Glashütte Gerresheim | Evangelisches Gemeindezentrum Heyestraße
Düsseldorf, Heyestraße
Objektführer



Otfried Reichmann | Gaby und Peter Schulenburg
Das evangelische Gemeindezentrum in Düsseldorf-Gerresheim


Die rasante Entwicklung der Glashütte veränderte nicht nur die starren wirtschaftlichen und sozialen Strukturen der Region, sondern griff auch stark in die „religiöse Landschaft“ ein. Der alteingesessenen überwiegend katholisch geprägten Bevölkerung standen innerhalb kurzer Zeit Hunderte aus den überwiegend evangelischen Provinzen des Reiches eingewanderte Glasmacher gegenüber. Die kleine reformierte Gemeinde in Erkrath, zuständig für Gerresheim war durch diesen rasanten Zuzug von Gläubigen rasch überfordert.
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Schule. Foto: André Maron, 2008
Innerhalb von fünf Jahren stieg die Zahl der Protestanten von 710 auf 950. Ähnlich sah es mit der anwachsenden Schar schulpflichtiger evangelischer Kinder aus. Aus der Not heraus wurde mit finanzieller Unterstützung Heyes und von Gahlens im Quadenhof, der ehemaligen Wasserburg im Schatten von St. Margareta, ab 1865 ein provisorischer Schulunterricht abgehalten.In Anbetracht dieser Missstände erwarb Heye ein geeignetes Grundstück an der heutigen Heyestraße und spendete einen beträchtlichen Geldbetrag mit der Auflage, dort die neue Schule und eine Kirche zu bauen. Im bereits 1868 fertig gestellten Schulbau wurden kurze Zeit später 200 Kinder eingeschult.

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Kirche. Foto: André Maron, 2008
Die Errichtung der Kirche ging erheblich langsamer vonstatten, da die Kosten für das ungleich aufwendigere Gebäude mühsam durch Spenden begüterter Gemeindemitglieder, der örtlichen Gustav-Adolf-Vereine und sogar Holländischer Glaubensbrüder zusammen getragen werden mussten. Nachdem Heye die Ziegel für den Bau finanzierte und auch große Teile der Innenausstattung und der Kirchengeräte gespendet worden waren, erfolgte die Einweihung 1878. Der Saalbau mit viergeschossigem Turm steht ganz in der Tradition der rein funktional ausgerichteten Grundformen evangelischer Kirchen nach den Entwürfen des Berliner Architekten Karl Friedrich Schinkel. Den Namen „Gustav-Adolf-Kirche“ bekam sie erst 1932, vorher hieß sie einfach „evangelische Stadtkirche“.

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Gemeindehaus. Foto: André Maron, 2008
Um den „subversiven Umtrieben der Sozialdemokraten“ entgegenzuwirken, erfolgte 1900 als baulicher Abschluss des Gemeindezentrums die Einweihung des sogenannten Vereinshauses an der Ecke Vereinsstraße/Hardenbergstraße. Es stand mit einem großen Saal den Gemeindemitgliedern und dem evangelischen Arbeiterverein für Feiern, Geselligkeiten und kirchlichen Unterricht zur Verfügung. Der basilika-artige Backsteinbau mit dreigeschossigem Turm, zinnenartigen Aufbauten, Treppengiebeln und säulenumstandenen Rundbogenfenstern zeugt in seinem aufwendigen Erscheinungsbild vom Selbstverständnis und Stolz der jungen Gemeinde.

Unter vergleichbaren Problemen gründete sich die katholische Kirchengemeinde St. Josef in Oberbilk. Nach dem Bau der Bergisch-Märkischen Eisenbahn verlegten Unternehmer wie Poensgen und Piedboeuf nach 1850 ihre Walz- und Hammerwerke aus der strukturschwachen Eifel bzw. dem Lütticher Raum in das noch ländliche Oberbilk, wo neben der günstigen Verkehrsanbindung auch billiges Bauland lockte. Die Metallfacharbeiter, welche ihrem Arbeitgeber folgten, waren von Hause aus Katholiken. Nachdem die Gottesdienste anfangs notdürftig und unter unwürdigen Zuständen in Tanzsälen und in einer Schule zelebriert werden mussten, konnte erst 1872 mit Unterstützung eines Kirchenbauvereins und finanzieller Unterstützung durch Fabrikanten die erste Kirche, benannt nach dem Schutzpatron der Arbeiter, eingeweiht werden.

Ähnlich wie in Gerresheim, existierte auch in Oberbilk eine unsichtbare Trennlinie zwischen katholischen und evangelischen Christen. Befand sie sich in Gerresheim auf Höhe des alten Amtsgerichts an der Heyestraße, so war sie dort die Kruppstraße zwischen St. Josef und der Christus-Kirche.