Glaswerke Gerresheim | Arbeitersiedlung „Neustadt“
Düsseldorf, Porta-| Teutoburgerstr.
Objektführer
Gaby und Peter Schulenburg | Otfried Reichmann
Die Arbeitersiedlung der Glashütte Gerresheim


gerresheim_siedlung_glaswerke
Lageplan, die „Altstadt“ auf der linken, die „Neustadt“ auf der rechten Seite der Heyestraße. Aus: Arbeitsheft 1, Technische Denkmäler. Arbeitersiedlungen 1. Landeskonservator Rheinland, Köln 1975
Den angeworbenen Glasmachern aus den alten Glashüttenzentren an der Weser, dem Eggegebirge und den östlichen Provinzen des Deutschen Reiches mussten mitsamt ihren Familien, schon um den traditionellen Wandertrieb zu unterbinden, in Fabriknähe eine Unterkunft gestellt werden. Zudem bedingte die noch zeitlich unregelmäßige Glasschmelze einen Arbeitseinsatz am Tag und in der Nacht, um zum richtigen Zeitpunkt die Flaschen zu blasen. So wurden 1864 direkt am Werk die ersten beiden Werkswohnungen gebaut. Bis 1880 entstanden an der heutigen Kreuzung Heyestraße/Torfbruchstraße 257 Wohnungen nebst Stallungen und Toilettenanlagen, die sogenannte „Altstadt“.

Diese ersten Häuser für zwei Parteien waren einstöckig gebaut. Leider wurde diese früheste Siedlung 1972 für einen Parkplatz komplett abgerissen.

gerresheim_siedlung_glaswerke
Wohnhaus der „Neustadt“. Foto 2011
gerresheim_siedlung_glaswerke
Panorama von ca. 1900
Unmittelbar gegenüber an der Bahnstraße, heute Heyestraße, begann 1879 nach rapidem Anwachsen der Belegschaft der Bau der Siedlung „Neustadt“. Sie umfasste 203 Wohnungen nebst Stallungen für Kleinvieh. Die ältesten Backsteinhäuser sind wegen des hohen Grundwasserstandes höher gelegt und nur über steinerne Eingangsstufen betretbar. Als Besonderheit hatten sie ein innen liegendes, licht- und lärmgeschütztes Schlafzimmer für die Nachtarbeiter, die sogenannte Dunkelkammer.

Nach Einführung des Schichtbetriebes entfiel dieser Raum. Außerdem waren bei den neuen Häusern nun die Toiletten in einem separaten kleinen Gebäude außerhalb untergebracht und nicht mehr neben der Dunggrube an der Stallung. Für alle Häuser standen im Hinterhof Räucherkammern für die Verarbeitung der Hausschlachtung und Backhäuser zur Verfügung. Auf dem Platz zwischen Porta- und Teutoburgstraße wurde regelmäßig ein Markt abgehalten. Hier stand auch eine große Pumpe für den täglichen Wasserbedarf. Um 1890 ließ Heye die Häuser auf Firmenkosten an das städtische Wassernetz anschließen. Die dürftige Gaslaternenbeleuchtung wurde 1888 durch eine 30 Meter hohe Bogenleuchte verbessert. Als zu dieser Zeit höchste Lampe im Rheinland hatte sie schnell die Spitznamen „Langer Hermann“ nach Hermann Heye oder „Mond von de Altstadt“. Die seit 1982 unter Denkmalschutz stehende Arbeitersiedlung, mit ihrem abgeschlossenen Gesamtbild einmalig in Düsseldorf, ist in ihrer vollständigen Erhaltung von großer sozialgeschichtlicher und städtebaulicher Bedeutung. Inzwischen in Privateigentum übergegangen ist sie zum großen Teil ansprechend und denkmalgerecht saniert worden.

Ebenfalls noch vorhanden, wenn auch durch Neubauten im Innenbereich verdichtet, ist die um 1890 nördlich der Torfbruchstraße errichtete Werkssiedlung „Nachtigall.“

Auch südlich der Bahnlinie wurde Bauland für die mehrere tausend Glasmacher und ihre Angehörenden erschlossen, so die Siedlungen „Alte Insel“ und „Höherhof“.

Als architektonische Besonderheit sei noch die nach der Jahrhundertwende erbaute, ebenfalls unter Denkmalschutz stehende Meister- und Beamtensiedlung „Burghof“ am Ende der Heckteichstraße erwähnt. Ihre Backstein-Fassaden bestechen durch die verspielte Fassadengestaltung.

Eine vergleichbare Entwicklung im werkseigenen Wohnungsbau fand auch in anderen Düsseldorfer Werken statt, so zum Beispiel in den 1876 gegründeten Henkelwerken in Holthausen. Beim Neubau der Fabrikanlage 1899 wurden in Betriebsnähe Wohnungen für diejenigen Werkmeister gebaut, welche die wichtigsten Maschinenanlagen steuerten und kurzfristig erreichbar sein mussten. Durch die zusammen mit weiteren Firmen gegründeten „Gemeinnützigen Baugesellschaft Reisholz A.G.“ entstand 1911/12 die „Kolonie Reisholz“. 1923/24 folgten weiter werkseigene Häuser für Arbeiter und Angestellte, teils als geschlossene Gruppe, teils als Einzelhäuser. Auch hier durften der Nutzgarten im Hinterhof und die Stallung für das Kleinvieh nicht fehlen.