Gaswerk Köln in Ehrenfeld
Köln, Widdersdorfer Straße 190
Walter Buschmann
Das Gaswerk der Stadt Köln in Ehrenfeld



cromford
Erstes Ofenhaus mit darauf zuführendem Gleis für die von einer Dampflokomotive gezogenen, mit Kohle beladenen Eisenbahnwaggons.
Eine der wichtigsten industriellen Ansiedlungen im Kölner Nordwesten war das 1875–76 erbaute Gaswerk der Stadt Köln an der Widdersdorfer Straße. Es entstand nach einem Konzept des städtischen Gaswerkdirektors August Hegener. Gegenüber ihren drei Vorläufern in Köln (Buschgasse) und Ehrenfeld (Subbelrather Straße) hatte die als mustergültig geltende Anlage den Vorteil, dass sie über einen Bahnanschluss direkt mit Steinkohle beliefert werden konnte. „Stadtgas“ aus Ehrenfeld wurde vor allem für Straßenlaternen sowie Gasherde und Gasleuchten in Wohnungen gebraucht.

cromford
Retorten im Ofenhaus. Durch die geöffneten Rundtüren wurde die Kohle per Handarbeit in die Retorten geschaufelt.
cromford
Neues Ofenhaus für die Dessauer Öfen mit den darauf zuführenden Bahngleisen.
Kernstück des Gaswerks war das Ofenhaus mit langen Batterien von Retortenöfen, in denen die Kohle im Schwelbrand ihre flüchtigen Bestandteile – das Gas – abgab. In 120 Retortenöfen wurde täglich 120-150000 m³ Gas erzeugt. Jede Retorte wurde innerhalb von 24 Stunden fünfmal mit je 150 kg Kohle beschickt. Die Kohle kam mit Eisenbahnwaggons über ein Viadukt von der am Gelände vorbeiführenden Kön-Aachener Eisenbahnlinie. Die Schienen verliefen durch die Längsachse der Kohlenhalle, die als Mittelteil der Retortenhäuser ausgebildet war. In Schwerstarbeit wurde die Kohle mit Muskelkraft von den Haufen in der Kohlenhalle in die Retorten geschaufelt. In einem Geschäftsbericht der Gas-, (Elektrizitäts-) und Wasserwerke der Stadt Köln von 1898 heißt es: "Die Arbeiterverhältnisse stellen sich namentlich bei den Ofenarbeitern immer schwieriger und ist es kaum noch möglich, trotz erhöhter Löhne und Einräumung von sonstigen Vergünstigungen den erforderlichen Nachwuchs an Ofenarbeitern zu bekommen. Aus diesem Grund wird die Einführung des mechanischen Betriebes für die Beschickung und Entladung der Retorten, sowie für den Transport der Kohlen und Koksmengen ein dringendes Bedürfnis." Auch die Gewerbeinspektion verlangte die Beseitigung der schweren Handarbeit, die zu Unfällen und Muskelzerrungen im Rücken durch das Heben der schweren Lademulden hervorgehoben wurden. Im Gaswerk waren 1900 ca. 1000 Arbeiter beschäftigt. 1905-07 entstand ein neues Ofenhaus mit Dessauer Schrägöfen und mechanisierten Arbeitsabläufen.

cromford
Verwaltung und Einfahrt in die ehemalige Werksstraße.
cromford
Doppelvilla an der Widdersdorfer Straße.
Zu den erhaltenen Gebäude entlang der rechtwinklig von der Widdersdorfer Straße abzweigenden Werksstraße gehört die Kondensation, die Gasreinigung und direkt an der Straße das Verwaltungsgebäude mit symbolträchtigem Bauschmuck. Die Gebäude werden gewerblich genutzt. Ein noch genutzter Kugelgasbehälter am Maarweg ist der deutlichste Hinweis auf die ehemalige Funktion des Geländes.

Zum Gaswerk gehört die Gaswerkesiedlung (Vitalisstraße 330-362) und die so genannten Beamtenwohnhäuser an der Widdersdorfer Straße (192, 196/196a, 206/208). Sie waren räumlich eng dem Werk zugeordnet, weil man vom Führungspersonal in Störungsfällen sofortige Anwesenheit erwartete. Zugleich symbolisiert man hier allerdings auch eine hierarchische Ordnung: neben dem Verwaltungsgebäude das Haus des Betriebsinspektors (Nr. 192), gefolgt von einem Doppelhaus für den Betriebsingenieur und den ersten Chemiker, dann erneut ein Doppelhaus für die beiden Gaswerksobermeister.

Im Verwaltungsgebäude mit dem schönen figürlichen Bauschmuck gab es auch eine Wohnung für den Betriebsassistenten und Obermaschinenmeister.