Felten & Guilleaume | Carlswerk-Drahtzug I | II
Köln, Schanzenstraße (heute Drahtwerk Köln)
In dem 1873 | 74 entstandenen Gebäude waren ursprünglich alle Funktionen der Produktion im Carlswerk untergebracht. Nach einer 1873 von Jean Wüst gezeichneten
Werksansicht, hatte die Halle zur Schanzenstraße eine Schauseite mit 7 Achsen. Über den drei Mittelachsen gab es zwei übereinander angeordnete Schriftfelder
mit den Inschriften „Carlswerk“ im oberen und „Drahtseilerei von Felten & Guilleaume“ im unteren Feld. Die hinter dem Schaugiebel befindlichen Werkshallen
waren Shedkonstruktionen mit Gusseisensäulen und hölzernem Dachwerk.
Nach Westen zur vorbeiführenden Schanzenstraße gelegen, waren hinter dem Schaugiebel Drahtseilerei und Kabelfabrik angeordnet. Direkt dahinter lag, auf
niedrigerem Niveau die 400 PS Dampfmaschine, mit drei ineinander greifenden Zahnrädern. Maschinenhalle und das benachbarte Kesselhaus waren quer, in Nord-
Südrichtung ausgerichtet und das Kesselhaus mit vier Giebelfeldern in der Nordansicht hervorgehoben. Daneben ragte der Schornstein hervor. Mit der
Dampfmaschine wurden in dem östlich folgenden „Drahtzug“ über lange Wellen die Ziehbänke angetrieben. Der Drahtzug war wie die anschließende Verzinkerei in
einer Gruppe von Querhallen untergebracht. Direkt benachbart war die Glüherei mit den Drahtglühöfen, Wärmöfen und Beize. Noch einmal wie das Kesselhaus durch
Quergiebel hervorgehoben lag am östlichen Ende der Anlage die „Patentierung“ zum Härten und Anlassen der Gussdrahtstähle.
Mit dem Ausbau der Werksanlagen wurden mehrere Funktionen aus dem Gründungsbau in neue Hallen verlagert. Bis zuletzt blieben in dem Gebäude die Anlagen der
Drahtzieherei wobei der westliche Hallenteil als Drahtzug I und der östliche Hallenteil Drahtzug II bezeichnet wurde. Die Grenze lag und liegt etwa auf Höhe
der ehemaligen Hallen für Patentierung (Härtung) und Verzinkerei. Diese beiden Hallen wurden 1912 durch eine neue Querhalle in ganzer Hallenbreite ersetzt.
Östlich davon erstrecken sich die Hallen des Drahtzugs II.
In der rezenten Halle sind aus dem Gründungsbau noch der Westgiebel und in Teilen die nördliche Traufwand erhalten. Der zweigeschossig aufgebaute, 7-achsige
Westgiebel besteht im Erdgeschoß aus großen rundbogigen Blendnischen, mit denen jeweils zwei Rundbogenfenster zusammengefasst wurden. Mit zwei rundbogigen
Toren öffnete sich die Fassade zum vorgelagerten Werkshof. Tore und Fenster sind weitgehend zugemauert. Anstelle des nördlichen Tores befindet sich heute
eine große Rechtecköffnung mit Rolltor. In der nördlichen Achse sind zwei Metallsprossenfenster erhalten. Über einem Horizontalgesims befinden sich im
oberen Geschoß Drillings-Blendfenster. Die Achsen werden jeweils gerahmt durch Wandvorlagen und Rundbogenfriese als obere Abschlüsse. Das untere der beiden
geputzten Mittelfelder für die erwähnten Inschriften ist erhalten geblieben. Schwach erkennbar ist hier noch die Inschrift: „Draht-Seilerei von Felten &
Guilleaume“. Die nördliche Trauffassade wird geprägt von großen Rundbogenfenstern. In vielen Öffnungen sind die Metallsprossenfenster mit strahlenförmig
angeordneten Sprossen im Rundbogen noch erhalten.
Die Halle des Drahtzug I wurde 1949 nach Kriegsschäden erneuert. Die dreischiffige Halle wird überspannt von genieteten Stahlbindern mit Streben- und
Ständerfachwerk. Die beiden nördlichen Schiffe werden belichtet mit hohen Belichtungsraupen über dem First, während das dritte Hallenschiff querliegende
Belichtungsraupen trägt. Die Dachbinder werden getragen von Ständern in Vollwandbauweise. Dieser Hallenbereich wird seit spätestes 1946 nur noch als
Drahtlager genutzt. Die eigentliche Drahtzughalle I wurde 1958 in Stahlbetonkonstruktion erneuert.
Giebel der Querhalle von 1912. Foto 2006
Die über die ganze Hallenbreite sich erstreckende Querhalle von 1912 zwischen Drahtzug I und Drahtzug II stellt sich in der Nordfassade als dreischiffiger
Giebel dar, mit Drillingsfenstern im Giebeldreieck und stufenförmigen Friesen an den Ortgängen. Die Halle wird überspannt von genieteten Stahlbindern nach
Art der Polonceau-Wiegmann Konstruktionen. Im Firstbereich wird die Halle über ein breites Oberlicht mit seitlichen Entlüftungsklappen belichtet. Die
Querhalle war ursprünglich durch Innenausbauten zweigeschossig genutzt mit Magazinräumen im Erdgeschoß und auf einem Galeriegeschoß Meisterbuden sowie Wasch-
und Umkleideräumen. Dieser Innenausbau ist verschwunden und wurde nach dem Zweiten Weltkrieg ersetzt durch zwei erhaltene kleinere Meisterbuden.
Der Drahtzug II besteht im Süden aus einer zweischiffigen Halle mit genieteten Polonceau-Bindern von 1912. Sie wird ergänzt durch eine dreischiffige Shedhalle
im Norden mit großen Rundbogenfenstern in der Nordfassade. Die Öffnungen sind teilweise zugesetzt; teilweise sind die gewalzten Metallsprossenfenstern
erhalten. Diese Shedhalle diente mit 13 Beiz- und Kalkbütten, 18 Wärmöfen und 18 Pluschbäumen zum Beizen, Auswärmen und Reinigen des in der Nachbarhalle
gezogenen Drahtes. Die Dachbinder der Shedhalle wurden 1962 mit Rohrprofilen erneuert. (Walter Buschmann)