Krupp-Siedlung | Am Brandenbusch
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Walter Buschmann
Krupp-Siedlung | Am Brandenbusch


Die Siedlung Brandenbusch entstand in mehreren Bauabschnitten 1885 bis 1913 als Wohnanlage für ein Teil des auf Villa Hügel beschäftigten Personals der Familie Krupp. Bis 1901 waren 14 Häuser vollendet. Derzeit gibt es 27 eingeschossige Siedlungshäuser für zwei und vier Familien. Innerhalb des umfangreichen Siedlungswerkes der Firma Krupp, das hauptsächlich der Unterbringung von Fabrikarbeitern diente, ist die Siedlung Brandenbusch in ihrer Funktionsbestimmung als Domestikensiedlung ein Sonderfall.
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Bauplan für eines der Häuser von 1902
Architektonisch und städtebaulich lehnt sich die Siedlung stark an die vorauf gegangenen und parallel durchgeführten Krupp’sche Siedlungsanlagen Alfredshof, Friedrichshof und Altenhof an. Sehr enge formale Beziehungen finden sich zu der seit 1892 entstehenden Siedlung Altenhof. Hier wie dort wirkte das englische Vorbild des Cottage-Systems: kleine Hauseinheiten in einer romantisch geprägten Formensprache sind großzügig in eine Park- und Gartenlandschaft eingeordnet. Dieses Grundprinzip der städtebaulichen Anlage und die landschaftliche Einbindung mussten in noch gesteigerter Weise gelten, da die Siedlung zwar in Randlage, dennoch aber deutlich mit dem Park der Villa Hügel verbunden wurde. Denkbar ist, dass die Häuser der Siedlung als "Ornamented Cottages" den ästhetischen Reiz der Parkanlage von Villa Hügel wie andere Kleinbauten z. B. das Spatzenhaus, das Pflanzhaus und die Portiershäuser noch steigern sollten.

Eine relative Eigenständigkeit der Kolonie Brandenbusch im Siedlungswerk Krupp ergibt sich auch aus der entwurflichen Herkunft der Anlage. Abweichend von den anderen Siedlungen war nicht Robert Schmohl als Leiter des Krupp'schen Baubüros Entwurfsverfasser, sondern der im Baubüro auf dem Hügel arbeitende Königliche Baurat Marx, unterstützt durch den Bauführer Rudolph. Jenseits dieser Besonderheiten folgt die Kolonie Brandenbusch in Anlageart und Architektur den anderen, gleichzeitig entstandenen Krupp-Siedlungen. Durch die Verwendung mehrerer Haustypen (1920 waren es sechs Typen, die noch durch mehrere Sonderbauten ergänzt wurden) sollte ein hohes Maß an Formenvielfalt und damit die Illusion einer villenartigen Einzelhausbebauung entstehen. Die zur Gliederung der Baukörper vorgelagerten Eingangsloggien und Stallanbauten erzeugen zugleich malerische Straßenbilder. Die gerade Fluchtlinie ist aufgehoben zugunsten lebendiger Baumassenverteilungen.
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Perspektivische Zeichnung eines Doppelhauses von 1902
Als Haustyp wurde in der ersten Bauperiode das für die Siedlungsgeschichte des Ruhrgebietes so typische Vierhaus mit Kreuzgrundriß verwendet. Diese Häuser standen westlich der Arnoldstraße und sind nicht erhalten. Seit 1896 entstanden die auch in der Siedlung Altenhof dominierenden Doppelhäuser. Die durchweg größeren Wohnungen in der Kolonie Brandenbusch dienten jedoch auch größeren Familien zur Unterkunft, während der Altenhof nur Kleinwohnungen aufwies. Die Doppelhäuser sind bis 1902 meist in Verbindung zweier gleicher Grundrisse symmetrisch angelegt. Nach 1902 treten verstärkt asymmetrische, das städtebauliche Bild noch lebendiger gestaltende Bauformen auf. Zugleich wurden Haustypen entwickelt, die mit stärkerer Raumbildung und städtebaulicher Vereinfachung aus einer Addition von drei bis sechs Hauseinheiten bestehen.

In reichhaltiger Weise wurden die Wohnhäuser der Siedlung ergänzt durch Gemeinschaftseinrichtungen. Dazu zählen Konsumanstalt, Dampfwäscherei, Spritzenhaus, Schule und Evangelische Kirche. Von diesen Einrichtungen ist allein die ganz im malerischen Stil der Wohnhäuser 1906 nach Entwurf des Architekten Nordmann entstandene Kirche erhalten. An die Kirche wurde 1909/1910 ein Gemeindehaus angebaut für das ebenfalls Nordmann, nun aber in Verbindung mit Paul Knobbe die Pläne lieferte. Nordmann und Knobbe waren zur Jahrhundertwende zwei äußerst prominente Architekten des Historismus. Knobbe entwarf z.B. die in der ersten Bauphase ausgeführten Bauten der Zeche Zollern lI/IV in Dortmund-Bövinghausen. Die Wahl der Architekten Nordmann und Knobbe zeigt die Bedeutung, die man einer angemessenen Gestaltung der Kirche im räumlichen Kontext mit der Siedlung zuordnete.

Gelegen an der Zufahrtstrasse zur Villa Hügel ist die Siedlung in einem hervorragenden Erhaltungs- und Überlieferungszustand.

Literatur

• Das Arbeiter-Wohnhaus auf der Kruppschen Gussstahlfabrik in seiner baulichen Entwicklung, 2. Aufl., Essen 1907
• Brinckmann, Albert Erich: Arbeitersiedlungen der Friedrich Krupp AG in Essen (Alfredhof, Rheinhausen, Altenhof, Baumhof, Friedrichshof, Dahlhauser Heide, Zeche Hannover, in: Baumeister 10, 1912, Heft 9, S. 97-108; Tafel 65-70, Beilage zu Heft 9, S. 8177-8189
• Brinckmann, Albert Erich: Neuere Kruppsche Arbeitersiedlungen (Rheinhausen, Alfredshof, Altenhof, Emscher-Lippe, Dahlhauser Heide), in: Moderne Bauformen 11, 1912, S. 301-318, Tafel 52
• Ehrenberg, Richard: Krupp-Studien III, Jena 1911
• Ehrenberg, Richard: Krupp´sche Arbeiterfamilien, Jena 1912
• Die Entwicklung des Arbeiterwohnungswesens auf der Gussstahlfabrik von Fried. Krupp zu Essen a. d. Ruhr, Essen 1902
• Führer durch die Essener Wohnsiedlungen der Firma Krupp, Essen 1930
• Führer durch die Krupp´sche Arbeiter Kolonien, Essen o.J.
• Günther, Roland: Krupp und Essen, in: Warnke, Martin: Das Kunstwerk zwischen Wissenschaft und Weltanschauung, Gütersloh 1970
• Gussmann: Vortrag gehalten im Auftrag der Zentralstelle für Wohlfahrtseinrichtungen in Berlin am 25./26. April 1892 über die Krupp´schen Arbeiterwohnungen, Essen 1892 (Buchdruckerei der Grußstahlfabrik)