Seidenweberei Gressard
Düsseldorf, Dreifaltigkeitsstraße 17
Peter Stegt
Die Seidenweberei Gressard in Düsseldorf-Gerresheim


In Düsseldorf und direkter Umgebung ist die Textilindustrie im 19. Jahrhundert ohne Zweifel der bedeutendste Industriezweig gewesen. Sie erreichte ihren letzten Höhepunkt um 1880. Danach folgte ihr Niedergang, da die metallerzeugenden und –verarbeitenden Industriezweige aufgrund der zunehmenden Technisierung immer bedeutsamer wurden. Das Zweigwerk der Hildener Seidenweberei „Gressard & Co“ dient hierfür als Beispiel.

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Briefkopf von 1929. Quelle: Förderkreis Industriepfad Düsseldorf e.V.
Das Hauptwerk der „Seidenweberei und Tuchdruckerei Gressard & Companie“ wurde in Hilden von Joh. Peter Dahl, Hermann Gressard, Georg Friedrich Gressard und Heinrich August Krall am 27.04.1857 gegründet.

Im Jahre 1896 wurde auf Betreiben der Glashüttenleitung ein Zweigwerk in Gerresheim an der heutigen Dreifaltigkeitsstraße eingerichtet. Die damaligen Inhaber des Hildener Werkes, Wilhelm und Carl Herminghaus, erwarben zu diesem Zweck ein Grundstück an der heutigen Dreifaltigkeitsstraße zum Preis von 60000 Mark. Die Initiative der Glashüttenleitung erklärt sich aus der Sorge um die sozialen Belange der Glashüttenarbeiter. So sollten vor allem für deren Frauen Arbeitsplätze und somit die Möglichkeit des zusätzlichen Gelderwerbs zum Unterhalt der Familie geschaffen werden. Aus diesem Grunde ist das Werk der Firma Gressard & Co. auch ein interessantes Beispiel für die Frauenarbeit im Zeitalter der Industrialisierung. Vorheriger Eigentümer des Grundstückes war allerdings die Glashütte, so dass man durch den Verkauf des Baugrundes, wenn auch verbilligt, einen finanziellen Gewinn einfuhr.

An der damaligen Webereistraße waren zeitweise bis zu 200 Frauen beschäftigt. Mit der zunehmenden Industrialisierung benötigte die Gesellschaft auch mehr Arbeiter, um die Produktion effektiv gestalten und aufrechterhalten zu können. Aus dieser „Not“ der Fabrikbesitzer entstanden nun die Notwendigkeit und die Bereitschaft, Frauen zu beschäftigen. Den Industriellen bot sich jedoch auch noch ein nicht unwesentlicher wirtschaftlicher Vorteil: die weibliche Arbeitskraft war billiger, da Frauen einen niedrigeren Lohn als Männer erhielten! In der Düsseldorfer Rosshaarspinnerei Christoph Krupp erhielten männliche Mitarbeiter durchschnittlich 2,50 Mark Tageslohn. Bei Frauen betrug dieser 1,50 Mark.

Die Arbeitsbedingungen waren in solchen Werken sehr schlecht. Die Zustände in der Gerresheimer Seidenweberei kennen wir aufgrund fehlender Unterlagen nicht, doch im Allgemeinen betrug die Arbeitszeit durchschnittlich etwa 13 Stunden am Tag. Erst mit dem neuen Arbeitsschutzgesetz des Jahres 1891 änderte sich die Lage. Fortan war die Arbeitszeit für Frauen auf höchstens zehn Stunden am Tag beschränkt.

In Berichten von Fabrikinspektoren ist von gesundheitsschädlichen Zuständen in Textilfabriken die Rede. Die häufigsten Erkrankungen aufgrund der Arbeitsbedingungen in diesem Industriezweig waren Hautleiden, Tuberkulose und Erkrankungen des Rachens und der Atmungsorgane.

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historisches Foto der Anlagen unter Verwaltung der „Rhena-Tapetenfabrik Carl Nobbe KG“. Quelle: Förderkreis Industriepfad Düsseldorf e.V.
Im Jahre 1908 geriet das Hildener Stammwerk der Seidenweberei „Gressard & Co.“ in finanzielle Nöte und musste einen Teil des Gerresheimer Besitzes an den Düsseldorfer Fabrikanten Bernhard Weddigen veräußern. Die Gebäude des Gerresheimer Zweigwerkes wurden ab 1930 von der neu gegründeten „Rhena-Tapetenfabrik Carl Nobbe KG“ genutzt. 1956 wurde auch die Produktion im Stammwerk in Hilden eingestellt.