Vera Pannes: Die Auermühle in Bonn-Graurheindorf. Semesterarbeit am Lehrgebiet Denkmalpflege RWTH Aachen, WS 2000/01(für das Internet bearbeitete und gekürzte Fassung)
Vera Pannes: Die Auermühle in Bonn-Graurheindorf. Semesterarbeit am Lehrgebiet Denkmalpflege RWTH Aachen, WS 2000/01(für das Internet bearbeitete und gekürzte Fassung)
Durch die vollständig erhaltenen Anlagen wird die Auermühle zu einem bedeutenden Zeugnis für die Entwicklung der Arbeits- und Produktionsbedingungen. Die Silo- und Mühlenanlage war eine der ersten und größten Industriebetriebe, die sich auf der 1924 angelegten neuen Bonner Handelswerft ansiedelten. 1994 wurde die Anlage unter Denkmalschutz gestellt.
In den Jahren 1996/97 wurde das Gebäude im Auftrag der Bauherren Asbeck & Asbeck Gbr. Bonn durch den Architekten Heribert Wiesemann/Köln umgebaut für Büros, Schulungsräume und ein Call-Center. Der neue Nutzer ist die Bank24. Das Silogebäude ist ein geputzter Stahlbetonbau aus 4x4 selbsttragenden Siloröhren und geschlossenen Fassaden mit Lisenen in den Achsen der Silowandungen. Das Dach ist mehrmals abgestuft und kann dem Spätexpressionismus zugeordnet werden.
Der 1-geschossige kleine Anbau des Flachbodenspeichers wurde abgerissen ebenso wie der Schornstein und das alte Treppenhaus des Silos. Der Architekt wollte so dem Gebäude seine ursprüngliche kubische Gesamtwirkung zurückgeben. Man sieht in alten Plänen, dass das Treppenhaus in einer etwas kleineren Form zum ursprünglichen Bestand gehörte. Es wurde ein neues Treppenhaus errichtet, welches besonders in der Bauphase als horizontale Aussteifung des Kerngebäudes diente. Im Inneren des Gebäudes brach man zuerst die Trichter am unteren Teil der Silos ab, um in den Siloschächten Arbeitsgerüste aufzubauen. Die Empore wurde durch Stützkonstruktion abgefangen. Durch seitliche Kernbohrungen erhielt man Öffnungen zum Einbringen der Verbundträger für die Deckenkonstruktion. Erst danach konnte mit dem Abriss der Silowandungen begonnen werden. Anschließend wurden Verbundbleche montiert und die Verbunddecken der neuen Ebenen eingebracht. Abschließend wurden die Fensteröffnungen in die Betonwände eingeschnitten.
Die Wandungen eines der zentralen Silokerne blieben erhalten und beinhalten nun in den Obergeschossen den Sanitärkern. Der Schriftzug der Fassade zur Rheinseite diente als Reklamewand und eine Farbanalyse ergab, dass sie mehrmals überstrichen wurde. In der Kriegsfassung wurde eine Risse simulierende Farbe verwendet. Die Fassade erhielt jedoch wie die anderen Seiten eine weiße Farbgebung. Aus Sicht des Denkmalschutzes wäre es sicher, wie auch aus optischen Gründen besser gewesen, man hätte die Schrift in Erinnerung an den alten Nutzer so belassen.
Das Bürogebäude wird über das externe Treppenhaus und den Lift erschlossen. Der Treppenturm wurde abgerückt vom Gebäude und durch eine Fuge und die verglaste Südseite gelangt Licht ins Innere. Im Dachgeschoß und im, Flachbau befinden sich Wendeltreppen zur vertikalen Erschließung. Der Haupteingang liegt an der Hofseite, Stufen führen auf die ehemalige Laderampe. Der Architekt hat einen Windfang in den Flachbau hineingeschoben und ein darüberliegender Steg dient unter anderem als Wetterschutz. Der Steg aus Glas und Stahl verbindet Silo 1 und die ehemalige Mühle miteinander in Anlehnung an die früheren Laufbänder der Anlage. Früher bewegten sich dort die Waren und heute die neuen Nutzer.
Die Eingangshalle ist 9,40m hoch und erstreckt sich über zwei Geschosse. Die Erschließung zum oberen Saal des Call-Centers ist als Empore im hinteren Teil der Halle ausgebildet. Ein weiß gestrichenes Stützenskelett steht frei im Raum.
Im Erdgeschoß des Silos befindet sich das Foyer der beiden Gebäudeteile. In den Obergeschossen sind die Büro- und Schulungsräume angesiedelt. Die Eingangshalle verbindet beide Baukörper miteinander und der ehemalige Flachbodenspeicher ist heute das Call-Center der Bank24. Die Belichtung des Silogebäudes ist durch die großen Fensteröffnungen ausreichend gewährleistet. Lediglich in der Mitte des Flachbaus ist Kunstlicht erforderlich.
Das Stützenraster des Gebäudes ist aus der Röhrenstruktur des Turmes durch das Entfernen der Silowände entstanden. Die Stützenabstände entsprechen dem Konstruktionsraster, eine Stützenreihe wurde jedoch für eine bessere Nutzbarkeit des Raumes ausgespart. Das Konstruktionsraster steht ebenfalls in den Achsen der Lisenen. Das Raster wurde auch im Flachbau aufgenommen.
Die Fassaden erhielten regelmäßige und kantenbündig zwischen den Lisenen geschnittene Fensteröffnungen. Die Tiefe der Laibungslage gibt den Lisenen die Plastizität von Pfeilern. Beim Dach und Flachbau erhielt man weitgehend die bestehenden Öffnungen. Das gesamte Bauwerk wurde mit einem ungefärbten abgeriebenen Zementputz versehen. Die bestehenden Schiebetore vor den großen Ladeöffnungen im Erdgeschoss des Flachbaus blieben erhalten und haben wieder ihre ursprüngliche Farbe (rotbraun). Sie können vor die verglasten Öffnungen geschoben werden. Auf der Rheinseite wurde an der oberen Wandfläche des Anbaus eine Zinkblechschuppenverkleidung montiert.
Auf dem Dach des Call-Centers sind die Klimageräte für das Gebäude angeordnet. Die Dachform des Silos wurde nicht verändert und auch die alten Fenster wurden erhalten. Eine zweite Fensterschicht wurde eingebracht, jedoch zum Bedauern des Architekten in weißer Farbe, so dass sie von außen sichtbar werden.
1998 wurde auch dieses Silogebäude im Auftrag von Asbeck & Asbeck durch das Büro Wiesemann für die Bank24 zu einem Bürogebäude umgebaut.
Das bestehende Treppenhaus wurde abgerissen und durch zwei neue ersetzt, eine ovale Betonfertigteilspindeltreppe und ein Sichtbetontreppenhaus. Bis auf zwei Silos wurden alle abgerissen. Die erhaltenen Silos beherbergen die Spindeltreppe und Besprechungsräume. Die Siloschächte sind selbsttragend und nach deren Wegfall wurde innerhalb der vier Außenwände ein eigenes Konstruktionssystem, bestehend aus Betondecken und Betonfertigteilstützen, eingefügt. Die Betonfertigteilstützen erhalten durch eingefärbten Sichtbeton eine, sich vom Bestand deutlich abgrenzende Oberfläche. Die Bürotrennwände sind nicht tragend.
Die vertikale Erschließung erfolgt über die beiden neuen Treppenhäuser und den neu erstellten Lift. Die Empore im Dachgeschoß und die Kellerräume werden durch separate Treppen erschlossen. Der Haupteingang befindet sich unter einem erhalten gebliebenen Trichter. Die anderen beiden Nebeneingänge führen direkt in die beiden Haupttreppenhäuser. Im Erdgeschoß bilden die 3 Eingänge und die Eingangshalle das horizontale Erschließungselement und im 1. bis 4. Obergeschoß ist es der lange Flur in der Mittelachse des Gebäudes.
m Erdgeschoß befinden sich die Eingangshalle und Büros. Zur Rheinseite gibt es einen Pausenraum mit eingestelltem Küchenblock. Über den Pausenraum gelangt man auf die Laderampe, und die großen, verglasten ehemaligen Ladeöffnungen sorgen für ausreichende Belichtung. Auch in den anderen Geschossen, außer dem obersten Dachgeschoß, gibt es hauptsächlich Büronutzung. Im Dachgeschoß ist der Technikraum untergebracht. Die Belichtung der Büros ist durch die ausreichende Zahl der Fensteröffnungen gewährleistet.
Die alten Klinkerausfachungen wurden abgesäuert und Wasser gestrahlt. Die Stahlbetonkonstruktion musste von außen verputzt werden, da im Laufe der Jahre einige Abplatzungen stattgefunden hatten.
Über den West- und Ost-Eingängen gibt es jeweils ein geschlossenes Feld, dadurch werden die Eingänge betont. An der Ostseite gewährleisten Lamellen-Stores den nötigen Sonnenschutz. Nur bei der Nordfassade bleibt der geschlossene Charakter der alten Fassade erhalten. Die unregelmäßigen Fensteröffnungen geben der Fassade ein ungerichtetes Gesamtbild.
Die Uhr an der Ostfassade wurde restauriert und versetzt. Damals saß sie fast mittig auf der Fassade und heute hängt sie über dem Haupteingang.
Nach Abriss der Silos wurde das Konstruktionssystem durch Betondecken und Betonfertigteilstützen ergänzt. Das Stützen Raster ist um ein halbes Feld vom Außenraster versetzt. Im neuen Stützenraster wurden die neuen Bürotrennwände eingefügt, in ähnlichen Abmessungen wie die Trennwände der einzelnen Silos. Das Raster wird an den bestehenden Silotrichtern gebrochen. Das Stützsystem wird durch die erhaltenen Silos, dem Sichtbetontreppenhaus und dem Aufzugsschacht ausgesteift. Die Empore unter dem Dach blieb erhalten.
Das Dach erhielt eine Eindeckung mit neuen Tonziegeln (wie Bestand). Die Dachkonstruktion ist wie bei vielen Speichern dieser Art aus Stahlbeton und wurde erhalten. Die Konstruktion wird jedoch von der abgehängten Decke überdeckt.
Bestandbauteile und Neubauteile sind durch Trenn- und Schattenfugen räumlich ablesbar zu unterscheiden. Es wird ein unabhängig eingestelltes Konstruktionssystem verwendet, ein Haus im Haus. 50 cm Glasstreifen trennen die Bürowände von der bestehenden Struktur. Der Architekt nutzte die originalen Baustoffe. Neubauteile werden durch Oberflächenveredelung (Anstriche, Putz, Bekleidung) vom Bestand unterschieden.
Dem Argument für den Abbruch des bestehenden Treppenhauses und dem Schornstein für eine bessere ursprüngliche kubische Wirkung des Gebäudes kann man nicht zustimmen. Das Treppenhaus, 1929 ergänzt, und der Schornstein gehören zur geschichtlichen Entwicklung der Auermühle und in den Plänen von 1923 ist ein Treppenhaus mit kleineren Abmessungen eingezeichnet. Das neue Treppenhaus ist zwar etwas abgerückt vom Gebäude, es stört jedoch ebenfalls die kubische Gesamtwirkung des Gebäudes. Das neue Treppenhaus ist in seinen Abmessungen dem alten sehr ähnlich und man fragt sich, warum der Bestand nicht verwendet wurde?
Bedauerlich ist der gesamte Wegfall der Schrift an der Reklamewand. Sie hätte noch etwas von dem alten Flair bewahren können. Auch die Fassade des Flachbaus zur Rheinseite wurde durch eine Zinkblechschuppenverkleidung stark verändert und auf dem Dach stören die Klimageräte. Die alten aufgearbeiteten Schiebetore des Flachbodenspeichers erinnern noch an seine ursprüngliche Funktion.
Die Fenstereinteilung des Silogebäudes ist sehr gelungen. Die Profile sind von außen nicht sichtbar, so dass es keine störenden Rahmungen gibt. Auf den ersten Blick denkt man die Fassade wäre 1923 schon so erstellt worden. Die zweite Fensterebene im Dachgeschoß ist eine gute Maßnahme zum Erhalt der bestehenden Fenster. Bedauerlich ist das bereits erwähnte Durchscheinen der innenliegenden Fenster.
Die Idee, die ehemalige Laderampe für den neuen Eingang zu nutzen, halte ich für eine gute Lösung. Wenn man die Entwurfsidee für den neuen Steg genau nehmen würde, müsste die Verbindung zwischen den beiden Silogebäuden hergestellt werden, wie es der Verlauf des alten Laufbandes zeigt. Da jedoch im Raumprogramm eine Verbindung zwischen Silo 1 und der ehemaligen Mühle gefordert wurde, wurde der Steg zwischen diese beiden Gebäude gespannt.
Bei diesem Umbau hat man immerhin zwei Silos erhalten und den Eingang unter einen bestehenden Trichter platziert. Die Empore und die Dachgauben blieben ebenfalls vom Abriss verschont.
Eine schöne Entwurfsidee ist die Lage des Pausenraums und die Möglichkeit von dort aus die auch weiterhin zur Anlieferung benutze Laderampe zu betreten. In den Innenräumen stört die abgehängte Decke erheblich, da die Konstruktionen so verdeckt werden. Da die Räume aber den Ansprüchen der Bank24 genügen müssen, muss man damit wohl leben.
Der Umgang mit dem Dach ist akzeptabel, da zur Dacheindeckung wieder Tonziegel mit einer, dem Bestand gleichen, Farbgebung verwendet wurden. Die Dachfenster wurden flächig mit der Dachneigung eingebaut, so dass sie nicht aus der Dachfläche herausragen.
Sehr negativ ist die Fassadengestaltung. Warum diese ungerichtete Fassade? Die ehemals imposante, geschlossene und ruhige Fassade wird völlig verändert. Nur die Nordfassade zeigt noch den damaligen Charakter. Das Umhängen der Uhr zeigt ebenfalls den unsensiblen Umgang mit der alten Fassade. Immerhin wurden die Ladeöffnungen erhalten, die jedoch durch zusätzliche Öffnungen ergänzt wurden.
Positiv zu bewerten ist noch die Verwendung originaler Baustoffe, verbunden mit der Absicht die alten mit den neuen Klinkern zu mischen.
• G. Stoffels, B. v. Rheenen, Umbau einer denkmalgeschützten Siloanlage als Ausgangspunkt für eine städtebauliche Neuordnung - eine Analyse, Bonn 07/1999
• "Solarsilo wird eine Etage niedriger", General-Anzeiger vom 25.01.2001