Siedlung Glashütte Germania
Köln, Bahnhofstraße | Concordiaplatz | Germaniastraße | Glasstraße



1899 beschloss die in Brüssel ansässige „Société Anonyme des Glaces Nationales Belges“, die seit 1891 eine bedeutende Flachglashütte in Saint Roch Auvelais bei Charleroi betrieb, eine Großinvestition, um das Unternehmen auf dem deutschen Markt zu etablieren. In dem neuen Werk wurden Produktionskapazitäten geschaffen, die der gesamten deutschen Flach- bzw. Spiegelglasproduktion entsprachen. Angesichts der nationalistischen Vorbehalte in Deutschland gegenüber frankophonen Unternehmen entschied man sich für den Firmennamen „Spiegelglaswerke Germania“. Die ersten 200 Facharbeiter kamen mit ihren Familien überwiegend aus Belgien. In Kombination von aufwändiger Handarbeit und zahlreichen Maschinen – insgesamt kamen 3.000 PS zum Einsatz – wurde 1905 die gigantische Menge von 325.000 qm poliertem Flach- bzw. Spiegelglas hergestellt.

Die einheitlich geplante Werksanlage mit Verwaltung, Kasino, Direktorenvilla und Wohnhäusern für Angestellte und Arbeiter ist einmalig in Köln. Von der Bahnhofstraße zwischen Urbach und Porz führen zwei parallele, ehemals werkseigene Straßen nach Süden zum Concordiaplatz. An dessen Längsseiten stehen sich der ursprüngliche Werkseingang, flankiert von Verwaltungsgebäude und Kasino, und die Wohnhäuser der leitenden Angestellten gegenüber. An der östlichen Schmalseite liegt in einem großen Park die Direktorenvilla. Unmittelbar an der Bahnhofstraße befand sich eine werkseigene Schule für die Kinder der Arbeiterfamilien. Die Reihenhäuser entlang der Glasstraße entspringen belgischen bzw. nordfranzösischen Traditionen, für den deutschen Werkssiedlungsbau jener Zeit waren sie ungewöhnlich, denn sie galten als schlecht mit Licht und Luft versorgt.

In den 1970er Jahren wurde die Zeile der Arbeiterreihen- und Beamtenhäuser auf der westlichen Seite der Glasstraße für eine neue Produktionsanlage abgebrochen. Heute stehen hier neue Wohnbauten. In den 1980er Jahren erwarben Einzeleigentümer die Häuser der Werkssiedlung. Der Erfolg der Glashütte Germania zog weitere Betriebe der Branche nach Porz, die bis heute einen wichtigen lokalen Wirtschaftszweig bilden. Die ehemaligen Spiegelglaswerke gehören heute zum französischen Konzern Saint-Gobain.

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