Maschinenfabrik Humboldt
Kleiner Maschinenbau Hallen 75, 76, 77


Falk Krüger
Maschinenfabrik Humboldt - Kleiner Maschinenbau (Hallen 75, 76, 77)


Der Hallenkomplex (Halle 75-77 der KHD) wird im Osten von der Neuerburgstraße und im Süden von der Dillenburgerstraße begrenzt. Dieses Gebiet gehörte zum ersten Ausbauabschnitt der Dillenburgerstraße und vollzog sich ab den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts. Als ehemaliger Kirchweg (von Vingst nach St. Urban in Deutz) verlief die Dillenburger Straße entlang der südlichen Stadtgrenze von Kalk. Die heterogene Bebauung und die wechselnden Straßenbreiten lassen noch heute die besondere Grenzlage zwischen Kalk und Deutz (bzw. Köln) erkennen. In den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts wurde der Straßenabschnitt zwischen Rolshover Straße und Trimbornstraße dem Gelände der KHD zugeschlagen.

eisenhuette
Gesamtansicht der Hallen 75, 76 und 77
Als erste von den drei giebelseitig miteinander verbundenen Hallen entstand die Halle 77 im Jahre 1901. Ihr folgten 5 Jahre später die beiden anderen Hallen 76 und 75.


Man fragt sich heute, warum der Komplex nicht direkt an der Dillenburger Straße beginnt, sondern nach Norden hin zurückgesetzt ist. Wenn man sich den alten Firmenplan ansieht, kann man auf dem freigehaltenen Platz ein Gebäude erkennen. Dieses wurde höchstwahrscheinlich im Krieg zerstört und nicht wieder aufgebaut. Die Entwicklung vollzog sich von der Dillenburger Straße ausgehend, wo sich auch die Hauptverwaltung der Maschinenbau AG Humboldt befand, in Richtung Kalker Hauptstraße. Während auf der Südseite der Dillenburger Straße Erweiterungen in den Zwischenräumen von bereits existierenden Werkhallen von Statten ging, trifft man hier, auf der Nordseite, auf ein Hintereinanderschalten. Durch dieses Erweiterungsprinzip entstand so eine 180 m lange Anlage.


Die dominierende Halle 76, die einer dreigeschossigen Fassadengliederung unterliegt, ist für ihre Zeit ein sehr moderner Bau. Die Wandflächen bestehen aus einer Stahlfachwerkkonstruktion, in die großformatige Fenster und Mauerwerksausfachungen einge¬fügt sind. Alle Elemente sind vorproduziert.


Die Halle wird von den flankierenden Bauten (Halle 75 und 77) gerahmt. Beide weisen einen basilikalen Querschnitt auf, wobei die Seitenschiffe eingeschossig sind. Ihre architektonische Ausführung lebt von den stark gegliederten Mauerwerkswänden, in denen paarweise Segmentbogenfenster sitzen.


eisenhuette
Die Krankonstruktion vor der Westfassade
Die Krankonstruktionen auf der Westseite legen sich als zweite Schicht vor die Fassaden. Sie erzählen von der einstigen Bestimmung der Gebäude und tragen zu einem vereinheitlichenden Erscheinungsbild bei.


Die Halle 75 diente zuerst als Lehrwerkstatt; später wurden hier Schaltschränke produziert. In der Halle 76 fand Grobmechanik statt. Alle Hallen weisen aufgrund ihrer Funktion als Montagehallen für den Stahlbau sehr stark ausgebildete Fußböden (bis 1 m dicke Betonplatte) auf. In allen drei Hallen wurden während des Zweiten Weltkrieges Rüstungsprogramme durchgeführt.


Von der Halle 77 weiß man, dass sie im Krieg abgerissen, aber dann wieder aufgebaut wurde. Die Giebelfront zur Dillenburger Straße wurde dabei verändert. Man vermutet, dass sie ähnlich, wie bei der Halle 75, ausgeführt war. Nun folgt sie in ihrem Erscheinungsbild eher der Stahlfachwerkkonstruktion der Halle 76.



Umnutzung

eisenhuette
Innenansicht der Halle 76
In der Halle 76 fanden seit 1992 Ausstellungen statt, die das Museum Ludwig organisierte. Für diese Nutzung existiert auch eine Umbauplanung. Für das Kölner Schauspiel eignete sich der Hallenkomplex als Probebühne. Für ein Gastspiel in Tokio wurde im Jahre 1993 in der Halle 76 die "Dreigroschenoper" eingeübt. In der Halle 75 stellte man Container auf, die sämtliche Funktionen wie Maske, Sanitäre Einrichtungen, aufnahmen.


eisenhuette
Der Zuschauerbereich von der Bühne aus gesehen
Im gleichen Jahr entschied man sich, die Halle 75 als dritte Spielstätte des Schauspiels Köln nutzbar zu machen. In einer Zusammenarbeit mit dem Lehrgebiet Innenraumgestaltung Ausbaukonstruktion (Prof. Dr. Ing. Huth) der Architekturfakultät an der Fachhochschule Köln wurde der Umbau geplant und 1993 von einer werksinternen Firma der KHD ausgeführt. Es standen 1 Mio. DM (Spende) zur Verfügung. Nach der Fertigstellung wurde im September 1994 Premiere gefeiert. Die neue Spielstätte wurde mit einer 10m hohen Betonplastik von Alfred Hrdlicka eingeweiht, die gleichzeitig als Bühnenbild des Theaterstücks "King Lia" (YIJ. Shakespeare) diente. Man bediente sich auch schon einmal mit den Räumlichkeiten von nebenan, der Halle 76. Auf Fotos kann man die Vorbereitung für eine Vorführung sehen, die sich auf einem eigens angefertigten Golfplatz abspielen sollte. Die Zuschauer waren damals in die Handlung mit einbezogen, in dem sie als umherziehendes Golfpublikum dem Stück folgte.


Wie schon erwähnt, sind die Fußböden der Hallen aufgrund ihrer vorhergehenden Nutzung sehr stark ausgebildet. So kann man ungewöhnliche Aktionen (Einsatz von "echtem" Feuer, das 25 t schwere Bühnenbild bei "King Lia") realisieren, die in einem herkömmlichen Theater nicht möglich sind.


Die Halle 75 ist auf ihrer Westseite 41,38 m lang und auf ihrer Nordseite 29,90 m breit und hat einen basilikalen Querschnitt. Beide Längsseiten sind regelmäßig durchfenstert, wobei im Westen größere Öffnungen vorhanden sind. Die Lasten, die sich vom Mittelschiff ergeben, werden auf Stahlstützen abgeleitet. Die Seitenschiffe sind mit Glasdächern bestückt. An den Seiten befan¬den sich zwei große Öffnungen, die der Anlieferung bzw. der Abholung der fertig gestellten Waren dienten. Am Eingang auf der Westseite des Gebäudes befand sich die Poststelle. Außerdem gab es über zwei große Öffnungen in der Giebelfront im Süden eine Verbindung mit der Halle 76. In den beiden Seitenschiffen gab es feste Einbauten. Auf der Ostseite diente sie wahrscheinlich als Büro- oder Koordinationsfläche. Die kleinere Ausführung auf der Westseiter war ein Farblager. Ansonsten war der Hallenraum offen. Die räumliche Unterteilung, die durch die Stützenlinie markiert ist, unterteilte die verschiedenen Arbeitsbereiche. Die Nutzung der Halle variierte je nach Produktionsbedarf. Wie schon erwähnt diente der Bau zuerst als Lehrwerkstatt. Danach wurden Schaltschränke gefertigt. Der vorgelegte Plan zeigt den Zustand, als die Halle als Endstück einer Produktionsstraße diente: Warenkontrolle und Abholung. Diese flexible Nutzung kann nur durch den weiten offenen Hallenraum gegeben werden. Die Tragstruktur wird in Stützen aufgelöst. Einbauten beschrän¬ken sich auf das Notwendigste. Die Wandflächen sind sehr stark durchfenstert. Das erhöhte Mittelschiff mit den Öffnungen in den Obergaden und die Oberlichter in den Seitenschiffen lassen viel Licht in die Halle, das für das Arbeiten ja ungemein wichtig war.


Die Außenwände der dreischiffigen Halle bestehen aus tragendem Sichtmauerwerk. Die Längswände der Seitenschiffe sind befenstert. Auf der Ostseite kann man die Fassadengliederung noch sehr gut ablesen. Pilaster zeichnen die Achsen nach, verweisen auf die innere Tragstruktur und bilden einzelne Felder, in dem jeweils zwei hochformatige Fenster paarig angeordnet sind. Diese werden jeweils durch einen scheitrechten Bogen abgeschlossen. Die Fensterachsen unterstreichen die Vertikalordnung. Eine horizontale Gliederung wird durch eine Sockelzone, einen zwischen den Pilastern sitzenden Fries und eine Dachgesimszone erreicht. Der Sockel sitzt einen Stein vor der Fenster- und Pilasterebene. Eine Rollschicht, die eine Mörtelabdeckung hat, betont noch ein¬mal diese Kante. Die formale Unterscheidung zwischen Pilaster und Feld kommt nicht nur im Wechsel des Steinmaterials zum Ausdruck, sondern auch in der Mauertechnik: Kreuzverband in den Pilastern und Blockverband in den Feldern. Zudem weisen die Steine der Pilaster einen glatteren Spiegel auf als die Backsteine in den Feldflächen.


Sehr charakteristisch ist das elementhafte Erscheinungsbild der Fassade. Ein Modul wird durch die zwei Fenster, den Fries, die rahmenden Mauervorsprünge und einem Materialwechsel bestimmt. Je nach Längenbedarf (durch Produktion bestimmt) werden diese aneinanderaddiert. Die Fassade spiegelt so das Innere, eine industrielle Fertigung, wieder. Die Wechsel von roten und gelben Ziegelsteinen betonen noch einmal die verschiedenen Elemente. Die Fenster müssen einmal vergittert gewesen sein; abgetrennte Stahlanker (jeweils beidseitig vier Stück) lassen dies vermuten. Die Fassade wurde nicht gereinigt. In Höhe der Fensterbänke trifft man auf eine neue Verfugung.


In neuerer Zeit wurden gröbere Veränderungen an der Fassade vorgenommen. Ein großes Tor nimmt ein gesamtes Feld der Fassade ein. Für das Theater erfüllt es Anlieferungs- und Fluchtwegfunktionen. Es ist ein schwerwiegen¬der Eingriff. Bausubstanz wurde unwiederbring¬lich zerstört. Da aber keine größeren Öffnungen vorhanden waren, die man einst benötigte und die heute für ein Funktionieren eines Theaterbetriebes erforderlich sind, blieb nur diese Möglichkeit: Ein Modul (Doppelfenster) durch ein anderes Modul (Tor) auszutauschen. Das statische System und die Ablesbarkeit der Gesamtstruktur wurden dabei nicht beeinträchtigt.


Ein Stahlträger fängt die vertikalen Lasten ab. Ein kleiner, an ihm befestigter Schwenkarm, lässt vermuten, dass diese Öffnung noch zu Produktionszeiten als Anlieferungsort diente. Auf der rechten Seite des Tores sind noch die alten Fenster vorhanden. Gezogene Stahlprofile unterteilen die Einscheibenverglasung in 3x6 Quadrate. Im oberen Drittel kann man einzelne Fenster durch einen Klappmechanismus öffnen. Die Leibungen sowie die ehemals steinsichtigen Fensterbänke sind nachträglich verputzt worden. Vermutlich diente dies dem konstruktiven Wetterschutz. Man hätte aber durchaus darauf verzichten können. Die feine Fassadengliederung wird durch die unterschiedlichen Möglichkeiten mit Backstein zu arbeiten (Material, Verarbeitung), erreicht. Dies ist ein Charakteristikum an dem Bau, und die verputzten Bereiche stören die Einfachheit. Als Kompromiss hätte man nur die horizontalen, vom Regenwasser beeinträchtigten Flächen (Oberseite Fensterbank, Rollschicht Sockel) mit einer Putzabdeckung versehen können.


Linksseitig des Tores wurden vier Felder mit je zwei neuen Holzfenstern bestückt, da hier beheizte Aufenthalts- und Büroräume vorgesehen waren. Man verzichtete auf eine aufwendige Unterteilung. Lediglich im oberen Drittel findet eine Gliederung durch eine Quersprosse statt. Wie bei den originalen Fenstern ist dieser Bereich öffenbar. Bei der Farbgebung der Rahmen wählte man in etwa den gleichen Grünton, wie er beim Stahlträger des Tores und den übrigen Stahlkonstruktionen der Halle 76 zu finden ist.


eisenhuette
Außenansicht der Halle 75
Die Halle 75 folgt einem basilikalen Querschnitt wobei die Seitenschiffe eingeschossig und das Mittelschiff zweigeschossig ausgebildet sind. Pilaster strukturieren die Nordfassade vertikal. Sie ziehen sich im Mittelbereich über beide Geschosse und fassen sie somit zusammen. Eckpilaster mit einem fein strukturierten Pfeileraufsatz (der nur noch auf der Ostseite vorhanden ist) rahmen die Giebelfront. Die umlaufende Sockelzone gibt den unteren Abschluss.


Der obere Gesimsabschluss der Seitenschiffe folgt schräg zur Traufe laufend der Dachneigung. Der horizontale Abschluss des Mittelschiffes zeichnet geometrisierend den bogenförmigen Querschnitt des Daches nach.


Das Motiv der zwischen Pilastern sitzenden Doppelfenster zieht sich in der Erdgeschosszone der Giebelseite durch, wobei im Bereich des Mittelschiffes drei Paare und in den Seitenschiffen jeweils ein Fensterpaar angeordnet sind. In der zweiten Geschoßebene ist in den drei Feldern jeweils eine Öffnung angeordnet. Auf einem historischen Foto ist erkennbar, dass es sich hierbei um Rundbogenfenster handelt. Sie sitzen auf einer horizontalen Gesimskante, die sich in der gan¬zen Breite zwischen den Mauervorsprüngen erstreckt.


Alle Öffnungen im Mittelbereich sind nachträglich durch Stahlplatten mit davor gesetzten Gitterelementen verschlossen worden. Die Abdeckungen waren ehemalige Schalttafeln, die in der Halle 75 gefunden worden sind. Das Theater muss zum einen vollständig verdunkelt werden können; zum anderen wollte man den Hallencharakter (mit entsprechendem Giebelabschluss) im Innenraum erlebbar machen. Das Publikum sollte nicht das Gefühl haben, in einer "Black Box" zu sitzen, sondern in der Halle Kalk. Mit den verdunkelnden Maßnahmen von außen gelang es, die Fenster mit den belassenen Scheiben im Innern zu zeigen. Man hätte aber die Öffnungen von außen ablesbar machen können, indem man die Stahlplatten in die Fassade setzt und nicht davor.


Die zugemauerten Bereiche stammen aus der Zeit vor dem Umbau. Sichtbar sind zwei Türen an den Seiten, die sicherlich anfangs nicht vorgesehen waren. Die Zugänge befanden sich an den Längsseiten der Halle. Die Neuplanung sah im Giebelbereich keine Türöffnungen mehr vor und griff somit das ursprüngliche Durchwegungsprinzip wieder auf. Heizungs- und Wasserrohre ziehen sich über die gesamte Fassade, einschließlich über die Neuerburgstraße, bis auf das gegenüberliegende Grundstück.


Einst war die Halle an ein firmeneigenes Wärmewerk angeschlossen. Nachdem es abgeschaltet worden war, wurde auf der Westseite ein Heizcontainer aufgestellt, der heute für warme Luft im Innern sorgt. Im Gegensatz zur Ostfassade sind die Fenster großformatige Einzelöffnungen, die in ihrer Rechtwinkligkeit eine ähnliche Sprache sprechen wie die der Nachbarhalle 76. Gut sichtbar ist das erhöhte Mittelschiff. Es handelt sich hierbei um eine Stahlkonstruktion, die mit halbstei¬nigen Mauerwerk ausgemauert ist. Jedes Konstruktionsfeld hat ein mittig angeordnetes, nahezu quadratisches Fenster. Auf den Seitenschiffen liegen schmale walmdachähnliche Oberlichter, die innerhalb eines Konstruktionsfeldes liegen.


Im Bereich der Halle 75 befinden sich der Bühneneingang und die Anlieferungszone. Als man sich damals entschied, den Hallenkomplex weiter als Spielstätte zu benutzen, stellte man die vorhanden Container nach draußen und kaufte zusätzliche dazu. Sie bilden heute die Künstlergarderobe. Das Publikum muss bei jeder Vorführung am Künstlerbereich vorbeige-hen und wird somit auf die improvisierte Situation eingestimmt.


Sehr augenfällig ist das große Falttor, was zum Bestand gehört. Heute wie damals dient dieser Bereich der Anlieferung. Für die besonderen Anforderungen einer Versammlungsstätte stellen dieses Tor und sein Gegenüber auf der Ostseite die erforderlichen beiden Fluchtwege bereit.


Wie schon erwähnt legt sich eine Krankonstruktion als eine weitere Schicht vor die Gebäude. Der Eingangsbereich (Halle 76) wird durch die Position des beweglichen Teils des Kranes markiert und in Szene gesetzt.



Innere Organisation

Die Organisation des Theaters lässt sich von der Raumstruktur der Halle Kalk leiten. In den Bereichen der Seitenschiffe befinden sich der technische Betrieb und in der dominierenden Mittelzone die Spiel- und Zuschauerbereiche.


Vielleicht durch einen bestehenden massiven Einbau im östlichen Seitenschiff motiviert, wurde eine feuerhemmende Mauerwerkswand aus Kalksandstein im Abstand von ca. 2 m vor die Fassade auf beiden Seiten der Halle gestellt. Sie soll störende akustische Einflüsse von außen verhindern. Auch erhoffte man sich einen verbesserten Wärmeschutz, ohne die Fassadengestaltung zu verändern. Aber in erster Linie dient dieser Zwischenraum als Funktionsgang, über den alle Bereiche der Spielfläche erreicht werden können. Vielleicht hätte diese Ummauerung auch aus einer leichteren Holz- oder Stahlständerkonstruktion mit feuerhemmenden Beplankungen bestehen können.


Die Publikumsfläche ist kein fester Einbau, sondern eine auf Rollen fahrbare Stahlkonstruktion. Ihre Ausrichtung zum Bühnenbereich ist leicht veränderbar. Experimentelles Theater (z.B. Zuschauer fahren während der Vorstellung aufeinander zu, Lage der Bühne verändert sich, usw.) lässt sich sehr gut mit denkmalpflegerischen Ansprüchen vereinbaren.


Die innere Tragstruktur ist eine genietete Bogenfachwerkkonstruktion, wobei die einzelnen Elemente mit Schrauben vor Ort zusammengefügt worden sind. Sie besteht aus mehrteiligen Stützen, die sich in Dachhöhe der Seitenschiffe baumartig verzweigen. Damit werden die Spannweite der den Obergarden tragenden Längsträger verkürzt und aussteifende Ecken gebildet.


Wie schon im Außenbereich sichtbar besteht der Obergarden aus einer Stahlständerkonstruktion auf der elf Dachbinder liegen. Sie trugen einst ein Welleternitdach, das durch eine wärmegedämmte Trapezblechkonstruktion mit besplitterter Bitumenpappe ersetzt worden ist. Das neue Dach hat schalltechnisch günstigere Eigenschaften als die frühere Konstruktion. Dies ist natürlich von Vorteil, wenn man bedenkt, dass sich in direkter Nachbarschaft neue Wohnbebauung befindet.


Das gesamte Stahlgerüst der Hallenkonstruktion konnte erhalten bleiben. Sie wurde von einem Prüfstatiker abgenommen. Ein schaumbildender Brandschutzanstrich (F30) kann nahezu das frühere Erscheinungsbild wahren.


Die Giebelwand bildet sich im Innenraum ab. Die sichtbaren Fenster wurden von außen verdunkelt. Bei günstigem Kunstlichteinfall kommt die Struktur der Wand sehr schön zur Geltung. Es ist positiv zu bemerken, dass die Architekturen selbst als Kulisse dienen. Die Seitenschiffe haben in Längsrichtung gespannte Betondächer, die auf Stahlträgern zwischen den Innenstützen und der Außenwand liegen. Die von außen sichtbaren Oberlichter sind im Innenraum nicht mehr erlebbar. Zum einen möchte man den Theaterraum dunkel halten; zum anderen handelt sich es bei den Oberlichtern um hinterlüftete Konstruktionen. Die Dachfläche war ursprünglich nicht wärmegedämmt. So entschloss man sich, Dämmplatten von innen anzubringen, die nun auch die Öffnungen verdunkelten.


In die Dachbinder wurden Dreieckstraversen eingeschoben. An ihnen ist die gesamte Lichttechnik angebracht. Sehr schön ist, dass man einen Einblick in den gesamten Konstruktionsbereich und auf die Unterseite der Trapezbleche hat. In anderen Theatern wirkt das "Technikdach", was über den Zuschauern schwebt sehr schwer. Hier hat es eine gewisse Leichtigkeit.


Die Fenster des Obergaden sind erhalten geblieben. Um auch in diesem Bereich den Wärmeschutz zu erhöhen, wurde raumseitig eine Dämmschale angebracht. Die Fensteröffnungen können durch wärmedämmende Klappflügel verdunkelt werden.


Die Anforderungen an den Brandschutz werden durch Installationen von Wandhydranten, Sicherheitsbeleuchtungen und Brandmeldern, eine ständig besetzten Raum mit Brandmeldezentrale und dem geltenden Rauchverbot gewährleistet. Vor jeder größeren Aufführung gibt es einen Rundgang mit den zuständigen Behörden.


Ein kleiner bitterer Beigeschmack ergibt sich, wenn man bedenkt, dass die ehemalige Montagehalle ein lichtdurchfluteter Raum gewesen ist. Der ganze konstruktive Aufwand des Obergadens und die Anstrengung, die Fensterflächen möglichst groß zu gestalten stehen im Widerspruch zu den Verdunklungsmaßnahmen.


Ein Theater benötigt einen neutralen Raum, um alles möglich machen zu können. Hätten nicht eher flexible Verdunklungselemente einsetzen werden können? Für manche Aufführungen könnte gerade dieser lichtdurchflutete Raum ein wichtiges Bühnenbildelement sein.



Technische Ausstattung

Zur Ausstattung der Halle 75 gehörte auch eine Krananlage, die längs an der Stahlkonstruktion bewegt werden kann. Sie wird heute wieder benutzt, und der technische Direkter des Schauspiels Köln hob die Wichtigkeit dieses Elementes hervor. Für den technischen Ablauf werden keine so genannten Catwalks benötigt, um an alle technischen Einrichtungen heran zu kommen. Der Kran kann zu allen Stellen der Halle bewegt werden, um Lautsprecher und Scheinwerfer für die nächste Aufführung herzurichten. Die erforderliche Umbauzeit ist dadurch sehr minimiert und von großem Vorteil. Außerdem kann die Krananlage während eines Schauspiels bühnenbildtechnische Aufgaben übernehmen. Nachdem die KHD ihr Heizwerk abgestellt hat, schaffte man eine neue Warmluftanlage an. Die umlaufenden Rohre dafür liegen jeweils hinter der Stützenebene unter dem Dach der Seitenschiffe und legen sich im Bereich des Giebels vor die Wand. Im abgedunkelten Zustand nimmt man diese System kaum wahr. Wenn der Raum hell erleuchtet ist, wirkt das 50 cm durchmessende Rohr vor der Giebelfassade störend.


Je ein drehbar gelagerter Lüfterausgang belegt ein Konstruktionsfeld. Sämtliche Kabel liegen in der Konstruktion der Halle. Bühnentechniker wünschen sich dafür aber eine dauerhaftere Lösung, da Störgeräusche nicht zu vermeiden sind. Lautsprecher sind ebenfalls von der Bogenkonstruktion abgehängt. Wie das Stahlgerüst für weitere Installationen in Beschlag genommen wird, versprüht einen eigenen Charme.



Containerdorf

Die Westseite des Gebäudes zeigt ein ganz anderes Bild als ihr Gegenüber. Es wird durch das „Containerdorf“ der Künstlergarderobe, den vorgestellten Heiz- und Schaltelementen und dem im Bereich der Halle 76 befindlichen Haupteingang bestimmt. Von der Halle 75 ist recht wenig zu sehen.


„Containerdorf“ und Künstlergarderobe machen das Improvisierte der ganzen Umnutzungslösung am deutlichsten. Der technische Direktor des Kölner Schauspiels bezeichnete einmal die Situation der "Halle Kalk" als "aktive Duldung". Es hat niemals eine Endabnahme durch die untere Bauaufsichtsbehörde gegeben. Die ehemalige Fabrikhalle ist nur provisorisch für den Theaterbetrieb eingerichtet. So konnte doch sehr viel vom ursprünglichen Hallencharakter erhalten bleiben. Alle getroffenen Maßnahmen sind größtenteils reversibel.


(Gekürzte und bearbeitete Fassung einer Semesterarbeit im Lehrgebiet Denkmalpflege RWTH Aachen 2006.)