Rheinauhafen | Silo
Agrippinawerft 22




Text und Dokumente

• Walter Buschmann: Das Silo im Rheinauhafen
• Christiane Müter: Umnutzung des Silogebäudes im Kölner Rheinauhafen






Walter Buschmann
Das Silo im Rheinauhafen

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Ansicht der Stadtseite vor der Umwidmung
Das turmartige Bauwerk aus dem Jahr 1938/39 erhebt sich mit einer Höhe von 45,3m über quadratischem Grundriss (22,3m Seitenlänge). Das äußere Erscheinungsbild wird wesentlich durch das mehrfach gebrochene und mit Schiefer gedeckte Zeltdach geprägt; die Flussseite war zudem durch einen großen Schütttrichter markiert. Das ursprünglich in Ziegelmauerwerk geplante Gebäude wurde mit Rücksicht auf die Nähe zum Rhein in Beton mit einer Betonpfahlgründung errichtet.


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Ansicht der Elevatoren vor deren Ausbau
Im Silobau gelangte das Schüttgut mit den Elevatoren unter das Turmdach, wurde in kleineren Stahlblechbunkern zunächst aufgefangen und vermittels eines sternförmig zusammenlaufenden Fallrohrbündels in die 39 Silozellen geleitet. Das hohe, gut belichtete Erdgeschoß ist auch nach der Umnutzung durch die pyramidenförmigen Ausfülltrichter gekennzeichnet. Das Getreide gelangte entweder über den Schütttrichter oder mittels Redler im Kellergeschoß in das Gebäude.


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Schnitt durch die Siloanlage
Als rationelle Lagermöglichkeit von Schüttgut waren Silos in Amerika zwar schon seit etwa 1850 attraktiv; in Deutschland konnten sich Silos erst nach 1900 durchsetzten, wurden anfangs vielfach in Kombination mit Stückgutlagerhäusern mit einer Gebäudehülle umgeben und wurden erst nach einigen wenigen Vorbildern aus der Zeit vor 1914 in den 1920er Jahren zu einer Baugattung mit einer eigenen technisch und kubisch ausgeprägten Ästhetik. Nach 1933 kam den Silos in der "planmäßigen Ernährungswirtschaft des NS-Staates" eine überragende Bedeutung in Deutschland zu. Alle Häfen erlebten in diesem Zusammenhang einen regelrechten Bauboom. In der Architektur setzte der NS-Staat jedoch eine hausähnliche Bauweise mit Ziegelaußenwänden und oft auch ein Satteldach durch. Der Kölner Silobau ist insofern eine Besonderheit, die aus der Pflege des Kölner Stadtbildes und insbesondere aus der Sorge um das zum Rhein orientierte Stadtpanorama zu erklären ist. So wurde im Kölner Hochbauamt vor Ausführung ein Modell angefertigt und wegen der Nähe zum Gauhaus auch das Einverständnis des Gauleiters. Neben der Putzfassade, die sich offensichtlich an den Altbau des Lagerhauses anlehnt, ist insbesondere das mehrfach gefaltete und mit Schiefer gedeckte Zeltdach ungewöhnlich. (Walter Buschmann)


Christiane Müter
Umnutzung des Silogebäudes im Kölner Rheinauhafen

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Der alte Schütttrichter
Zur Bauzeit war das Silo ein fast fensterloser Hochbau mit in voller Höhe durchlaufenden Bündeln von Silotrichtern. Im Erdgeschoss gab es zwei doppelflügelige Tore und eine einfache Holztür zur Rheinseite. Außerdem gab es noch drei große Fenster. Über der Kranbahn gab es noch vier in einer Reihe liegende Rechteckfenster. An der rechten Gebäudeseite waren in vertikaler Achse acht übereinanderliegende rechteckige Fenster angeordnet. Hierdurch wurde das dahinter liegende Treppenhaus belichtet. Zudem war hier ein großer stählerner Schüttrichter angebracht und drei Ausstiegsbalkone, von denen der mittlere – auf Höhe des Schüttrichters – größer ausgebildet war als die anderen beiden. Auf weiteren Balkonen um die Ecke war es möglich, das benachbarte „Siebengebirge“ zu erreichen. Auf der Landseite zur Stadt hin gab es ein großes Vordach aus Beton, unter dem drei doppelflügelige Holztore und je drei dazwischenliegende Holzfenster angeordnet waren. Über dem Vordach lagen sechs annähernd quadratische Sprossenfenster. Die Fallrohre – eins auf der Rheinseite, zwei auf der Landseite – wurden in eingetiefte Wandfelder integriert.



Umnutzung / Umbau

Das Silogebäude wurde im Jahre 1952 geringfügig verändert und war bis 1996 als Getreidespeicher in Betrieb. Im Laufe der 1990er Jahre wurde das Potential der kaum genutzten Gebäude des Rheinauhafens entdeckt, und es begann die Entwicklung des neuen Rheinauhafens. Es wurde ein neuer Masterplan erstellt, der die Flächen und Gebäude des „neuen Rheinauhafens“ definieren sollte. Hierbei wurde das Silogebäude aber vernachlässigt und es lag schon eine Abrissgenehmigung vor. Die Begründung hierfür war die Struktur des Gebäudes: Das Silo war als monofunktionales Gebäude geplant und gebaut worden, und dieser Bautypus galt wirtschaftlich und auch konstruktiv als völlig ungeeignet, um ihn in einen Geschossbau für eine Büronutzung oder ähnliches umzuwandeln. Jedoch hatten Experten bei einem Abriss des Silos große Sorgen um das benachbarte „Siebengebirge“ und einer möglichen Beschädigung oder sogar eines Teileinsturzes.


Schließlich fand sich ein mutiges Investorenteam, das die Umnutzung und den Umbau des Gebäudes in die Hand nahm. Dieses Investorenteam bestand aus der Kreissparkasse Köln, der LEG Standort- und Projektentwicklung und der Düsseldorfer Development Partner AG. Ihnen gelang es zusammen mit dem Kölner Architekturbüro Kister, Scheithauer und Gross und dem Bauingenieur K.H. Breuer das Projekt in Angriff zu nehmen. Der ganze Umbau, zusammen mit dem des ECR, kostete ca. 24 Millionen Euro.


Allein die Maße des Gebäudes waren eine große Herausforderung. Dazu kamen vor allem die 28 m hohen Silotrichter, die keine vertikale Unterteilung besaßen. Diese röhrenförmige Bündelung der Silotrichter schien auf den ersten Blick nicht transformierbar.


Das Gebäude wurde regelrecht ausgehöhlt, wobei die einzelnen Siloröhren Stück für Stück von oben nach unten abgetragen und durch neue Geschossdecken ersetzt werden mussten. Auch die vorhandenen vertikalen Trichterwände der Silozellen wurden entfernt. Dies stellte für die Statiker ein großes Wagnis und eine echte Präzisionsaufgabe dar. Der Beton wurde teilweise mit Dynamit weggesprengt, teils von Hand abgetragen. Es musste sehr vorsichtig vorgegangen werden, damit die alte Stahlbeton-Skelettstruktur erhalten werden konnte.


Jedoch wurden während der Abbrucharbeiten einige Unstimmigkeiten entdeckt, denn das Silo war anders gebaut als aus Plänen und Fotos angenommen. Beispielsweise waren die Eisen in den Stahlbetonwänden nicht fachgerecht verzahnt. So musste das Abbruchkonzept häufig kurzfristig geändert werden.


Da das Gebäude nahezu komplett entkernt worden ist, musste man nicht nur neue Geschossdecken sondern auch eine neue Erschließung und Versorgung einbringen.


Die Erschließung des Gebäudes erfolgt über die Stadtseite mit separaten Eingängen für die verschiedenen Treppen. Zudem gibt es noch einen Zugang von der Rheinseite aus.


Ab dem ersten Obergeschoss gibt es dann einen zentralen Kern, in dem ein Treppenhaus und zwei Aufzüge untergebracht sind. In der gleichen Achse an der Gebäudetrennwand zum ECR und zum „Siebengebirge“ befinden sich die Versorgungsräume mit Toiletten, Teeküchen und Schächten. Aufgrund dieser Teilung der Grundrisse ist eine sehr flexible Grundrissgestaltung in den einzelnen Etagen möglich.


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Das Silo heute mit dem anschließenden "Siebengebirge"
Die Fassade sticht dem Betrachter durch ihre rote Farbe sofort ins Auge. Die rote Farbe ist auf Putz aufgetragen, der eine leicht gekörnte Wirkung bewirkt. Ansonsten wirken Putz und Farbe sehr flächig. Diese Flächigkeit wird unterbrochen durch einige Fenster. Zu diesen zählen auf der Rheinseite 22 großformatige „Bay Windows“, die zu einem großen gläsernen Feld zusammengezogen wurden. Die so genannten Bay Windows sind erkerartige Fenster mit einer integrierten Doppelfassade. Eingelassene konische Betonfertigteile fassen die Fensterstruktur mit einer Rasterstruktur ein, die eine plastische Wirkung erzeugt. Das System hängt bündig vor der Fassade und besteht aus einem zweischaligen Fenstersystem: eine VGS-Verglasung und außen zwei Schiebefenster zur natürlichen Belüftung der Büroräume. Zudem dient die äußere Verglasung als Schall- und Wärmeschutz. Gleichzeitig stellt sie einen integrierten außen liegenden Sonnenschutz dar.


Die alten Verladetore wurden zu großformatigen Öffnungen zur Rheinpromenade umgebaut. Die liegenden rechteckigen Sprossenfenster über der Kranbahn und die alten Treppenhausfenster an der rechten Gebäudekante sind erhalten geblieben. An der linken Gebäudekante hingegen ist das tiefer liegende Wandfeld zu sechs vertikal gerichteten Schlitzfenstern geworden.


Zusätzlich sticht an der Fassade zum Rheinufer noch ein ehemaliger, außen liegender Schüttrichter hervor, der nachgebildet wurde und nun als offener Stahlbalkon genutzt wird.


Die vielen rechteckigen Fenster unterstützen die Vertikalität des Turmes.


Die Stadtseite hat eine ähnliche Gliederung wie die Rheinseite. Auch hier ist die Fassade von den so genannten Bay Windows geprägt, eine Fläche aus vier Fenstern in der Horizontalen und sechs Fenstern in der Vertikalen.


Der rote Kubus wird eingerahmt von vielen einzelnen rechteckigen Fenstern. An den Gebäudekanten sind es auch auf dieser Seite vertikale Formate, an der oberen Kante vertikale, kleinere Formate und an der Unterkante über dem Vordach die sechs alten länglichen Fenster. Der Eingang ist weiterhin unter dem Rampenüberdach situiert. Es gibt einen Haupteingang für den Gastronomiebetrieb, einen Eingang rechts in ein Treppenhaus und einen Eingang links für die Büronutzung. Zudem ist ganz links noch ein Notausgang angeordnet.


Die Gauben und der Rest des „Helms“ enthalten zu den bestehenden Öffnungen einige weitere Fensteröffnungen, u.a. in Form von Dachflächenfenstern.


Der historischen Putzfassade wurde u. a. mit den Bay Windows ein neues Gewand zur klimatischen und energetischen Optimierung angepasst. Die Kühlung der Büroflächen erfolgt teils über Kühldecken, teils über Umluftkühler. Die Lüftung der Kombizonen erfolgt mittels einer bedarfsgerechten, energieoptimierten Lüftungssteuerung. Außerdem gibt es eine Vollsprinklerung des Gebäudes und eine am Rhein sehr wichtige hochwassersichere Ausführung der Technik im Untergeschoss.



Die neue Nutzung

Das Silogebäude wurde im Rahmen der Modernisierung des Rheinauhafens unter den vermarktungswirksamen Namen „Silo 23“ gesetzt. Wie so viele andere Gebäude im neuen Rheinauhafen beinhaltet das Silo23 hauptsächlich eine Büronutzung mit integrierter Gastronomienutzung im Erdgeschoss.


Im Erdgeschoss des Gebäudes, welches wegen der Hochwassergefahr ca. 1,50m oberhalb der Rheinpromenade liegt, befindet sich eine gastronomische Einrichtung. Durch die historischen Verbleibnisse der alten Silotrichter und der Stützen bekommt diese Einrichtung ihren ganz eigenen Charakter. Das Bistro nutzt die Stützenstruktur für seine eigene interne Aufteilung. Beispielsweise passen sich Trennwände für Küche und WCs, aber auch die Abmessungen der Theke an die Struktur an. Auch die Verteilung der Tische wirkt auf Stützen und Trichter abgestimmt.


In den oberen elf Etagen befinden sich Büros unterschiedlichster Firmen. Von den elf Büroetagen befinden sich acht im würfelhaften Kubus, die restlichen drei befinden sich im „Helm“. Ab dem fünften Obergeschoss werden die Innenräume über drei Seiten belichtet (West, Nord und Ost), denn ab dieser Etage überragt das Silo das „Siebengebirge“ im Norden. Ein Regelgeschoss im „Silo23“ umfasst ca. 450m² Bürofläche. Diese ist in zwei Einheiten teilbar, was eine sehr hohe Flexibilität in der Vermietung und der Grundrissgestaltung zulässt. So sind die Büroflächen nicht nur für Großmieter sondern auch für Freiberufler etc. interessant. Einziges fixes Element ist der Kern in der Gebäudemitte. Die drei „Helmetagen“ betragen zusammen ca. 400m². Im obersten Geschoss befindet sich ein Besprechungsraum. Dieser bietet einen herrlichen Rundumblick über Köln, auch von seinen zwei Dachterrassen im Westen (Südstadt) und im Osten (Rheinseite).


Das heutige Silogebäude ist eine zukunftsträchtige Kombination aus zeitgerechtem Bürostandard, dem Charme einer Loftatmosphäre, der besonderen äußeren Erscheinung und nicht zuletzt dem „Standort Rhein“.



Beurteilung / Vergleiche

Um die Umnutzung und das Gebäude heute beurteilen zu können, muss man sich aus denkmalpflegerischer Sicht zwei essentielle Fragen stellen: Wie viel historische Bausubstanz ist geblieben? Wie viel vom alten Erscheinungsbild bleibt?


Grundsätzlich ist der Erhalt des zunächst zum Abriss frei gegebenen Gebäudes als positiv einzustufen. Bei der Umnutzung und den damit verbundenen Umbaumaßnahmen war es zwar notwendig, das Gebäude komplett zu entkernen; jedoch hat man viel Wert darauf gelegt, die alte Stützenstruktur und die Getreidetrichter vor allem im öffentlichen Erdgeschoss als gestalterisches Element wieder aufzunehmen. In den oberen Geschossen wurde auch die alte Betonstruktur wieder aufgegriffen und die neuen Fenster berücksichtigen diese.


Die äußere Erscheinung des Gebäudes ist nur zum Teil so geblieben wie vorher. Einerseits wurden die rote Farbe und auch die besondere Kubatur erhalten; andererseits musste man in der städtebaulichen Wirkung Abstriche machen. Zwar fällt der Kubus immer noch sehr auf, aber durch den Anbau des „Kaps am Südkai“ im Süden ist dem Silo seine Stellung als Landmarke der Hafenanlage beeinträchtigt worden.