Tuchschererhaus
Monschau, Stadtstraße 6


Walter Buschmann
Das Tuchschererhaus in Monschau


1815 erbaut durch Friedrich Jacob Scheibler, dem Sohn Wilhelm und Enkel Johann Heinrich Scheiblers zusammen mit seinen Brüssler Geschäftspartnern Ronstorff und Rahlenbeck. Der Bau steht in Zusammenhang mit einer intensiveren Nutzung des Roten Hauses zur Wollvorbereitung, dem 1815/16 die Wollspüle II angefügt wurde. Das Tuchschererhaus wurde 1817 als Färberei und Schererei in Betrieb genommen. Mit dem Tuchschererhaus wurde der Produktionsstandort Rotes Haus kompletter ausgestattet. Bis dahin war im Roten Haus nur die Wollvorbereitung untergebracht. Traditionell waren jedoch in den Verlegerhäusern auch Einrichtungen zur Appretur, zum Rauhen, Scheren, Pressen. Das zusätzlich im Tuchschererhaus auch Einrichtungen zum Färben waren verweist darauf, das entweder die Räumlichkeiten im Roten Haus unzureichend waren oder die Färberei zu große Belastungen für die Wohnfunktionen mit sich brachten. Um das Rote Haus und das Tuchschererhaus zu einer Produktionseinheit zu verbinden beantragte Scheibler, Ronsdorf, Rahlenbeck & Comp. 1816 eine breite Brücke, die den Laufenbach über eine größere Strecke überdeckt hätte und eine Art von Flussüberbauung gewesen wäre. Nach Widerspruch durch die Nachbarn, die ihren Zugang zur Furt in der Rur gefährdet sahen, beschränkte sich die erteilte Konzession auf ein relativ schmale Holzbrücke als direkte Verbindung zwischen dem Vorplatz des Roten Hauses und dem Tuchschererhaus. Da im Erdgeschoß des Tuchschererhauses bereits mehrere Türöffnungen zum Laufenbach vorgesehen waren mußte dem Haus zu dieser Seite eine Galerie vorgelagert werden.

Das Tuchschererhaus ist ein viergeschossiger Bau mit Bohlenbinderdach. Die beiden unteren Geschosse sind in geschlämmten Bruchsteinmauerwerk, die beiden Obergeschosse in verschiefertem Fachwerk ausgeführt. Das erste Obergeschoß ist als niedrigeres Zwischengeschoß ausgebildet. Die Fenster sind stichbogig und im 1. OG annähernd quadratisch. Das Dachgeschoß mit seiner raumökonomischen Bohlenbinderkonstruktion wird durch eine dichte Reihe Dachgauben belichtet. Die mittlere Gaube zum Laufenbach ist als größer dimensioniert und diente wohl mit Kranbalken zum Transport der Lasten in den Dachraum. Die Traufseite zum Laufenbach zeigt in den Ankersplinten die Anfangsbuchstaben der Erbauer des Hauses: SRR & Co = Scheibler, Ronstorff, Rahlenbeck & Co.

Das Haus hat eine sehr lebendige Nutzungsgeschichte erlebt. 1839 bis 1883 wurde es durch die Firma J. H. Elbers als Spinnerei genutzt. Wie die Spinnmaschinen in dem Gebäude standen und wie sie angetrieben wurden ist unbekannt. 1883 erwarb die Stadt Monschau das Haus und richtete hier Wohnungen ein. 1886 bis 1931 war im Erdgeschoß die Reichspost untergebracht und danach war hier in Verbindung mit dem Haus zum Pelikan das Heimatmuseum eingerichtet. 1933/44 saß in dem Gebäude die Kreisleitung der NSDAP während 1943 im Erdgeschoß ein Kino eingerichtet wurde, das auch nach dem Krieg dort blieb. In der Besatzungszeit wurde das Haus nach 1945 durch die Engländer genutzt. Im Obergeschoß war später das Kreisgesundheitsamt und ein Notariat.1993 bis 95 wurde der Bau durch die Landesentwicklungsgesellschaft umgebaut mit Sozialwohnungen in den Obergeschossen und einem Laden im Erdgeschoß. Probleme mit dem Brand- und Schallschutz führten zu verringerten Geschoßhöhen. Bei dieser Vielzahl unterschiedlicher Nutzungen wird im Inneren des Hauses nur noch wenig industriegeschichtlich relevante Restsubstanz sein. Trotzdem ist die bauliche Hülle als Teil des Stadtbildes und im Zusammenspiel mit dem Roten Haus auch industriegeschichtlich von Bedeutung.