Der Mülheimer Hafen Obwohl direkt am Rhein gelegen, beginnt die in baulichen Zeugnissen darstellbare Geschichte des Mülheimer Hafens erst im 18. Jahrhundert mit der Ausweisung protestantischer Kaufleute aus Köln, deren Ansiedlung in Mülheim 1714 und dem Bau eines Rheinkrans mit großem Stapelhaus durch Heinrich von Außem
Erst ein Jahrhunderts später wurden 1869 durch den Wasserbauinspektor Michaelis Pläne für einen Ausbau des ganzen Mülheimer Rheinufers von der Wallstraße im Süden bis zum Hees’schen Kran entworfen. Die Ausführung der Pläne verhinderte der Deutsch-Französischen Krieg. 1874 wurden die Pläne in veränderter Form wieder aufgenommen. Innerhalb von vier Jahren entstand nun eine neue Uferlinie an der dominant am Ufer gelegenen katholischen Kirche St. Clemens vorbei etwa zwischen der Salzstraße im Norden, bis zur Wallstraße.
Nach Plänen von Wasserbauinspektor Demnitz wurde der Südhafen 1884-87 zwischen Brückenstraße(heute Köln-Mülheimer Brücke) und Wallstraße einheitlich ausgebaut und mit fahrbaren Dampfkränen ausgestattet. Höhepunkt dieser Phase im Ausbau der Mülheimer Ufer war die Errichtung der aus Mainz erworbenen Schiffsbrücke im Jahr 1888. Es folgten der Bau des Sicherheitshafens 1892-96 und des Zollhofs 1896-98 südlich der Wallstraße. Wie schon in den 1870er Jahren wurde parallel auch der Nordhafen entwickelt und nun, nach Ankauf durch Felten&Guilleaume 1896-99 als Werkshafen mit zwei Dampfkranen, Ladevorrichtung und Lagerräumen ausgebaut.
Sehr frühzeitig gehörte zum Konzept des Südhafens auch eine Hafenbahn mit Anschluss an den Bahnhof Deutz. Diese, anfangs ab 1898 als Hafenbahn mit zahlreichen Werksanschlussgleisen ausgeführte Anlage, wurde 1900 in eine Kleinbahn mit unbeschränktem, öffentlichem Verkehr umgewandelt.
In diese Zeit hinein reichen auch die Pläne für den Ausbau Nordhafens und seine Verbindung mit dem südlichen Hafenteil.
Pläne für die Werftkleinbahn-Nord gab es seit 1898, doch der dann zwischen allen Behörden abgestimmte Entwurf wurde erst 1907 genehmigt. Das Konzept
Der erneute Ausbau des Mülheimer Ufers, gegen den Widerspruch von Anliegern an der westlichen Rheinseite, die durch eine erneute Verschiebung der Mülheimer Uferlinie eine erhöhte Hochwassergefahr für ihre Grundstücke befürchteten, fand 1912 ihren vorläufigen Abschluss durch die Inbetriebnahme der Werftbahn. Bedingt durch schwierige Eigentumsverhältnisse an den Grundstücken der ehemaligen Mülheimer Hütte wurde der neue Werkshafen von Felten&Guilleaume erst 1922-24 erbaut. Die Werftkleinbahn Nord führte nicht nur an diesem, nach den Hinterlassenschaften der Mülheimer Hütte Schlackenbergwerft genannten Werkshafen vorbei, sondern verband diesen Hafen auch mit dem Werksgelände des Carlswerks.
Die Bahnlinie wurde als Vollspurbahn „zur Beförderung von Gütern mittels Dampfkraft“ realisiert, wie es in der Genehmigung von 1911 hieß. Als Zweck der neuen Bahnanlage wurde genannt: Bedienung der in Mülheim-Nord gelegenen Industriebetriebe, die Erschließung neuen Industrielandes und die Unterhaltung einer öffentlichen Güterverladung. Angebunden werden sollte auch der neue Werkshafen von Felten & Guilleaume an der Schlackenbergwerft und am Ufer entlang an St. Clemens vorbei sollte eine mehrgleisige Verbindung zwischen den beiden Werftbahnen erfolgen. Bei Realisierung dieser Pläne wäre Mülheim vom Rhein abgeschnitten worden.
Ausgangs- und Endpunkt der Werftkleinbahn Nord war ein neuer Güterbahnhof im Mülheimer Norden. Dies war ein Übergabebahnhof. Leere Waggon wurden bereitgestellt und volle Waggons der Mülheimer Industrie dort an die Staatsbahn übergeben. Der Bahnhof wurde in dieser Funktion auch durch die Kleinbahn Mülheim-Opladen und durch das Bayerwerk Leverkusen genutzt. Von diesem Bahnhof ausgehend, führte die Bahntrasse in einem S-förmigen Verlauf über die Düsseldorfer Straße hinweg, überquerte den Faulbach, verlief dann in Parallellage zum Rhein, schwenkte nach Osten und erreicht nach erneuter Querung der Düsseldorfer Straße das Gelände des Walzwerks Böcking & Co. Von dort aus führte die Trasse weiter ins Carlswerk von Felten & Guilleaume. Neben diesen Werken waren außerdem an die Werftkleinbahn-Nord angeschlossen: Farbenfabriken August Lüttgen, die Dampfkessel- und Maschinenfabrik Th. Lammine, die Fabrik für Eisenkonstruktion Walter Cramer, das Unternehmen für Hoch- und Tiefbau Heinrich Stöcker sowie das Dampfsäge- und Hobelwerk Hertz und Schmitz vorm. Heinr. Heidgen. Auf den Kreuzungen der Düsseldorfer Straße wurden zugleich die Gleise der Kleinbahn Mülheim-Opladen überquert mit Vorrang für die Werftkleinbahn. Da der Straßenübergang niveaugleich war, hatte bei Straßenquerung stets eine Lokomotivglocke zu läuten und ein Rangierer musste dem Zug mit Schelle und roter Fahne vorweg gehen.
Erst 10 Jahre nach Inbetriebnahme der Werftkleinbahn-Nord entstand als neuer Werkshafen für Felten & Guilleaume die
Der Weg für eine Gleisverbindung zwischen dem nördlichen und südlichen Hafen von Mülheim wäre nun frei gewesen. Diese Pläne wurden jetzt aber nicht mehr ausgeführt.
Die 1911 erbaute Halle ist ein Stahlfachwerkbau mit Satteldach. Beiden Traufseiten sind Rampen, den Giebelseiten niedrigere Vorbauten vorgelagert. Die Halle ließ sich zu den Rampen durch große doppelflüglige Rolltore aus Holz öffnen, von denen eins erhalten ist. Davon unabhängig ist die Halle durch eine Tür im südlichen Vorbau mit vorgelagerter Treppe zugänglich. Die Halle wird belichtet durch vergitterte Rechteckfenster und ein Fensterband mit kleinteiligem Metallsprossenfenster in der östlichen Trauffassade. Die
Die öffentliche Güterverladehalle war in dieser Funktion bis in die 1920er Jahre in Betrieb. Seit spätestens 1923 wurde die Halle an verschiede Firmen vermietet, u. a. an Fa. Nettelbeck & Co.(Pappen, Rollenpapiere, Fahrschein-Druckerei), an die Deutsch-Amerikanische-Petroleum-Gesellschaft zur Lagerung von Mineralöl in Fässern, an die Fa. Friedrich Wilhelm Weidlich(Textilaltrohstoffe) und zuletzt an den Baustoff-Großhandel H. Reimann(aufgemalte Inschrift an der östlichen Traufseite).
Die Güterverladehalle am Faulbach ist das letzte bauliche Zeugnis der Werftkleinbahn Mülheim-Nord. Es ist ein Relikt der industriebezogenen Infrastrukturmaßnahmen im Mülheimer Norden und zeugt von den Entwicklungs- und Neuordnungsmaßnahmen der öffentlichen Hand in diesem Bereich. Zudem ist die Halle Teil der Industriegeschichte des Mülheimer Nordens und verweist auf die Erschließungsmaßnahmen für mehrere Betriebe in dem Sektor zwischen Düsseldorfer Str./Clevischer Ring und dem Rhein. Die Güterverladehalle ist neben der Schlackenbergwerft und den Gebäuden des Bauunternehmens Gebr. Meyer eines der letzten weitgehend unverfälscht überlieferten Bauten der Mülheimer Hafengeschichte und ist insofern für die lokale Verkehrsgeschichte von Bedeutung.
SSM Halle am Faulbach
Bendel, Johann: Der Landkreis Mülheim am Rhein. Beschreibung, Geschichte, Sagen und Erzählungen, Köln-Mülheim, 1911 ; 2. und 3. Auflage 1925
Bendel, Johann: Die Stadt Mülheim am Rhein, Mülheim 1913
Jutzi, W.: 50 Jahre Carlswerk 1874-1924, Köln o. J.
Führer durch die Industrie- und die Hafenanlagen in Mülheim a. Rhein
Duisburg-Ruhrort Rheinische Verl. Ges. 1909 80 S. + Hafenplan
Hermanns, Heinz: Die Handelskammer für den Kreis Mülheim am Rhein(1871-1914) und die Wirtschaft des Köln-Mülheimer Raumes (=Schriften zur Rheinisch-Westfälischen Wirtschaftsgeschichte hg. Rheinisch-Westfälisches Wirtschaftsarchiv Köln Bd. 21), Köln 1969
Lehrke, Johannes: Historische Kartensammlung von Mülheim a. Rhein, Mülheim 1895
Historisches Archiv der Stadt Köln
Bestand 760
148 Ausbau des Cöln-Mülheimer Rheinufers und Ausbau des Stammheimer Ufers, 1914-1941
Bestand 791
212 Anschluß der Werftkleinbahn Mülheim-Nord an den Reichsbahnhof Mülheim, 1917-1926
216 Privatanschlüsse an die Hafenbahn Köln-Mülheim-Nord, 1916-1925
Bestand 792
517 Güterschuppen und Lagerplatz der Werftkleinbahn Nord, 1926-1937
505 Lageplan der Mülheimer Hafen- und Werftanlagen; vollständiger Verlauf des Ufers; um 1912 mit Nachträgen(Schlackenbergwerft in rot = 1921?)
Bestand 793
14 Werftkleinbahn Mülheim-Nord, 1922-40
Bestand 870
9 Verlängerung des Werftes stromabwärts, 1898-1908
Bestand 871
74 Bau der Nordbahn. Tarif, 1911-1916
99 Werftanschlußbahn. Umwandlung dieser in eine Kleinbahn. 1907-1920