkonstruktion in Stahlbeton. Bei der Zollhalle 2 (Halle 11) ging auch ein großer Teil der Ostfassade verloren und wurde im Stil der 1950er Jahre erneuert. Obwohl die aufwändige Fassadenarchitektur des Historismus mit Zinnen und Eckwarten an den übrigen Fassaden erhalten geblieben war, wurde diese Bauzier komplett an allen Hallen entfernt zugunsten einer Schlichtfassung, wie sie in der Nachkriegszeit für viele Bauten des 19. Jahrhunderts realisiert wurde.



Baukörper und Außenarchitektur der Zollhallen

Trotz der geradezu an eine funktionale Gestaltung gemahnenden Wettbewerbsausschreibung von 1891 entstanden die drei Zollhallen in der charakteristischen Formensprache des Historismus im Stil der Profangotik des 15. Jahrhunderts. Vorbilder waren der ebenfalls vorwiegend als Lagerhaus genutzte Kölner Gürzenich (1411 bis ca. 1444) und die Hallen in Brügge, besonders mit dem 1482 bis 1486 entstandenen dritten Geschoß. Typisch für diese noch dem Wehrbau verpflichtete Architektur der spätgotischen Hallenbauten sind Zinnen und Eckwarten. Der Mittelbau ist zur Landseite zusätzlich durch drei knapp vorspringende Risalite gegliedert, deren Ecken ebenfalls mit diesen Eckwarten besetzt waren. Eckwarten und Zinnen waren durch Blendmaßwerk verziert.


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Zollhalle 1. Foto um 1900
Die Gebäudekörper der beiden seitlichen Trakte erhielten zur Landseite nur einen mittig angeordneten Risalit. Die Eckwarten wurden mit den darin untergebrachten Spindeltreppen sehr viel wuchtiger als beim Mittelbau ausgebildet. Die hier in das Mauerwerk eingefügten funktionslosen Schießscharten verstärken die burgartige Wirkung der Architektur. Als verhältnismäßig langweilig galten die zum Rhein orientierten Fassaden, da hier die Gliederung der Gebäudekörper durch Risalite wegen der durchlaufenden Kranschienen der Halbportalkräne nicht möglich war.


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Zollhalle 1 nach dem Umbau.
In der Binnengliederung werden die Fassaden der drei Zollhallen wesentlich durch den Materialwechsel zwischen dunklem Basaltlava für Erdgeschoß und Rampen und dem hellen Tuffstein für die Obergeschosse geprägt. Der dunkle Basaltstein rahmt gebäudehoch die Kanten der Gebäudekörper sowie die Fensteröffnungen und die rundbogigen Nischen in den Mittelachsen der Risalite. Die Erdgeschoßöffnungen sind rund- und segmentbogig ausgebildet, während die Fenster in den Obergeschossen Rechteckformate haben. Die kleinteiligen Metallsprossenfenster sind überwiegend erhalten. Besonders hervorgehoben sind die Eingangsbereiche: breite einläufige Treppen führen in einer rundbogigen Loggia zu doppelflügeligen, ornamentierten Stabgittertoren aus Stahl, deren Brüstungsfelder mit Blechtafeln geschlossen sind. Seitlich ist jedem Eingang ein durch Fensterstöcke in schmale Bahnen geteiltes Rechteckfenster zugeordnet. An der Mittelstraße erstrecken sich seitlich der Risaliten überdachte Rampen (1,75m breit) über segmentbogig geformten Öffnungen. An der Flussseite reichen die Rampen (0,75m breit) über die ganze Trauffassade. Darüber sind auf Konsolen die Kranbahnen für die Halbportalkräne montiert.


Allen drei Zollhallen waren an den schmalen Seitenfassaden Ladebühnen vorgelagert, unter denen sich Kellerräume befinden. Auf den Ladebühnen befanden sich handbediente Ladekräne in Stahlkonstruktion (Vollwandbauweise). Die nördliche Ladebühne vor dem Mittelbau wurde beim Bau der Severinsbrücke entfernt. Die anderen Ladebühnen wurden schon 1899 weitgehend durch eingeschossige Schuppen ursprünglich mit Gußstützen und genieteten Stahlbindern mit Strebenfachwerk überbaut. Die Hallen wurden nach dem Krieg in belangloser Art erneuert. Bei der Zollhalle 1 (Sportmuseum) ist nach dem Umbau nur die tragende Stahlkonstruktion der Schuppen erhalten geblieben.



Der Mittelbau (Halle 11)

Der Mittelbau ist durch einige besondere Gestaltungselemente gekennzeichnet. Das oberste Geschoß ist durch ein umlaufendes Band aus Basaltsteinen als Sohlbankfries vom übrigen Gebäudekörper leicht abgesetzt. Die darüber aufsitzenden Fenster sind mit vertikalen Basaltstöcken in je zwei schmale Bahnen geteilt. Über jede dieser Fensterbahnen ist ein aus Basaltsteinen geformter Dreipass angeordnet.


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Zollhalle 2, Foto um 1900.
In den drei Risaliten befinden sich vertikal übereinander angeordnet die ehemaligen Ladetüren. Es handelt sich um ehemals breite segmentbogige Öffnungen in einer gebäudehohen, leicht zurückspringenden, rundbogig endenden Nische. Nische und die segmentbogigen Stürze sind in Basaltlavasteinen gemauert. Die ehemaligen Öffnungen sind heute mit verputzten Brüstungsfeldern und kleinsprossigen Metallfenstern geschlossen. Die Seitenachsen des Mittelbaus sind in den letzten drei Obergeschossen als Balkone mit verziertem Stabgitter gestaltet. Die zu diesen Balkonen gehörenden Blechtüren sind teilweise erhalten. Zur Flussseite ist vom ursprünglichen Baubestand nur eine vertikale Reihe Ladetüren erhalten. Auch hier sind die Türöffnungen eingebunden in eine mit Basaltsteinen eingefasste, rundbogige Nische, die jedoch nicht durch einen Risalit betont wird. Über den Toröffnungen befinden sich gerade Stürze über profilierten Konsolsteinen. Zu den Ladetüren gehörten 90cm breite Klappen aus Eichenholzbohlen, die über einen Klappmechanismus mit mittigem Zugseil hochgezogen werden konnten. Die Halterung für die Ladeklappen und Elemente der Betätigungseinrichtungen sind teilweise erhalten.


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Die Zollhalle 2 von der Rheinfront aus gesehen, vor der Umwidmung
Die flussseitige Fassade wurde nach erheblichen Kriegsschäden in Backstein mit hochliegenden schmalen Fensterbändern erneuert neu aufgebaut. Die Fensterbänder sind durch Metallsprossen in schmale Bahnen unterteilt. In diesem Fassadenbereich befinden sich, eingelassen in Loggien, in drei Achsen Ladetore mit Kurbelmechanismus.


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Das gewölbte Erdgeschoss der Zollhalle 2, Foto um 1900
Nach den beträchtlichen Kriegsschäden ist auch die Innenkonstruktion des Gebäudes weitgehend als Stahlbetonskelett mit fünf Stützenreihen und Stahlbetondecken erneuert worden. Vollständig erhalten geblieben ist das Konstruktionssystem im Erdgeschoß. Es handelt sich um Rundsäulen in vier Reihen mit Würfelkapitellen und gemauerten Kreuzrippengewölben. Die Säulen bestehen im Inneren aus einer tragenden Gitterkonstruktion in Stahl und sind feuerfest ummantelt mit einem sandsteinfarbig gestrichenen Zementputz. Das Erdgeschoß war als Zollrevisionshalle mit Waagen und kleinen Aufenthaltsräumen für die Zollbeamten ausgestattet.


Das Gebäude ist vollständig unterkellert zur Lagerung von ausländischen Weinen, Ölen und Spiritus. Die Stützen und Unterzüge in Stahlkonstruktion sind vollständig mit Zementputz feuerfest ummantelt. Zwischen den Unterzügen sind die Decken ein Stein stark als schmale Kappen gewölbt.


Im südlichen Gebäudeteil ist die Konstruktion des Ursprungsbaus erhalten. Auf einem Tragsystem aus den wie im Kellergeschoß mit Zementputz umhüllten Stützen und Unterzügen befinden sich Holzdielenböden. Die Stützen sind in Querrichtung durch mächtige, als genietete Blechträger ausgebildete Stahlunterzüge verbunden. Durch große Stahlblechschiebetore lässt sich ein breiter Gangbereich von der übrigen Lagerfläche abtrennen. Der Gang wird von einer gemauerten Kappendecke auf Doppel-T-Trägern überspannt. Kappen und T-Träger sind verputzt. Im Erdgeschoß und zweiten Obergeschoß sind zwei Toledowaagen (Schaltgewichtswaagen, Modellnr. 1600) erhalten.


Zur vertikalen Erschließung sind hinter den stadtseitigen Risaliten Treppenhäuser angeordnet. Die aus Steinstufen gefertigten, gewendelten Treppen sind noch mit den originalen Stabgeländern aus Metall versehen. Zum vertikalen Warentransport dienten zwei nicht erhaltene hydraulische Aufzüge.



Zollhallen 1 und 3 (Hallen 12 und 10)

Die beiden zweigeschossigen Hallen waren im Prinzip gleichartig ausgebildet und folgen im System der Fassadenausbildung weitgehend dem Mittelbau. Über dem wie im Mittelbau ausgebildeten Keller mit ummantelten Stahlstützen und Kappendecken war die Konstruktion der Obergeschosse jedoch in Holz ausgebildet, und zwar die Stützen und Sattelhölzer in Eiche und die übrigen Teile in Tannenholz. Diese Innenkonstruktion ging im Krieg verloren und wurde ersetzt durch eine Stahlbetonskelettkonstruktion mit Betondecken.


Wie im Mittelbau befinden sich hinter den Risaliten die Treppenhäuser mit gewendelten Steintreppen und Stabgeländer. Aufwändig sind die Zugänge zu den Hallen von den seitlichen Ladebühnen gestaltet: Über ein breites Rundbogentor wird eine mit Kreuzrippengewölbe versehene Vorhalle erschlossen.



Bedeutung

Die Zollhallen im Rheinauhafen stehen in der Tradition der Freihäfen. Die Idee der Freihäfen stammt aus England, wo nach langjährigen politischen Bemühungen als grandiose bauliche Umsetzung dieser Idee seit 1798 das West India Dock (heute Canary Warf) in London entstand. Der Kerngedanke bestand darin, dass die aus Übersee gelieferten Waren zollfrei in großen Lagerhäusern gelagert, bearbeitet und gehandelt werden konnten. Auf dem Wasserweg konnten die Waren ohne Zoll den Hafen wieder verlassen, um beispielsweise an Empfänger auf dem Kontinent versendet zu werden. Sollten die gelagerten Güter jedoch auf der Landseite noch außerhalb des Hafengebietes geliefert werden, war Zoll zu entrichten. Die englischen Freihäfen, darunter als bekannteste Anlage das St. Katherine Dock in London 1828-1832 nach Entwurf von Thomas Telford oder das Albertdock in Liverpool von Jesse Hartley 1841-1849, waren folgerichtig geradezu kastellartig organisiert. Die Lagerhäuser formten rings um die Hafenbecken ergänzt durch hohe Mauern und Gitter einen umschlossenen Bereich, aus dem die verzollten Waren nur an wenigen Toren ausgeführt werden konnten.


Zollhallen und Hauptzollamt im Rheinauhafen entstanden als Ersatz für den 1802 durch die Franzosen genehmigten und bis 1805 angelegten Frei- und Zollhafen zwischen Markmanns- und Mühlengasse. Der erste, bis 1805 geschaffene Kölner Freihafen war eine aus der überlieferten Situation des mittelalterlichen Hafens heraus entstandene Anlage. Er bestand aus der Werft, einem 40 bis 50 Fuß tiefen Geländestreifen vor der Stadtmauer unter Einbeziehung von Lagerhäusern, die zur Stadtseite durch zugemauerte Fenster gesichert wurden.


Die von Joseph Stübben entworfene, großartige Kölner Neustadt mit den halbkreisförmig um die Altstadt herumführenden Ringen erhielt ergänzend im Osten entlang des Flussufers eine neue Nord-Süd Achse. Dieser Rheinuferstraße fiel der alte Zollhafen zum Opfer. Er entstand neu an der Nordspitze des Rheinauhafens. In der Gesamtdisposition folgt die Anlage nicht den englischen Beispielen. Eine derartig in sich geschlossene, kastellartige Anlageform war auf Grund der topographischen Situation nicht möglich. Die Absperrung des Freihafenbereichs erfolgte durch hohe, in die Mitte der Agippawerft gesetzte Stabgitterzäune.


In der aufwändigen Architektur im Stil der Profangotik des 15. Jahrhunderts spiegelte sich die Tradition Kölns als Hafen- und Handelsstadt. Der Rheinauhafen war eine von der Stadt Köln beauftragte und finanzierte Anlage. Das städtische Bürgertum wähnte sich im ausgehenden 19. Jahrhundert in einer neuen Blütezeit, in einer kulturellen Hochphase, die mit den Glanzzeiten bürgerlicher Hochkultur des späten Mittelalters verglichen wurde. Die Verwendung gotischer Bauformen sollte diese Analogie zum Ausdruck bringen. Versehen mit Zinnenkranz und Eckwarten nehmen die Zollhallen besonders auch auf die in Köln präsente historische Lagerhausarchitektur Bezug, stehen stilistisch in Verbindung mit dem Gürzenich (1411-ca. 1444), dem Fischkaufhaus (später Stapelhaus) von 1426 und darüber hinaus mit der Architektur der gotischen Handelshallen in Belgien in Holland. Die Zollhallen im Rheinauhafen sind auch Zeugnisse für die Entwicklung der Lagerhausarchitektur. Lagerhäuser sind selbstverständlich keine Erfindung des Industriezeitalters, sondern haben in den handelstreibenden Ländern und Städten eine weit in die Geschichte zurückreichende Vergangenheit. Erinnert sei beispielsweise an die in Köln archäologisch nachgewiesenen und in Trier noch fragmentarisch erhaltenen Lagerbauten der Römer. Im Zeitalter der Industrialisierung mit einer explosionsartig anschwellenden Warenproduktion wurden an diese Baugattung jedoch neue Anforderungen gestellt, die sich in Größe und Konstruktionsart der Bauten niederschlugen. Charakteristisch für die städtischen Lagerhäuser der Zeit um 1900 wurden gerade in den Rheinstädten anspruchsvolle Architekturformen im Stil des Historismus.


Vergleichbare Bauten waren: der Viktoriaspeicher in Berlin von 1880 (nicht erhalten), die Gebäude des Zoll- und Binnenhafens in Mainz 1880-87 (nicht erhalten), das städtische Lagerhaus in Worms von 1892 (nicht erhalten), der als unmittelbares Vorbild geltende Zollhof in Düsseldorf von 1895/96 (nicht erhalten), das städtische Lagerhaus in Straßburg von 1899, das städtische Lagerhaus in Krefeld von 1906.



Umbau der Halle 11 im Rheinauhafen: Das Umnutzungskonzept

Der Entwurf der Architeken JSWD überzeugte 2003 im Realisierungswettbewerb die Jury mit einer den Denkmalschutz respektierenden Architektur. Der Umbau der Halle gestaltet sich für die teilnehmenden Architekten als eine Herausforderung. Im Vergleich zu anderen am Wettbewerb teilnehmen Architekturbüros gehen JSWD Architekten bewusst mit der zu erhaltenen Gebäudehülle um und werten diese in ihrem Entwurf wieder auf. Im Vergleich dazu sind die neuen Bauelemente im Entwurf von Schilling Architekten deutlich dominanter und schwächen somit die denkmalgeschützte Gebäudehülle in ihrem Erscheinungsbild. Auch die Umnutzungskonzepte der Architekturbüros sind sehr verschieden. So legt Rolf Vollmer zum Beispiel ein Konzept vor, dass in der Halle 11 ausnahmslos Gewerbe und Büronutzung vorsieht. Das 122m lange und 21m breite Gebäude wird von JSWD Architekten zu einem Wohn- und Bürohaus mit einer Nutzfläche von ca. 13.000 m2 umgenutzt.


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Zollhalle 2. Rheinfront nach dem Umbau.
Da das Gebäude eine Tiefe von 21m aufweist, ist die Belichtung der Mittelzonen sehr schwierig. Somit war die Grundrisslösung aufgrund des ungenügenden Einfalls von natürlichem Licht insgesamt recht problematisch. Denn zu beachten galt es vor allem, die drei durch den Krieg unbeschädigten Fassaden, welche unter Denkmalschutz stehen, in ihrem typischen Erscheinungsbild beizubehalten. Dies hieß insbesondere, die Fenster in ihrer ursprünglichen Form zu belassen. Die Planer entschieden sich dazu, die zum Rhein gerichtete und nicht mehr erhaltene Ostfassade derart zu gestalten, dass genügend Tageslicht in das Innere des Gebäudes gelangt. Dieses Belichtungskonzept entspricht auch gleichzeitig dem Raumkonzept der Büros. In den Raum, der von den drei unter Denkmalschutz stehenden Fassaden gebildet wird, ist ein als neues Bauteil definierter Kubus eingeschoben, dessen neue Ostfassade um zwei Meter vor die frühere Gebäudelinie hervorspringt. Durch die Materialisierung dieses Bauteils entsteht der Eindruck eines „Gläsernen Implantats“, und das Gegenüber von Alt und Neu wird in diesem Konzept sichtbar. Durch das Hervorspringen des „Gläsernen Implantats“ in Richtung Osten wird der Innenraum erweitert und erhält einen „Zwischenraum“, der viel Licht in den Innenraum einfallen lässt. Dieser ermöglicht die Ausbildung von Wintergärten und Balkonen, die mit 2 m Tiefe einen angenehmen „Zwischenraum“ bilden. Somit wird der Innenraum optisch vergrößert und erhält einen nutzbaren Freiraum. Außerdem hebt sich das „Gläserne Implantat“ auch in der Höhe von den bestehenden Fassaden der Halle 11 ab.


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Das Gewölbegeschoss in einer Photographie der Umbauzeit
Des Weiteren bleibt im Entwurf von JSWD Architekten das Erdgeschoss mit seinem 3,70 m hohen Deckengewölbe in seiner historischen Gebäudestruktur komplett erhalten. Dieses eignet sich als großzügiger Showroom, kann jedoch in mietbare Flächen zwischen 440m2 und 1850m2 unterteilt werden. Insgesamt bietet die Halle 11 auf 13.000 m2 drei Nutzungseinheiten Platz. Auf 7250 m2 entstehen 68 Mietwohnungen mit Größen zwischen 60m2 und 280m2. Die meisten Wohnungen sind in Richtung Rhein orientiert mit großzügigen Balkonen, Wintergärten und Dachterrassen. Highlight der Wohneinheiten sind wohl die fünf Maisonettewohnungen im 5. und 6. Obergeschoss: Diese sind großzügig verglast und haben zum Teil einen direkten Aufgang zu der privaten Terrasse auf dem Hausdach.


Aufgrund der Lärmbelastung durch die Severinsbrücke sind in der Nordseite des Gebäudes von der 1. bis zur 6. Etage Büroräume vorgesehen. Somit entsteht eine Bürofläche von ca. 3.700m2. Das Erdgeschoss steht mit einer Fläche von 2.050m2 für Gastronomie, Einzelhandel und Ausstellungen zu Verfügung.


Auf die ursprünglichen vier Etagen werden zwei neue Staffelgeschosse gesetzt: Ein Skelettbau aus Glas und dunklen Natursteinplatten als Reminiszenz an das aus Lavabasaltsteinen gemauerte Erdgeschoss.


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Die Fassade derZollhalle 2 während der Sanierungsarbeiten
Die Umsetzung des Umbaus der Halle 11 ist nun vor allem aus der denkmalschützerischen Perspektive interessant. Aufgrund der Nähe zum Schokoladenmuseum und dem Deutschen Sport und Olympia Museum steht die Halle 11 im direkten Vergleich zu diesen Bauwerken. Das Umnutzungskonzept von JSWD Architekten berücksichtigt viele Aspekte des Denkmalschutzes. Die Fassade des Gebäudes bleibt weitestgehend erhalten. Nach der Reinigung der Natursteinfassade aus Lavabasaltstein und Tuffstein wurden einige Stellen ausgebessert, da hier einzelne Steine abplatzten. Für den Tuffstein wurde ein Ersatzmaterial gewählt, dass dem ursprünglichen Stein in seinem Aussehen und seiner Oberflächenbeschaffenheit sehr ähnlich ist. Die Fassade wirkt aufgrund ihres Materials und der nur vereinzelt angeordneten Fenster sehr massiv. Dieser Charakter soll erhalten werden, um somit das alte Bild des ehemaligen Zollhauses zu erhalten. Außerdem wird so der Kontrast zwischen den drei geschlossenen Fassaden und der offenen Glasfassade in Richtung Rhein verstärkt. Da die Wohnungen im Gebäude gewisse Ansprüche an die natürliche Belichtung haben und aufgrund ihrer Größe nicht alle ausschließlich zum Rhein hin orientiert sind, war es notwendig die Öffnungen in der Natursteinfassade zu vergrößern. Diese Fenster grenzen direkt an die vorhandenen Öffnungen an, so dass im Innenraum eine Vergrößerung der Fensterfläche erfolgt. Von außen soll dies jedoch möglichst unerkannt bleiben, so dass die zusätzlichen Fenster in der vorderen Fassadenebene, also bündig mit dem Abschluss des Natursteins mit einer weiteren Scheibe versehen werden. Es ist jedoch noch nicht abzusehen, ob dieser Eingriff das äußere Erscheinungsbild nicht doch zu sehr stört. Zumindest bleiben alle Fenster in ihrer damaligen Form, nämlich als Sprossenfenster erhalten.


Sowohl die Erschließung der Wohneinheiten, als auch die Erschließung der Büros erfolgt über die drei noch aus der Erbauungszeit stammenden Treppenhaustürme. Auch die schmiedeeisernen Tore werden erhalten und in die neuen Eingänge integriert. Ursprünglich war auch die Erhaltung der alten Treppenanlagen angedacht, und lediglich der Treppenbelag sollte ausgebessert werden; aufgrund des ungünstigen Steigungsverhältnisses und des stark beschädigten Belag entschied sich das planende Büro dazu, die Treppe komplett erneuern zu lassen. Somit wurde sie ersetzt durch eine neue Stahlbetonkonstruktion.


Die ehemalige Stahlkonstruktion der Obergeschosse wird durch eine neue Konstruktion ersetzt, trotzdem bleiben vereinzelt Gerberträger sichtbar, die von 1898 stammen und eine besondere Atmosphäre in den Wohnräumen hervorrufen sollen. Diese übernehmen jedoch keine statische Funktion, doch sie dienen lediglich dekorativen Gründen. Auch die alten Stahlstützen müssten aufgrund der Brandschutzanforderungen entfernt werden, da für ihren Erhalt ein erheblicher Aufwand notwendig gewesen wäre. Die neu eingebauten Stahlbetonstützen stehen jedoch an derselben Position, wie ursprünglich die Stahlstützen. Auf das Aufgreifen der alten Achsen legte der Denkmalschutz viel wert, da so im gesamten Gebäude, trotz der teilweise kleinteiligen Unterbrechungen durch die Wohneinheiten, ein übergeordneter Rhythmus, den die Halle selbst vorgibt, beibehalten wird.


Das Erdgeschoss bleibt von allen Teilen der Halle am meisten in seiner Ursprungsform erhalten. Das Kreuzrippengewölbe wird aufgearbeitet und verleiht dem Raum somit einen besonderen Charakter. Insgesamt wünscht sich der Bauherr eine Erdgeschossnutzung, die über die Gesamtlänge von 122 m erfolgt, da so das ursprüngliche Raumgefühl wahrnehmbar bleibt. Dennoch lässt sich das Erdgeschoss grundsätzlich in drei separat vermietbare Flächen unterteilen.


Die ersten vier Obergeschosse sind sehr individuell aufgeteilt. Nur der nördliche Teil wird jeweils gleich als Großraumbürofläche ausgebildet. Die Halle 11 verfügt über ein Untergeschoss, das eine direkte Anbindung an die 1,6 km lange große Tiefgarage erhält. Das Untergeschoss verfügt über eine Tiefgarage, die bei Hochwasser geflutet werden kann, da sie als Retentionsfläche des Rheins zählt. Sie ist deshalb mit Hochwasserschutztoren von der großen Tiefgarage und auch von den Treppenhauskernen getrennt. Aus dem Grund der Flutung bei Hochwasser gibt es im Untergeschoss auch keine Kellerräume für die Wohneinheiten. Ausgleichräume dafür mussten also in den Wohnungen vorgesehen werden. Auch im Untergeschoss bleiben die alten Gewölbedecken erhalten und prägen somit das Raumbild.


Das fünfte und sechste Obergeschoss sind den ersten vier Etagen sehr ähnlich, dennoch sind die Räume großzügiger, als in den darunter liegenden Wohneinheiten.


Die Ostfassade der Halle 11, also die zum Rhein hin orientierte Seite, erfährt in der Umplanung die größte Veränderung. Durch das Hervorspringen um ca. 2m im Vergleich zur früheren Fassade entsteht ein nutzbarer Außenraum. Dieser kommt dem Innenraum entweder im Sinne eines Balkons oder eines Wintergartens zu Gute. Um dieser „unruhigen“ Fassade von außen jedoch ein einheitliches Bild zu verleihen, wird sie mit einem Sonnen- und Sichtschutz aus horizontalen Metalllamellen versehen. Diese laufen über die Außenkanten der Balkone und vergrößern damit optisch den Wohnraum.



Beurteilung

Um beurteilen zu können, inwieweit die Halle 11 den Ansprüchen des Denkmalschutzes gerecht wird, muss man sich zunächst darüber bewusst sein, welche die erhaltenswerten Elemente des Gebäudes sind. Zu diesen zählt in erster Linie die Fassade aus Tuff- und Lavabasaltstein. Diese wurde im Zuge der Umnutzung weitestgehend erhalten und an einigen notwendigen Stellen ausgebessert. Auch die zusätzlich entstandenen Öffnungen, die die Wohnnutzung benötigte, wurden flächenbündig in die Natursteinfassade eingearbeitet. Positiv hervorzuheben in der Umsetzung der Außengestalt ist das Wiederaufbauen der Zinnen, was in einer aufwendigen Konstruktion erfolgte, wie auch der Versuch das massive Erscheinungsbild der Halle in der Nord-, Süd- und Westfassade beizubehalten.


Die größten Veränderungen wurden an der durch den Krieg stark zerstörten Nordfassade vorgenommen. Der nördliche Teil der Ostfassade hingegen war ebenfalls aufgrund der Kriegsschäden zugemauert worden und hatte in seinem Erscheinungsbild nichts mit der ursprünglichen Natursteinfassade zu tun. Außerdem forderten die Wohn- und Büronutzung einen gewissen Anteil an verglaster Fläche. Das Erscheinungsbild der Halle 11 vom Rhein her ist somit stark verändert, der Bruch zwischen Alt und Neu evident. Auch das Hervorspringen der neuen Ostfassade um zwei Meter unterstreicht umso mehr diese Abhebung der beiden Elemente. Noch fragwürdiger als die komplette Aufglasung der Ostfassade scheint die Erweiterung des Gebäudes um zwei volle Etagen. Diese springen zwar von der Gebäudeflucht der Natursteinfassaden zurück; dennoch beeinflussen sie das Erscheinungsbild der Halle von allen vier Seiten. Eine geringere Erweiterung in der Höhe wäre dem massiven Gebäudecharakter zu Gute gekommen.


Im Gebäudeinneren sind noch viele ursprüngliche Eindrücke der ehemaligen Zollhalle zu erkennen. Dies ist vor allem im Erdgeschoss der Fall, wo das Kreuzrippengewölbe lediglich gereinigt wurde und ansonsten bis jetzt keine weiteren Eingriffe stattfanden. Von Bedeutung ist jedoch die weitere Entwicklung des Erdgeschosses in Abhängigkeit von den Mietern. Sollte ein Mieter das gesamte Erdgeschoss als Showroom nutzen, kann die Großzügigkeit der Halle erlebbar bleiben, da bereits Räumlichkeiten für Versorgungsräume vorgesehen sind, die die Halleneinheit nicht stören. Wenn das Erdgeschoss jedoch an drei Mieter übergeben wird, muss viel Platz für Versorgungsräume eingeplant werden. Dies würde den Charakter der Halle wesentlich beeinflussen.


In den oberen Geschossen wird der Grundriss aufgrund der Wohnnutzung sehr kleinteilig. Hervorzuheben ist die Tatsache, dass das ursprüngliche Stützenraster beibehalten wurde, auch wenn die Stahlstützen durch Stahlbetonstützen ersetzt wurden. Beim Durchqueren der Wohneinheiten fällt dennoch auf, dass sich die Grundrisse nicht immer nach dem strengen Stützraster richten können, und somit einige „ungeklärte“ Stellen entstehen, in denen die Stütze zum Beispiel mitten im Schlafraum steht. Eine geeignete Möblierung ist in diesem Fall wohl ausgeschlossen.


(Gekürzte und bearbeitete Fassung einer Semesterarbeit im Lehrgebiet Denkmalpflege RWTH Aachen vom SS 2008.)