Bahnbetriebswerk Nippes
Köln, Longericher Strasse (Zugang gegenüber Haus Longericher Str. 223)



1914 erbaut als Teil des riesigen Rangier- und Güterbahnhofes Nippes. Das Betriebswerk wird heute von mehreren Vereinen genutzt. In den Hallen stehen die historischen Rheingold-Waggons und das Rheinische Industriebahn-Musem verwendet den Lokomotivschuppen als Ausstellungshalle.




Walter Buschmann
Das Bahnbetriebswerk Nippes


Lokhallen. Foto 1997
Lokhallen. Foto 1997
Lokhallen. Foto 1997
Lokhallen. Foto 1997
Lokhallen. Foto 1997
Lokhallen. Foto 1997
Im Kern besteht das 1912 geplante und 1914 erbaute Betriebswerk aus einem langgestreckten Backsteinkomplex mit der Lokomotivhalle als beherrschendem Hallenbau, der Betriebswerkstatt mit dem Verwaltungsgebäude und Speisesaal und Wagenhalle mit Magazin. Parallel zur Betriebswerkstatt sind in drei kleinen Gebäuden das Holzlager mit Trafos und Elektrowerkstatt, Toiletten und Auswaschanlage untergebracht. Ein kleiner Holzfachwerkbau mit steinsichtiger Ausfachung diente als Fahrradraum. Im weiteren Umfeld gehören zum Betriebswerk eine Bekohlungsanlage im Norden sowie eine Drehscheibe und eine Besandungsanlage im Süden. Der Zugang zum Werk für die Belegschaft erfolgte durch einen Personentunnel zur Longericher Straße mit Treppe im Süden und durch eine Treppenanlage von der Straßenunterführung aus.

Die Architektur der Gebäude wird geprägt durch fassadengliedernde Wandvorlagen, die unter Ortgängen und Traufen mit dreifach gestuften Backsteinfriesen verbunden sind. Die schlank-hochrechteckigen Fenster sind in den zurückliegenden Wandfeldern drillingsweise zusammengefasst. Bei der Lokomotivhalle werden die Fenster zusätzlich durch horizontale Betonstöcke zusammengebunden und unterteilt. In den Öffnungen sind überwiegend noch die kleinteiligen Metallsprossenfenster erhalten. Die Hallen werden jeweils überspannt von genieteten Stahlbindern mit Streben- und Ständerfachwerk. In die Binder der fünfschiffigen Lokomotivhalle sind Belichtungsraupen über dem First integriert. Die Wagenhalle wird durch Belichtungsraupen zwischen den Bindern belichtet. Zur Ausstattung gehören die Arbeitsgruben, Stellgleise in beiden Hallen sowie Rauchfänge und Schiebebühne in der Lokomotivhalle.

Die betont einfach gehaltene Backsteinarchitektur gehört zur Reformbewegung im Jahrzehnt vor dem Ersten Weltkrieg, die als Sachlichkeit bezeichnet wird und mit Namen wie Peter Behrens, Wilhelm Kreis, Alfred Fischer und im weiteren Kontext Walter Gropius verbunden ist. Der Industriebau galt in jener Zeit als stilbildend, als Möglichkeit zur Herausbildung einer neuen Formensprache, deren Resultate wir heute unter dem Begriff der Klassischen Moderne bewundern. Bauten wie das Betriebswerk Nippes sind unverzichtbare Zeugnisse dafür, dass sich die Sachlichkeit in der Architektur nicht nur in einigen wenigen, immer wieder publizierten Hauptwerken materialisierte, sondern schon vor 1914 weite Verbreitung fand. Die Sachlichkeit der Vorkriegszeit bildete damit eine Basis für die Entwicklung in den 1920er Jahren.

Werkstattbauten haben seit Eröffnung der ersten deutschen Eisenbahn von Nürnberg nach Fürth immer eine bedeutende Rolle gespielt. Ohne regelmäßige Wartung hätte das kostspielige rollende Material schnell an Wert verloren, und die teilweise per Gesetz festgelegte Sicherheit des Bahnbetriebes hätte nicht gewährleistet werden können. Die Betriebswerke dienten zur täglichen Pflege der Fahrzeuge und hatten im Betriebsablauf neben den Haupt- und Nebenwerkstätten eine wichtige Funktion. Das Betriebswerk Nippes ist insofern von besonderem Rang, weil es noch nahezu den kompletten Bestand eines gemischten Betriebswerkes für Wagen- und Lokomotivwartung mit zwischengelagertem Werkstättentrakt zeigt. Von großem Wert ist die Bekohlungsanlage als Relikt, das eindeutig auf die Zeit der Dampflokomotiven hinweist.


Links
Rheinisches Industriebahnmuseum

Literatur und Quellen


• Zeitschrift für Bauwesen 67, 1917, S. 7
• Hans Beck, 100 Jahre Eisenbahndirektion Köln, Sonderdruck aus "Die Bundesbahn" 1981,
S. 201–240
• Hundert Jahre deutsche Eisenbahnen, hrsg. vom Reichsverkehrsministerium, Berlin 1938