Schwarze Bahn
in Köln und Hürth
Kurztext
Braunkohle aus dem um 1900 sprunghaft wachsenden Braunkohleberbau bei Hürth, wurde seit 1901 mit Schmalspurbahnen nach Köln-Sülz transportiert. Schwarze Bahn
und Köln-Frechen-Benzelrather-Eisenbahn waren die wichtigen Zufuhrlinien der Braunkohle. Jahrzehntelang prägte der Dampflokbetrieb in Sülz und Klettenberg das
Stadtbild im Kölner Westen. In dunkelgrünen Personenwaggons wurden Arbeiter zu ihren Arbeitsplätzen nach Hürth und zurück transportiert. Große Bedeutung hatte
die Schwarze Bahn für den Güterverkehr und besonders für den Kohletransport. Der Personenverkehr wurde 1960, der Güterverkehr 1968 eingestellt. (Walter Buschmann)
Walter Buschmann
Schwarze Bahn in Köln und Hürth
Braunkohle aus dem um 1900 sprunghaft wachsenden Braunkohleberbau bei Hürth, wurde seit 1901 im Rollbockbetrieb zum Bahnhof Köln-Sülz transportiert. Der
Rollbock ist ein meist zweiachsiges, schmalspuriges Gestell, mit dem normalspurige Güterwagen auf Schmalspurgleisen transportiert werden konnten. Sülz und
Klettenberg war ein Einfallstor nach Köln für die Braunkohle aus dem Rheinischen Revier. Die zweite wichtige Verbindung war die Köln-Frechen-Benzelrather-
Eisenbahn, über die noch heute durch Stadtwald und über die Aachener Straße Braunkohletransporte zum Niehler Hafen erfolgen. Die Strecke wurde wegen ihrer
industriegeschichtlichen Bedeutung als Liniendenkmal in die Denkmalliste eingetragen.
Lageplan Schwarze Bahn, Querbahn, Rheinuferbahn
Nach Plänen aus der Zeit vor 1914 wurde im Ersten Weltkrieg die als kriegswichtig eingestufte Industrie in Hürth-Knapsack 1917 – 18 durch eine Normalspurstrecke
mit Hermülheim verbunden. Hermülheim bot über die Querbahn zwischen Brühl und Wesseling eine Verbindung zum dortigen Braunkohlehafen: dem Rheinwerft Wesseling.
Zwei Jahre später war 1920 auch die normalspurige Verbindung von Hermülheim zum Bahnhof Köln-Sülz hergestellt. Es dauerte noch einmal fünf Jahre, bis 1925 durch
ein Verbindungsgleis in Hermülheim die ganze Strecke der Schwarzen Bahn von Berrenrath bis Köln-Sülz durchgängig mit Normalgleisen befahrbar war. Seither
konnten außer Güter auch Personen von Sülz zu den Industriebetrieben in Knapsack gelangen. Nachdem der Personenverkehr schon 1960 eingestellt worden war, wurde
1968 auch der Güterverkehr aufgegeben.
Bau und Betrieb der Industriebahnen im Westen Kölns erfolgte die Cöln-Bonner-Kreisbahn, seit 1918 Köln-Bonner-Eisenbahn-Aktiengesellschaft.
Nachfolgegesellschaft ist die Häfen und Güterverkehr Köln. Die meisten Gleise der „Schwarzen Bahn“ sind inzwischen abgebaut. Nur ein kleiner Teil der Strecke
bei Knapsack kann noch befahren werden.
Der Blick nach Süden mit dem Gebäude der Bahnmeisterei entlang der Rhöndorfer Straße
Die 6,3 km lange Strecke verlief vom Bahnhof „Köln-Sülz“ entlang der Rhöndorfer Straße und hatte am Militärring Anschluss an die Strecke der Vorgebirgsbahn in
Richtung Hürth.
Jahrzehntelang prägte der Dampflokbetrieb in Sülz und Klettenberg auch das Kölner Stadtbild. In dunkelgrünen Personenwaggons wurden Arbeiter zu ihren
Arbeitsplätzen nach Hürth und zurück transportiert. Große Bedeutung hatte die Schwarze Bahn für den Güterverkehr. Am Bahnhof Sülz gab es 1949 vier Ladestraßen
und 32 Gleisanschlüsse für die nahegelegenen Industriebetriebe. Besonders geprägt war der „Kohlenbahnhof“ aber durch Lagerplätze für Rohbraunkohle und
Braunkohlebriketts mit Riesenkohlehalden vor dem Zweiten Weltkrieg.
Woher genau die Bezeichnung „Schwarze Bahn“ stammt ist ungewiss. Möglicherweise gab das Haupttransportgut, die Braunkohle, der Bahn ihren Namen. Ebenso möglich
war aber auch namensgebend die Rußentwicklung aus dem Dampflokbetrieb. Zwar war im Vertragsabschluss mit der Stadt Köln die Verwendung einer „rauchverzehrenden
Feuerung“ nach dem „neuesten Stand der Technik“ zugesichert – ganz vermeiden konnte man aber die Rußwolken natürlich nicht.
Der letzte Güterzug rollte am 18. Juni 1974 auf der Strecke längs der Rhöndorfer Straße. Der KBE-Bahnhof „Köln-Sülz“ wurde feierlich mit einem Kölsch-Umtrunk
unter Beisein von Oberbürgermeister Van Nes Ziegler geschlossen. Auf seinem Gelände entwickelte die Gesellschaft „Moderne Stadt“ das Viertel mit Justizzentrum,
Arbeitsamt und Wohnen.
Klettenberg-Rangierbahnhof
Kreuzung Schwarzen Bahn – Klettenberggürtel. Die Kreuzung ist mit Blicklichtern und Geländern gesichert. Foto: Hans Mirgler
1956
Die vollspurige Neubaustrecke Kendenich – Köln-Sülz wurde für die „Schwarze Bahn“ 1920 mit den Bahnhöfen Kendenich, Efferen, Klettenberg-Rangierbahnhof und Sülz
ausgestattet. Eine schlichte, mit Asphalt befestigte Fläche auf einem erhöht ausgebildeten Bahnsteig ermöglichte den Fahrgästen Ein- und Ausstieg am Haltepunkt
Gottesweg. Die Gleise waren am Gottesweg und Klettenbergürtel vor spontanem Überqueren durch einfache Geländer unter Verwendung von zerteilten Eisenbahnschienen
für die Geländerpfosten gesperrt und die anschließende Straßenkreuzung durch Warnbarken und Lichtsignale anstelle von Schranken gesichert.
Ein Blick aus der Unterführung auf den Klettenberggürtel
Prägend für Geschichte und Erscheinungsbild der „Schwarzen Bahn“ im Kölner Westen ist der Rangierbahnhof Köln-Klettenberg. Planungen für diesen Rangierbahnhof,
damals noch mit Gleistrassen auf Straßenniveau gab es seit 1898. Großstädtischen Standards in Europa folgend waren dann aber seit 1901 statt der vier
Planübergänge Wegeunterführungen vorgesehen. Drei dieser Unterführungen wurden nach Entwürfen des Bauinspektors bei der Königlichen Eisenbahndirektion Köln
Friedrich Mettegang 1902 – 03 in Stampfbeton ausgeführt. Mettegang war einer der wichtigen Eisenbahnarchitekten jener Zeit. Nach seinen Plänen entstanden der
Hauptbahnhof Aachen 1903 – 05 und seit 1906 die Bahnhöfe Köln-Mülheim, Köln-Kalk, Bad Godesberg und die Bahnhöfe der Rheinuferbahn. Sein Hauptwerk dürfte neben
dem Hauptbahnhof Aachen der 1915 eingeweihte Bahnhof Oldenburg sein als architekturgeschichtlich wichtiger Beitrag zum Übergang vom Historismus in die Moderne.
Bahnunterführungen Klettenberggürtel. Entwurf: Eisenbahnarchitekt Friedrich Mettegang. Ausführung: 1902 – 03
Wohn- und Bürohaus des Rangierbahnhofs Klettenberg. Foto: Hans Mirgler 1956
In diesem Kontext sind auch die 1902 | 03 entstandenen Bahnunterführungen in Klettenberg und Sülz zu sehen. Mettegang realisierte Jugendstilformen in
zukunftsweisender Betonarchitektur. Die Gewölbekonstruktion der Unterführungen wie auch Eingangsbauten wurden in sichtbar belassenem Schüttbeton gestaltet.
Mettegang verzichtete auf die damals noch übliche Vortäuschung von Quadermauerwerk. Seine Architektur lebt durch die neuartige Oberfläche. Der Sichtbeton mit
Stirnflächen aus einer besonders groben Kiesmischung wurde mit dem Erhärten mit dem Zweispitz wie Natursteinmauerwerk bearbeitet und anschließend mit
verdünnter Salzsäure abgewaschen. Mettegangs visionäre Architektur ist erst mit der klassischen Moderne und besonders mit der béton brut - Architektur der
Nachkriegszeit (vgl. auch die Kirchenbauten und das Rathaus Bensberg von Gottfried Böhm) populär geworden. Die Stirnansicht der Unterführung zum
Klettenberggürtel wurde nach dem Krieg in reduzierten Formen wiederhergestellt.
Der Bahnhof Kettenberg wird zudem eisenbahngeschichtlich durch das Gebäude Röhndorfer Straße 83 geprägt. Es ist ein Wohn- | Bürohaus für den Rangierbahnhof
Klettenberg, der mit seiner großflächigen Ausdehnung ca. vier Meter über Straßenniveau für den normalen Stadtbenutzer kaum direkt erfahrbar ist.