Die Architektur der Gebäude wird geprägt durch fassadengliedernde Wandvorlagen, die unter Ortgängen und Traufen mit dreifach gestuften Backsteinfriesen verbunden sind. Die schlank-hochrechteckigen Fenster sind in den zurückliegenden Wandfeldern drillingsweise zusammengefasst. Bei der Lokomotivhalle werden die Fenster zusätzlich durch horizontale Betonstöcke zusammengebunden und unterteilt. In den Öffnungen sind überwiegend noch die kleinteiligen Metallsprossenfenster erhalten. Die Hallen werden jeweils überspannt von genieteten Stahlbindern mit Streben- und Ständerfachwerk. In die Binder der fünfschiffigen Lokomotivhalle sind Belichtungsraupen über dem First integriert. Die Wagenhalle wird durch Belichtungsraupen zwischen den Bindern belichtet. Zur Ausstattung gehören die Arbeitsgruben, Stellgleise in beiden Hallen sowie Rauchfänge und Schiebebühne in der Lokomotivhalle.
Die betont einfach gehaltene Backsteinarchitektur gehört zur Reformbewegung im Jahrzehnt vor dem Ersten Weltkrieg, die als Sachlichkeit bezeichnet wird und mit Namen wie Peter Behrens, Wilhelm Kreis, Alfred Fischer und im weiteren Kontext Walter Gropius verbunden ist. Der Industriebau galt in jener Zeit als stilbildend, als Möglichkeit zur Herausbildung einer neuen Formensprache, deren Resultate wir heute unter dem Begriff der Klassischen Moderne bewundern. Bauten wie das Betriebswerk Nippes sind unverzichtbare Zeugnisse dafür, dass sich die Sachlichkeit in der Architektur nicht nur in einigen wenigen, immer wieder publizierten Hauptwerken materialisierte, sondern schon vor 1914 weite Verbreitung fand. Die Sachlichkeit der Vorkriegszeit bildete damit eine Basis für die Entwicklung in den 1920er Jahren.
Werkstattbauten haben seit Eröffnung der ersten deutschen Eisenbahn von Nürnberg nach Fürth immer eine bedeutende Rolle gespielt. Ohne regelmäßige Wartung hätte das kostspielige rollende Material schnell an Wert verloren, und die teilweise per Gesetz festgelegte Sicherheit des Bahnbetriebes hätte nicht gewährleistet werden können. Die Betriebswerke dienten zur täglichen Pflege der Fahrzeuge und hatten im Betriebsablauf neben den Haupt- und Nebenwerkstätten eine wichtige Funktion. Das Betriebswerk Nippes ist insofern von besonderem Rang, weil es noch nahezu den kompletten Bestand eines gemischten Betriebswerkes für Wagen- und Lokomotivwartung mit zwischengelagertem Werkstättentrakt zeigt. Von großem Wert ist die Bekohlungsanlage als Relikt, das eindeutig auf die Zeit der Dampflokomotiven hinweist.
Rheinisches Industriebahnmuseum
Literatur und Quellen
• Hans Beck, 100 Jahre Eisenbahndirektion Köln, Sonderdruck aus "Die Bundesbahn" 1981,
S. 201–240
• Hundert Jahre deutsche Eisenbahnen, hrsg. vom Reichsverkehrsministerium, Berlin 1938