Postamt und Postverladung Deutz
Köln, Deutz-Mülheimer Straße 22a
Text und Dokumente

• Frank Kirschbaum: Postamt und Postverladung Deutz
• Kristina Zadrvydaite: Geschichte und Denkmalpflege Postverladung Deutz



Kurztext

Die Dreigelenkbogenhalle des Postamtes Deutz wurde zwischen 1910-14 errichtet. Die vormals 8-schiffige Halle ist als einziger Gebäudekomplex des Postamtes Deutz 1988 unter Denkmalschutz gestellt worden. Sie diente bisin die 1990er Jahre als eigentliche Post-Bahnhofshalle. Dieses Beispiel gelungener Industriearchitektur wurde 2005 vom niederländischen Architekturbüro OIII sensibel saniert und für die neue Nutzung umgebaut. Seit Januar 2006 wird die Dreigelenkbogenhalle von 24 Interieurmarken aus 7 europäischen Ländern als gemeinsamer Showroom genutzt. Hier können sich die Hersteller aus ihrer eigenen Perspektive präsentieren. Die Design Post ist sicherlich ein gutes Beispiel für die Umwidmung ehemals verkehrstechnisch genutzten Gebäudes. Der auch unter Denkmalschutz Gesichtspunkten gelungene Umbau ist ein Symbol der Veränderungen des Stadtteils Deutz in den letzten Jahrzehnten.


Frank Kirschbaum
Postamt und Postverladung in Köln-Deutz


Lageplan mit der Gesamtanlage aus Postamt, Postpaketkammer, Verladehalle, Kessel- und Maschinenhaus, Lok- und Wagenschuppen. Die Perdeställe liegen direkt an der Deutz-Mülheimer-Straße.

Das Postamt Deutz und seine Postverladestelle wurden zwischen 1910-14 errichtet. Auf dem knapp 50.000 qm großen Areal entstanden - neben dem 165m langen Hauptgebäude - Gleisanlagen, Stellwerk, Lokschuppen, Kessel- und Wirtschaftsgebäude, Pferdeställe, Dienstwohnungen - die Dreigelenkbogenhalle der heutigen Design Post.

Die damalige Bausumme für den gesamten Komplex belief sich auf ca. 2.3 Mio. Mark. Diese Investition war notwendig, um den gerade vor dem ersten Weltkrieg stark angestiegen Paketpostverkehr zu bewältigen.

Nach den bereits 1895 in Köln am Gladbacher Wall und 1907 in Hamburg eröffneten Paketpostumschlagstellen war die Deutzer Anlage erst die dritte ihrer Art in Deutschland. Das Postamt Deutz diente als Leitpostamt für den Paketverkehr mit dem benachbarten Ausland und mit Übersee. Es wurde damit zu einem der wichtigsten Schaltstellen im weltweiten Postverkehr.


Dreigelenkbogenhalle

Verladehalle. Auch nach dem Umbau sind die Dreigelenkbögen prägnant in der Straßenansicht erkennbar. Foto 2012 Constantin Meyer
Die vormals 8-schiffige Halle ist als einziger Gebäudekomplex des Postamtes Deutz 1988 unter Denkmalschutz gestellt worden. Sie diente als eigentlicher Post-Bahnhof. Die Dreigelenkbogen-Konstruktion ermöglichte es, die ebenerdigen Ladebahnsteige komplett stützenfrei zu überdachen.

Dreigelenkbogen der Postverladehalle
Bahnsteighalle Hauptbahnhof Frankfurt a. Main. Dreigelenkbögen von 1885-87.
Die Ausführung des Stahlträgerwerkes in dieser Form entsprach der Ingenieurskunst der Zeit. Das System des Dreigelenkbogens wurde 1868 durch E. Winkler theoretisch bestimmt und ließ sich so statisch berechnen. Dies ermöglichte eine materialsparsame, leichtere Konstruktion des Tragwerks. Dreigelenkbögen wurden häufig für die Bahnsteighallen der Bahnhöfe verwendet; die vermutlich älteste erhaltene ist die Bahnsteighalle des Frankfurter Hauptbahnhofes, erbaut 1885-87 nach einem Entwurf von Johann Wilhelm Schwedler.

Maschinenfabrik der Musterfabrik von Walter Gopius auf der Werkbundausstellung Köln 1913. Die Werkbundausstellung war nur einen Steinwurf entfernt von der Postverladehalle auf dem Gelände der heutigen Messe Köln.
Verkehrshalle auf der Werkbundausstellung Köln 1913.
Die Dreigelenkbögen der Bahnsteighalle des Postamtes Köln-Deutz wurden nicht als Stahl-Fachwerk ausgeführt, sondern vollwandig. Sie erhalten hier durch eine stärkere optische und räumliche Präsenz, die Konstruktion wirkt klarer, das Konstruktionsprinzip wird deutlicher. Dies entsprach den Anforderungen, die Peter Behrens oder auch Walter Gropius an die Gestaltung von Stahlkonstruktionen stellten. Die Entwicklung und ästhetische Vollendung des Vollwandträgers ist der wesentliche Beitrag der Klassischen Moderne zur Geschichte der Stahlkonstruktionen. Die Musterfabrik von Walter Gropius und die Verkehrshalle, die ebenfalls 1914 für die Werkbundausstellung auf dem heutigen Messegelände in Köln-Deutz errichtet wurden, waren richtungweisende Beispiel für diese Tendenz in den frühen Jahren des Neuen Bauens.


Technischer Fortschritt

Postverladehalle. Foto nach 1945
Die tief greifenden Veränderungen im zwanzigsten Jahrhundert haben ihre Spuren auch in der kurz vor dem Ersten Weltkrieg eröffneten Postverladestelle Köln Deutz hinterlassen. Der technische Fortschritt führte auch hier zu einer steten Weiterentwicklung. So wurden etwa 1925 die Posthalterei „verkraftet“ und die 46 Post-Pferde außer Dienst gestellt.

Trotz der Rationalisierung der Arbeitsprozesse waren noch in den 1980er Jahren 2.000 Menschen aus zwanzig Nationen im Postamt Köln Deutz beschäftigt. Die ausgeübten Berufe reichten vom Beamten und Postfacharbeiter über Heizer, Lokführer bis zum Schlosser, Schreiner oder Polsterer. Sie alle waren notwendig, um auf fast industrielle Art die Postverteilung zu bewerkstelligen.


Faschismus und Zweiter Weltkrieg

Auch die Zeit des Faschismus und die Bombardierung Kölns haben das Bahnpostamt gezeichnet. Wie an vielen Orten wurden auch hier während des Zweiten Weltkriegs Zwangsarbeiter eingesetzt. Berichtet wird von 85 italienischen, 20 französischen und einer unbekannten Anzahl russischer Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter. Darüber hinaus waren 50 niederländische Postbeamte zwangsverpflichtet.

Postamt an der Deutz-Mülheimer-Straße. Foto nach 1945
So war es möglich, dass der 19jährige niederländische Postbeamte Jan Gerrit Oskam hier 1944 seine künftige Ehefrau, die Ukrainerin Kadja Batscherow kennen lernte. Auch sie war als Zwangsarbeiterin im Postamt Köln Deutz interniert. In der Zeit des Zusammenbruchs im April 1945 flohen beide und wurden schließlich von amerikanischen Truppen befreit. Sie lebten bis zum Tod von Herrn Oskam 1988 zusammen in Rotterdam.

Noch heute sind die Folgen der massiven Bombardierungen Kölns an einigen Gebäudeteilen der Design Post zu erahnen. Nach der Bombardierung am 28.10.1944 war fast das gesamte Deutzer Postamt zerstört.


Wiederaufbau

Bereits knapp einen Monat nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches wurde der Postverkehr wieder aufgenommen. Schon Ende 1946 waren wieder 657 Mitarbeiter in dem Postamt beschäftigt.

Die Wiederaufbauarbeiten waren im Oktober 1953 abgeschlossen. Die Paketumschlagstelle war nun wieder eine der größten und modernsten der jungen Bundesrepublik. Rund um die Uhr wurden in einem Fünf-Schichtsystem bis zu 240.000 Pakete sortiert. Noch Ende der achtziger Jahre war eine Erweiterung mit einer Investitionssumme von 29 Millionen DM geplant.

Nach der Privatisierung der Deutsche Bundespost 1995 trennte sich das neu entstandene Unternehmen von der Bahn als Logistikpartner. Somit verlor die Postverladestelle Köln-Deutz ihre ökonomische Grundlage und wurde veräußert.


Design Post

Nutzung der Postverladehalle als Showroom für Möbel. Foto 2012 Constatin Meyer
Seit Januar 2006 wird die Dreigelenkbogenhalle von 24 Interieurmarken aus 6 europäischen Ländern als gemeinsamer Showroom genutzt. Hier können sich die Hersteller aus ihrer eigenen Perspektive präsentieren.

Die Design Post ist sicherlich ein gutes Beispiel für die Umwidmung ehemals verkehrstechnisch genutzten Raumes. Der auch unter Denkmalschutz Gesichtspunkten gelungene Umbau ist ein Symbol für den deutlichen Veränderungsprozess des Stadtteils Deutz in den letzten Jahrzehnten.


Kristina Zadrvydaite
Postverladung Deutz: Geschichte und Denkmalpflege


ZUR ENTWICKLUNG DES POSTWESENS IN DEUTSCHLAND

Bis gegen Ende des 19. Jh. wurden die Postpakete hauptsächlich mit Bahnpostwagen und Postbeiwagen befördert, da laut Eisenbahnpostgesetz die Eisenbahn dazu verpflichtet war, in jenem Personenzug einen Bahnpostwagen kostenlos mitlaufen zu lassen. Eine Veränderung trat gegen Jahrhundertwende ein, als die Vergrößerung der Züge (mehr Wagen) eine Verringerung der verkehrenden Züge zur Folge hatte. Zudem kam es durch den verstärkten Einsatz von Eilzügen zu kürzeren Haltezeiten in den einzelnen Bahnhöfen, was wiederum zur Folge hatte, dass der Austausch der Paketladungen auf den Bahnhöfen erschwert und teilweise
Postverladung mit der Hand. Erkennbar sind auch die Sackwagen, mit denen Pakete und Post angeliefert wurden. Foto um 1914
sogar unmöglich wurde. Gemäß einer Anordnung des Reichspostamtes aus dem Jahre 1898 sollte diese Entwicklung durch die vermehrte Fertigung von "Sackwagen" (unbegleitete verschlossene Güterwagen) aufgefangen werden. Dieser Sackwagenverkehr bedingte
Postverladung Gladbacher Wall. Foto um 1960
die Entwicklung von Knotenpunkten, für die sich schließlich die Bezeichnung PaketumschlagsteIle durchsetzte. Die Bedeutung dieser Stellen stieg in dem Maße, wie die Bahnposten durch die ständig umfangreicher werdende Briefpost von der Paketbeförderung befreit werden mussten. Die Entwicklung der PaketumschlagsteIlen ist eng verbunden mit der Entwicklung der Postbahnhöfe, da den UmschlagsteIlen stets ein Postbahnhof zugeordnet war. In diesem Zusammenhang wurde der erste Postbahnhof im Jahre 1895 in Köln am Gladbacher Wall 5 errichtet. Nach der Einrichtung des zweiten Postbahnhofs im Jahre 1907 in Hamburg wurde der dritte Bahnhof dieser Art 1914 in Köln-Deutz errichtet. Köln wurde damit zu einem der größten Paketumschlagplätze im damaligen Deutschland.


PAKETUMSCHLAGSTELLEAN DER DEUTZ-MÜLHEIMER STRASSE IN KÖLN-DEUTZ
Entstehung, seine Gebäude und Anlagen

Vor 1800, aber auch noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts, war das Postamt in Deutz - in Urkunden ist das Postwesen von Deutz erstmalig 1633 erwähnt - in einem der Deutzer Abtei gehörigen Häuser untergebracht. Wo später die Posthäuser ihren Sitz fanden, ist leider nicht bekannt. Am 1. Oktober 1847 wurde die Postverwaltung Deutz auf Anforderung des Generalpostamtes in das im Bahnhof der Köln-Mindener-Eisenbahn neu erbaute Posthaus und 1887 in die Urbanstraße 6 verlegt. Am 17. Juni 1887 wurde am Gladbacher Wal ein Postbahnhof eröffnet, welcher sich jedoch bald als zu klein erwies.

Aus diesem Grund beschloss die Post ein weiteres Amt, das neue Postamt Deutz, auf seinem jetzigen Gelände zwischen der Deutz-Mülheimer Straße, der Wermelskircher Straße und dem Bahndamm der Eisenbahnstrecke Köln-Hagen zu errichten, welches man in den Jahren von 1910 bis 1914 fertig stellte. Das war gerade zu dem Zeitpunkt als die Bahn den Betriebsbahnhof Deutzfeld baute, an den das Deutzer Postamt angrenzt und durch Gleisanlagen angeschlossen wird. Damals begann die Entwicklung des Postamtes zu einer Postanstalt von bezirklicher und überbezirklicher Bedeutung bis es schließlich durch den immer währenden Ausbau und ansteigenden Postverkehr im In- und Ausland zeitweise zu einem viertgrößten seiner Art in Europa wurde, wobei er nur von Berlin, London und Paris übertroffen war. Tägliche Paketumschlag im Jahresdurchschnitt: 1935 200 000 Pakete.

Lageplan 1913
Auf dem 41 757qm großen Grundstück, fanden folgende Bauten und Einrichtungen Platz: Wagenhalle zur Aufstellung von 100 Eisenpost- und Güterwagen, Maschinen- und das Kesselhaus, Bahnsteig- und Gleisanlagen mit den Dreigelenkbogenhallen, sowie das an der Deutz-Mülheimer Straße gelegene Hauptgebäude, die Packkammer und das Fernsprechamt. Als weitere Nebenbetriebe entstanden: Sammlerladestelle zum Laden der Batterien für die Beleuchtung der Bahnpostwagen; eine Wäscherei für die Reini­gung der Postsäcke und -beutel von PostdienststeIlen im Bereich der Oberpostdirektionen Köln und Düsseldorf; eine Beutelstopferei zur Instandsetzung beschädigter Leinenbeutel; ein Beutelschüttelwerk zum Entstauben der Postbeutel, die mit einer Beutelausgleichstelle zur Regelung der Versorgung mit den Beuteln im In- und Ausland verbunden war.

Panoramafoto von der Gleisseite. Foto um 1914
Die Gleisanlage des Deutzer Postbahnhofes nahm ihren Anfang in zwei Übergangsgleisen, die aus dem benachbarten Betriebsbahnhof Deutzfeld kamen. Sie durchquerten den Bahndamm der Bundesbahnstrecke Köln-Düsseldorf und Köln-Bergisch-Gladbach in einer Unterführung, hinter der die ÜbergabesteIle vom Bahn- zum Postrangierbetrieb lag. Nach der Unterführung verzweigten sich die Übergabegleise in 23 Gleise, von denen 18 Verladegleise mit 1819,4m Länge an Bahnsteigen, 2 Abstellgleise mit einer Länge von insgesamt 290m und 2 technische Gleise (Lokgleis, Bahnpostwagenuntersuchungsgleis) mit 61 m Länge waren. Die gesamte Gleis-anlage war so geführt, dass sie in einem rechten Winkel auf den Querbahnsteig des Postbahnhofes trafen. Das hatte zur Folge, dass alle Gleise gekrümmt waren, und eine Überdachung (=Dreigelenkbogenhallen) in nur 45m Länge bei etwa 90m langen Bahnsteigen möglich war. Nach einer Genehmigung des Postministeriums in den Jahren um 1955 wurde die Überdachung schließlich bis zum Ende der Bahnsteige fortgeführt. Es hatte zur Folge, dass an den östlichen Enden der Gelenkbogenhallen ein Querschiff mit anschließenden Röhrenbinderhallen angebunden wurde.


Funktionsweise des Postbetriebes

Bis zur Inbetriebnahme einer mechanischen Anlage wurde die Bearbeitung der Pakete von Hand ausgeführt, d.h. die für den Umschlag notwendigen Arbeiten - Ausladen, Verteilen, Einladen - wurden von Hand oder mit Schleppern geleistet. Überlegungen, in Deutz eine Paketförder- und Paketverteileranlage zu errichten, hat man schon vor dem Zweiten Weltkrieg angestellt. Die Mechanisierung des Paketumschlags war dringend erforderlich, weil durch die Verbesserungen im Pakettransport sich die Zahl der erforderlichen Paketsortierungen erhöhte. Im Auftrag des Bundespostministeriums wurde eine solche Anlage erstmal im Jahre 1953 in Betrieb genommen.

Die Deutzer Paketförder- und -verteileranlage bestand aus Förderbandstraßen, Rollenbahnen, motorisierten Antrieben und Gerüsten. Die Anlage hatte drei 50 Meter lange Entladebänder. Im Posthof standen demnach drei Gleise dem Band zu Verfügung, auf denen eine Vielzahl von Waggons zur gleichen Zeit zum Ausladen bereitgestellt werden konnten. Alle drei Entladebänder, die, wie das Fotomaterial beweist, in den Dreigelenkbogenhallen Platz fanden, führten unter Steigungsüberwindung von bis zu 23 Grad und über den angrenzenden Querbahnsteig, zum ersten Stockwerk des Packkammergebäudes und mündeten dort in einen Rundlauf, an dem sich die Sortierplätze und die Abschieberollbahnen befanden. Hier mussten die Sortierer, noch bevor die Arbeit erleichternde Postleitzahlen eingeführt wurden (16.04.1963), die Pakete vom Rundlauf abziehen, sie mit Sortierzeichen beschreiben und der Abschieberollbahn zuleiten. Die Abschieberollbahnen gingen in Zwischenrutschen über, die als Bindeglieder zu den Abschiebebändern im Erdgeschoss der Packkammer fungierten. Insgesamt besaß die Anlage 27 solcher Verteilerrutschen, an denen durchschnittlich je 5 Paketbehälter aufgestellt werden konnten. Um langen Wege beim Behältertransport zu minimieren, standen die Rutschen und die dazugehörigen Postbehälter in unmittelbarer Nähe der Verladerampe des an der Deutz-Mülheimer Straße gelegenen Postvorhofes, auf welchem schließlich die Bahnpost- und -güterwagen zur Auslieferung der Post an den Empfänger bereit standen.


PLANUNG ZUR UMNUTZUNG DES POSTGELÄNDES

Postverladehalle während des Umbaus.
Infolge des gegen Ende des letzten Jahrhunderts eingebrochenen und immer noch anhaltenden wirtschaftlichen Wandels musste auch die Deutsche Post im Zuge der Umstrukturierung ihrem Standort an der Deutz-Mülheimer Straße weichen und das Grundstück im Jahre 1999 verkaufen. Wie viele Postgebäude zu dem Verkaufszeitpunkt noch standen ist mir leider nicht bekannt. Aus einem Dokument beim Stadtkonservator Köln geht jedoch hervor, dass schon im Jahre 1996 eine Genehmigung zum Abbruch eines Teils der gewerblich genutzten Gebäude bis auf die Dreigelenkbogenhallen erteilt wurde. Heute sind es jedenfalls nur noch die Dreigelenkbogenhallen, die von noch nicht all zu lange her gewesenen Zeiten des Postbetriebes zeugen.

Nach dem Wunsch des Erwerbers dieser Flächen sollten die Hallen demontiert und woanders aufgestellt werden, da ein Planungskonzept für einen Büropark entwickelt wurde, bei dem zwar das geplante Dorint Hotel, nicht aber die Hallen Berücksichtigung fanden. Die Genehmigung für den Abriss stand von Seiten der dafür zuständigen Kölner Behörde aus, da die Dreigelenkbogenhallen seit 1988 in der Denkmalliste stehen und besonderen Schutz genießen.

Postverladehalle. Foto 2012 Constantin Meyer
Der Erwerber kooperierte mit der MDC (Multi Development Corporation) und es wird auf Anraten der Stadt ein städtebaulicher Wettbewerb bzw. eine Mehrfachbeauftragung durchgeführt. Der 1. Preisträger wurde Gerkan, Marg und Partner (GMP), ein international renommiertes Architekturbüro mit Hauptsitz im Hamburg.

Das Ergebnis des Wettbewerbes, ein Planungskonzept für den Büropark "Foreal Business Forum", findet seinen Niederschlag in einem Bebauungsplan. Die Planung sieht ein städtebaulich geordnetes Ortsbild vor, wobei rund um die Hallen nach und nach sieben Bürogebäude hochgezogen werden sollen. Die vorhandene Straßenrandbebauung an der Deutz-Mülheimer Straße mit Telekomgebäude und Dorint-Hotel wird im Süden bis zur Bahnunterführung weitergeführt, so dass ein geschlossener und maßstäblicher Straßenraum entsteht.

Die trichterförmige Öffnung zwischen dem Dorint Hotel und der Neubebauung führt zu einer wahrnehmbaren Sichtbeziehung in den zentralen Bereich des Büroparks mit den historischen Dreigelenkbogenhallen als identifizierendes Bauwerk des Gesamtareals. Der Entwurf zeichnet sich zudem im Hinblick auf die Umweltbelange durch die Zentrale Parkidee mit einem weitestgehenden Erhalt der denkmalgeschützten Anlagen und deren Integration in das Gesamtkonzept aus.


DREIGELENKBOGENHALLEN
Ursprünglicher Zustand

Gelenkbogen. Zeichnung 1913
Es handelt sich hierbei um die im Jahre 1913 erstellten 8 Bahnsteighallen mit Dreigelenkbogen-Stuhlbinder-Konstruktion in Achsabständen von je 9,OOm, und je 13,80m Spannweite. Mittig auf den 8
Gelenkbögen nach dem Umbau. Foto 2012 Constantin Meyer
Hallen verläuft je ein glas gedeckter Dachreiter mit ca. 6,OOm Breite. Sonst bestand die Dachhaut aus Stahlpfetten mit 8 cm Bimsbetondecke und Asphaltpappen-Eindeckung. Der 10m breite Kopfbahnsteig, also der Querbahnsteig der östlich an das Packkammergebäude anschießt, war mit einem Glas gedeckten Pultstuhldach gegen die Dreigelenkrahmen gelehnt. In Laufe fortwährenden Ausbaus wurde die Bahnsteigüberdachung an den östlichen Enden der Gelenkbogenhalle, durch ein angeschlossenes Querschiff, in einer Röhrenbinder-Konstruktion weiter geführt.

Die abzutragenden Lasten wurden über die 36 freistehenden, 1 m über Gleisboden, pyramidenförmig aufgebauten Fundamentköpfe, die je mit einem Basaltlavastein abgedeckt sind und den gusseisernen Gelenktopf der Hallenbinder aufnehmen abgeleitet. Für nötige Stabilität sorgten die Windverbände, welche in den Endfeldern zwischen den Hallenbindern als Eckaussteifung eingebaut sind. Die an die Eckaussteifung angeschlossenen Parallelbinder, welche zwischen allen Rundbindern, kurz unter der Traufe bis zum östlichen Endfeld durchlaufen, gelten als Druck und Zugglied, da in diesem Endfeld keine Eckaussteifungen vorhanden sind. In der Höhe der Dachebene liegen Wind- und Aussteifungsverbände.

Die Gesamtabmessung der zu überdachenden Fläche betrug 46 x ca.110m. In den 80er Jahren kam im nördlichen Teil eine weitere 9. Halle hinzu, die praktisch identisch mit den übrigen war und die überdachte Fläche auf 46m x ca. 124m erweiterte. Der einzige Unterschied zu den alten Hallen lag wohl an der andersartigen Ausbildung der Verbindungselemente zwischen den Stahlträgern.


Zustand Heute

Fassadenabwicklung der Postverladehalle mit den 7 erhaltenen Hallenschiffen
Nach den Festsetzungen des Bebauungsplanes nach dem erfolgten städtebaulichen Wettbewerb zur Umnutzung des ehemaligen Deutsche Post - Geländes zum "Foreal Business Forum", konnten die Hallen jedoch nicht in ihrer ganzen Ausdehnung erhalten bleiben. Der teilweise Rückbau um zwei von neun Hallenfeldern im südlichen Bereich sowie der Rückbau der Hallen auf der Westseite, also der Deutz-Mülheimer Straße zugewandten Seite, um ein Stützenfeld waren erforderlich, um die innere verkehrliche Erschließung des Plangebietes bewältigen zu können.

Die Verschleißerscheinungen der Zeit aber auch die im Jahre 1963 mit der Mechanisierung des Postbetriebes dazugekommenen, die Hallenstandsicherheit belastenden Einbauten, wie Kran- und Entladebahnen führten zu einem hohen Grad der Zerstörung in der Tragkonstruktion und Fassade. Nach einer gutachtlichen Untersuchung haben sich folgende Sicherungsmaßnahmen als erforderlich gezeigt:
• "Alle Wind- und Aussteifungsverbände müssen, entsprechend einer statischen Ermittlung ergänzt, erneuert bzw. reguliert werden. In die östlichen Endfelder sind neue Verbände anzuordnen.
• Die Dehnfugen in der Dachhaut müssen neu reguliert werden. Die Gerberpfetten-Gelenke müssen freigelegt und auf ihre Gängigkeit geprüft werden. Verguss ist in Bitumenmasse vorzusehen.
• Die freistehenden Fundamentköpfe, insbesondere die Basaltlavaköpfe sind durch eine Stahlbeton-Ummantelung zu sichern.
• Zuschweißen von größeren Löchern in den Binderstielen. Ob eine Ausrichtung der Binderstiele möglich ist, muss örtlich noch erwogen bzw. versucht werden. Absolutes Erfordernis hierzu ist nicht gegeben.
• Neuanstrich aller neuen oder durch die Regulierung blank gewordenen Eisenteile."

So mussten die verfallenen Bogenhallen des alten Paketverteilzentrums zunächst komplett zerlegt und wieder errichtet werden. Jetzt sind hier, auf einer insgesamt 3500qm Fläche, die in das Planungskonzept des Büroparks "Foreal Business Forum" integrierten Showrooms der neuen "Design Post" zu finden, worin insgesamt 21 europäische designorientierte Möbelmarken ihre Kollektionen zeigen. Zehn Millionen Euro hat das Projekt verschlungen.

2003 entwickelt das holländische Architektenbüro OIII aus Amsterdam mit den Herrn Architekten Witt und van Hoyen, die gleichzeitig die Initiatoren und Investoren des Projektes sind, in Zusammenarbeit mit dem Stadtkonservator eine Entwurfsidee. "Dabei erkannten die Architekten die Chance, die architektonisch bedeutsamen Bögen unter Beachtung ihres historischen Wertes in einen Raum mit außergewöhnlicher Atmosphäre zu verwandeln, der sich ideal für Ausstellungen und Events eignet". Die Außenraumgestaltung zeichnet sich durch den Erhalt der Stahlkonstruktion als erforderliches Tragsystem. Zurückgesetzte Fassadenelemente sind transparent gestaltet, d.h. die Gelenkbögen werden mit einer Glaskonstruktion geschlossen. Die vorhandene ungedämmte Dacheindeckung ist demontiert und eine Dachkonstruktion aus Sandwichelementen aufgebaut worden. Die Firstabdeckung, die aus Einfachverglasung bestand, wurde mit einer Isolierverglasung ausgetauscht.

Postverladehalle mit neuen Einbauten. Foto 2012 Constantin Meyer
Im Innenraum wurden Elemente eingeschoben, die an die in der Vergangenheit abgestellten Bahnzüge erinnern sollen . Die massiven Kuben strukturieren den Innenraum der Hallen in kleinere Raumzone, sie beinhalten die notwendigen Sanitärräume, technische Installationselemente, aber auch Ruhebereiche zum Arbeiten in der zweiten Ebene. Die Abtrennung der verschiedenen Raumzonen erfolgt transparent. Wodurch der Raumeindruck, der zu Zeiten des Postbetriebes vorherrschte, weitgehend erhalten bleiben kann.

Ohne die Architektur negativ zu belasten wird dem Ganzen ein Untergeschoss angegliedert, da die Nutzung ca. 50 Stellplätze erfordert und diese in der Tiefgarage untergebracht werden. Dieser Unterbau liegt im Norden der Denkmalhallen und teilweise unter den ersten zwei Schiffen der Hallen und beinhaltet neben den Stellplätzen auch notwendige Technik- und Lagerräume.


BEWERTUNG DER UMNUTZUNGS- UND SANIERUNGSMASSNAHMEN

Die Umnutzung des ehemaligen Postgrundstückes zu einem Büropark halte ich, wenn man die Integration der Dreigelenkbogenhallen in das Gesamtkonzept betrachtet, im Prinzip für sehr gelungen. Ihre zentrale Stellung, eingebettet in einen Park und durch bewusste Öffnung der Bebauung an der Deutz-Mülheimer Straße zu den Hallen hin, wird auf eine besondere Weise unterstrichen. Sehr nachteilig finde ich jedoch die Tatsache, dass vom Grundbestand her, den Gleisanlagen mit inbegriffen, nichts erhalten bleiben konnte. Die Dreigelenkbogenhallen selbst sind zwar, auch wenn nicht durch ihre weniger beeindruckende Spannweite der Binder nennenswert, wie etwa die der "Galerie des Machines" in Paris mit ihren 115 Metern, doch ein relativ bedeutendes Zeugnis aus jener Zeit, als die neuartige Kunst der Technik durch ihre Größe und erstaunliche Filigranität die Öffentlichkeit beeindruckte. Die Bedeutung der Hallen als ein historisches Zeugnis aus der Gründerzeit der Paketum-schlagsteIlen in Deutschland leidet durch den Abriss der übrigen Gebäude und Anlagen jedoch in einem besonderen Maße, da die Hallen nun als ein Solitär und nicht mehr als ein Teil des Gesamtensembles wahrnehmbar sind - von der Entwicklung in den Arbeits- und Produktionsbedingungen im Postbereich ist leider nichts mehr zu erahnen.

Die Umnutzung der Hallen zu einem Ausstellungsraum für Designmöbel und -objekte ist für das Büropark-Konzept sicherlich angemessen. Aus denkmalpflegerischer Sicht ist es allerdings weniger vertretbar, da nutzungsbedingte Wärmeschutzanforderungen Eingriffe in die Substanz erfordern. Weil die Gelenkbogenhallen als eine Bahnsteigüberdachung dienten und aus diesem Grund seitlich größtenteils geöffnet waren, ist nur die Hallenüberdachung davon betroffen. Da sich laut eines Gutachtens der Dachbelag sowieso als schwer beschädigt erwies und eine Erneuerung unausweichlich war, ist ein kompletter Austausch der Überdachung durch Sandwichelemente nachvollziehbar. Wenn man die Vorher- und Nachher-Bilder vergleicht, ist fast gar kein Unterschied zwischen dem neuen und alten Belag zu erkennen, was sehr positiv zu bewerten ist.

Die Stahlkonstruktion, wie das Gutachten zeigte, hatte sehr unter den Witterungsbedingungen und sonstigen Beanspruchungen zu leiden, was aufwendige Sanierungsmaßnahmen erforderlich machte. Die Konstruktion musste komplett zerlegt und wieder zusammengeschraubt werden. Nach der Entrostung wurde ein schützender Anstrich angebracht, um eine dauerhafte Erhaltung zu sichern, obwohl das Erscheinungsbild dadurch gewiss stark verändert wurde. Positiv ist jedoch, dass die Konstruktion von allen Seiten aus sichtbar belassen wurde. Dies wurde erstens durch Anbringung
Postverladehalle-punktgehaltene Glasfassaden. Foto 2012 Jürgen Gergori
einer zurückhaltenden punktgehaltenen Glasfassade, die in einem angemessenen Abstand zu der Tragstruktur steht, und zweitens durch eine konsequente, von jeglichen Einbauten und Beplankungen frei gehaltene Stützen erreicht. Schade ist allerdings, dass die ehemals 1 m über den Boden hinausragenden Fundamentköpfe jetzt nur noch in ihren Umrissen sichtbar sind und zudem hierdurch den Innenraum auf einen Meter in der Höhe reduzieren.

Das Innenraumkonzept der eingeschobenen Elemente, die an die in der Vergangenheit abgestellten Bahnzüge erinnern sollen, finde ich sehr gelungen, da die massiven Kuben den Innenraum ähnlich wie in der Vergangenheit durch Kontainer, Züge und Entladebänder strukturieren. Sehr bedauerlich ist aber, wie schon mal angedeutet, die Tatsache, dass die Gleise, die doch für das Erscheinungsbild sehr prägend waren, nicht mehr erhalten sind. Hierzu verweise ich auf ein gut gelungenes Beispiel, wie etwa die Lokhalle in Göttingen: hier hat man die Schienen unter Panzerglas gestellt und so quasi als Ausstellungsstück in die Bodenebene integriert.

Insgesamt gesehen hätten manche Entscheidungen anders gefällt werden können. Doch unter Berücksichtigung der gegebenen Startbedingungen ist die Umnutzungsplanung zum gesamten Gelände insofern zu akzeptieren, da nur die Dreigelenkbogenhallen unter Schutz gestellt waren, was den Abriss der übrigen Post-Anlagen bedingte. Und so gesehen sind die meisten, allein mit den Hallen in Bezug stehenden, Umnutzungs- und Sanierungsmaß-nahmen denkmalpflegerisch annehmbar.

Kristina Zadrvydaite: Geschichte und Denkmalpflege Postverladung Deutz
Semesterarbeit Lehrgebiet Denkmalpflege RWTH AAchen SS 2005 (gekürzte und für das Internet bearbeitete Fassung)



Link

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Literatur und Quellen

• Heinrich Willems: Das Postamt Deutz und seine Postverladestelle an der Deutz-Mülheimer Straße
• Richter: Archiv Für Post und Telegraphie (1914)
• Rheinisches Bildarchiv, Design Post Köln