Akkumulatorenfabrik Gottfried Hagen
Köln, Rolshover Str. 87 – 91
Texte und Dokumente
Kurztext: Alexander Kierdorf
Friedrich Keuthen: Akkumulatorenfabrik Gottfried Hagen. Semesterarbeit im Wintersemester 2004|05 am Lehrgebiet Denkmalpflege RWTH Aachen



Kurztext
1890 – 1905

Unmittelbar an der Rolshover Straße steht der um 1890 entstandene, dreigeschossige Werkstattbau, dessen Außenfassade durch Wechsel von rotem und gelbem Ziegel sowie Ornamentfliesen gestaltet ist. Der Bau ist ebenso umgenutzt wie der mehrgeschossige Hofbau um 1905 mit seinem neubarocken Eckportal. Am anderen Ende des im übrigen sanierten Geländes der ehemaligen Batteriefabrik hat sich ein wohl um 1910 entstandenes Fabrikgebäude mit Tordurchfahrt erhalten. Das einst offene, hallenartige Innere dieses Baus wurde in verschiedene, um einen von Galerien durchzogene Mittelzone gruppierte Arbeitsräume unterteilt. Änderungen der Fassade wurden bewußt als moderne Eingriffe vorgenommen.
Friedrich Keuthen
Akkumulatorenfabrik Gottfried Hagen


Lage im Stadtgebiet

Lageplan
Das Gelände der Fa. Gottfried Hagen liegt im rechtsrheinischen Kölner Stadtteil Humboldt-Gremberg, unmittelbar angrenzend an den Stadtteil Kalk und die ehemalige Chemiefabrik-Kalk (CFK), dem heutigen Technologie- und Industriepark Kalk-Süd. Wie das Hagen-Gelände befindet sich auch die weitere Umgebung des Rechtsrheinischen im Prozess von Umstrukturierung (Neunutzung von Industriebrachen) und Aufwertung (z.B. durch Neubauten von Kölnarena, Kölnarkaden, ICE- Terminal Deutz, neue Messe). Eingefasst wird das Gelände im Norden von der Gottfried-Hagen-Straße, im Osten von der Lüderichstraße, im Süden von der Odenwaldstraße und im Westen von der Rolshoverstraße.


Geschichte der Firma Hagen

1827 – Die Firma Hagen wird als Metallhandel in der Kölner Altstadt durch Franz-Joseph Hagen gegründet.

1839 – Gründung einer Fabrik für Bleirohre und Walzblei.

1884 – Herstellung von Akkumulatoren für eine Rotterdammer Elektrizitätsgesellschaft.

1890 – Die Produktion wird in die neu errichtete Fabrik in Humboldt-Gremberg verlegt. Der eigentliche Industriestandtort Kalk bietet nicht mehr ausreichend Flächen und so wählt man den benachbarten bisherigen Wohnstandort. Gottfried Hagen produziert und vertreibt Akkumulatoren in Eigenregie.

1900 – Errichtung eines eigenen Gummiwerks. Die Fa Hagen beschäftigt mittlerweile 400 Arbeiter und 50 verwaltende Angestellte.

1904 – Gründung einer Abteilung „Automobilwerke“, die Elektroautos herstellt. Aufgrund von Verlusten wird sie 1909 wieder aufgelöst.

Schaubild 1910
1922 – Umwandlung des Unternehmens in eine Aktiengesellschaft.

1945 – Wiederaufnahme des Betriebes nach umfangreichen Kriegsschäden.

1983 – Die Fa Hagen geht in Konkurs. Ein Teil der bestehenden Gebäude wird an kleinere Betriebe und Künstler vermietet. Eine Halle wird als Moschee genutzt.

1987 – Die LEG (Landesentwicklungs-Gesellschaft) erwirbt das Gelände mit 46 Gebäuden und 53 Mietverträgen.



Denkmäler

Kesselhaus
Bleigießerei an der Rolshover Str.. Foto 2005
Von den bestehenden 46 Gebäuden wird lediglich zweien der Denkmalstatus zugesprochen, dem Kesselhaus und der ehemaligen Bleigießerei.

Das Kesselhaus war die zentrale Energieversorgung für das Gesamte Hagen-Gelände und einzigartig im Kölner Stadtraum. Es handelte sich um einen Stahlfachwerkbau mit Mauerwerksausfachung, wenigen Fensterflächen und außen liegender Kranbahn. Aufgrund des Fehlens einer Nachfolgenutzung und zu hohen Erhaltungskosten wurde das Kesselhaus 1988 abgerissen.

Das Gebäude der Bleigießerei an der Rolshoverstraße ist mit seiner klar gegliederten Fassadenstruktur und der nüchternen Innengestaltung als ein typisch gründerzeitlicher Industriebau in die Denkmalliste eingetragen worden. Städtebauliches Argument war die Wirkung des Großbaus in Backstein als Akzent in der überwiegenden Putzbebauung der Umgebung. Seine Erhaltung sollte außerdem die Kontinuität des Standortes stärken. Die Unterschutzstellung erfolgte unter Protest der Nachlassverwaltung der Fa Hagen, die einen Abriss der gesamten Anlage anstrebte und sich nicht im Stande sah, den Erhaltungsaufwand für die Sanierungsbedürftigen Gebäude zu leisten. Die Argumentation auf dieser Seite war, dass die leergeräumte Halle den Prozess des Bleigießens nicht mehr dokumentiere, es besser erhaltene Backsteinfassaden von Industriegebäuden aus jener Zeit gäbe und die Industriebrache einen städtebaulichen Missstand darstelle.



Neues Nutzungskonzept

Im Jahr 1985 wurde durch die Stadt ein Bebauungsplan beschlossen, der im Wesentlichen folgende Ziele verfolgte:

- Sicherung der Fläche für nicht erheblich belästigendes Gewerbe, z.B. Schreinereien, Lackierereien, Kfz-Werkstätten.

- Haupterschließung von der Gottfried-Hagen-Straße aus, um weitere Verkehrsbelastung in der Rolshoverstraße zu vermeiden.

- Öffentliche Durchgängigkeit.

- Erhalt einiger Mehrgeschossiger Gebäude mit im vertretbaren Rahmen wieder nutzbarer Bausubstanz.

- Abriss der übrigen Bebauung zur Verringerung der Bebauungsdichte und zur Schaffung von zusätzlichen Neubauflächen.

- Ein 15 Meter breites Abstandsgrün zur Wohnbebauung der südlich angrenzenden Odenwaldstraße.

Bleigießerei an der Rolshoverstraße
Bleigießerei mit RTZ
Im Frühjahr 1991 legt die LEG ihr endgültiges Nutzungskonzept vor, das lediglich den Erhalt einer Gruppe von sechs Gebäuden oder Gebäudeteilen an der Rolshoverstraße vorsieht. Der Großteil des Bestandes wird abgerissen und die gewonnen Flächen für Neubauten zur Verfügung gestellt. Genutzt werden soll das Gelände durch eine Mischung aus Technologie- und Gewerbepark, Atelierhäusern und einem Arbeitsprojekt des Internationalen Bundes für Sozialarbeit (IB).

Die Gebäudegruppe an der Rolshoverstraße soll als Städtebauliche Einheit erhalten bleiben. Im Übrigen, markiert sie die einstige „Adresse“ und Hauptstraßenfront der Hagenwerke. Abweichend von diesem Nutzungskonzept wird außerdem eine Werkhalle an der Lüderichstraße durch einen privaten Investor saniert und mit Büroflächen neu belegt.

1995 sind alle Abrissarbeiten abgeschlossen und die Sanierungsarbeiten an den Altbauten beginnen. 1997 wird auf dem „Hagen-Campus“ mit den Bauarbeiten für das Rechtsrheinische Technologie-Zentrum (RTZ) und anschließend die Biofactory begonnen (Fertigstellung 2005). Des Weiteren entstehen mehrere Gebäude mit Büros und Werkstätten im südlichen Teil des Geländes.


Halle an der Lüderichstraße (ehemals Bleiverarbeitung)

Halle Lüderichstraße
Halle Lüderichstraße
Halle Lüderichstraße innen
Obwohl es sich nicht um ein eingetragenes Baudenkmal handelt, konnte eine alte Werkhalle an der Lüderichstraße erhalten werden. Ein privater Investor, hat das Gebäude, das sich in ein großes Mittelschiff mit Kranbahn und zwei niedrigere Seitenschiffe gliedert, in Eigenregie saniert und in Büroflächen umgewandelt. Als Nutzer sind dort heute z.B. Architekturbüros und Medienagenturen ansässig. Das Gebäude ist hochwertig und, trotz fehlendem Denkmalstatus, in einer Weise saniert worden, die seinem ursprünglichen industriellen Charakter gerecht wird. Die Erschließung befindet sich im Hauptschiff, das mit seinen Stahltreppen als filigrane Einbauten, und der historischen Kranbahn als besonderem Blickfang, den beeindruckenden Raum der Werkhalle nachvollziehbar macht.

In den Seitenschiffen wurden Geschossdecken eingezogen, so, dass nun auf insgesamt drei Ebenen Büros untergebracht sind. Türen und Fenster sind aus schlanken Stahlprofilen neu angefertigt worden und fügen sich stimmig in das industrielle Gesamterscheinungsbild ein. Als Zeitzeugen sind auch noch das Dachtragwerk aus Stahlfachwerkträgen mitsamt Holzunterdecke erhalten sowie das Tor einer ehemaligen Werkszufahrt und Schienen, die von der Werkseigenen Eisenbahn zeugen.









Verwaltung und Poststelle

Verwaltung
Verwaltung
Die ehemalige Poststelle sowie ein dreigeschossiger Verwaltungsbau an der Rolshoverstraße, unmittelbar seitlich der einstigen Hauptzufahrt, wurden nach dem Konkurs der Fa Hagen von Künstlern angemietet, die dort Ateliers einrichteten. Der Nutzungsplan der LEG sah die Erhaltung dieser Ateliers vor. Im wird heute durch den örtlichen Schützenverein als Schießhalle genutzt. Die Häuser erhielten eine Einfachsanierung (Erneuerung von Fenstern und Fenstertüren bei der alten Poststelle, Sanierung der Putzfassade des Verwaltungsbaus) allerdings mit kompletter Erneuerung der Haustechnik bis in die einzelnen Ateliers hinein. Für den Innenausbau waren die Künstlern selbst verantwortlich. Das äußere Erscheinungsbild sowie die Innere Struktur blieben weitestgehend unverändert, was in denkmalpflegerischer Hinsicht sehr begrüßenswert war. Der Anspruch, die Benutzbarkeit dieser Gebäude mit möglichst geringen Mitteln wiederherzustellen, und das Ziel der Denkmalpflege, möglichst wenig an der ursprünglichen Bausubstanz zu verändern, ergänzen sich in diesem Fall hervorragend.

Besonders im Flurbereich ist der ursprüngliche Hallencharakter noch nachvollziehbar, da die in Trockenbauweise eingezogenen Trennwände von den historischen Achsen losgelöst sind. Die tragende Struktur konnte Erhalten bleiben und ist auch in ihrer Hierarchie noch lesbar Stahlbetonbalken auf Gusseisenstützen teilen das Gebäude in Längsrichtung in drei Felder, die von einer Betonrippendecke mit Stahlbändern in den Zugzonen überspannt werden. Die Beleuchtungskörper sind dem industriell-einfachen und seriellen Charakter entsprechend.


Bleigießerei an der Rolshover Straße

Bleigießerei an der Rolshover Str.
Bleigießerei. Fassadendetail mit neuem Fenster
Dachgeschoss mit Dachbinder und Büro
Bleigießerei. Gusseisentütze und Kappendecke
Halle hinter der Bleigießerei
Als einziges der erhaltenen Gebäude aus dem Bestand der Fa Hagen steht die alte Bleigießerei unter Denkmalschutz. Nach einem Beschluss des Stadtrates zur Wiedernutzung der alten Fabrikgebäude auf dem Hagen-Gelände, erwarb die Stadt Köln 1995 das Gebäude, sowie die benachbarten Gebäude, in denen sich heute Künstlerateliers befinden, vom Grundstücksfonds NRW. Heutiger Nutzer ist der Internationale Bund für Sozialarbeit (IB). Die Sanierung erfolgte in einer Kombination von erstem und zweitem Arbeitsmarkt, das heißt, dass die Arbeiten überwiegend von nicht fachlich ausgebildetem Personal (Jugendlichen und Arbeitslosen) im Rahmen von Qualifizierungsprogrammen des Internationalen Bundes durchgeführt und nur da, wo es nötig war, Fachkräfte eingesetzt wurden. So war es auch möglich die Instandsetzung sehr kostengünstig durchzuführen. Für die planenden Architekten, Ditges und Partner aus Köln, lagen damit besondere Schwerpunkte darin, die Arbeiten zu betreuen und Handwerklich einfache und solide Lösungen zu entwickeln.

Bei der Restaurierung der Fassaden wurde ein Wasserstrahlverfahren eingesetzt, das sowohl eine schonende Reinigung des Ziegelmauerwerks gewährleistete, als auch die Entfernung von im Laufe der Jahre nachträglich aufgebrachten Putzschichten ermöglichte. Anschließend wurde das Mauerwerk neu verfugt. Um den brandschutztechnischen Anforderungen und der für ein öffentliches Gebäude vorgeschriebenen Barrierefreiheit zu entsprechen, wurde Rückwärtig eine Stahltreppe hinzugefügt und im Inneren ein behindertengerechter Aufzug. Da die alten Fenster verrostet und deformiert waren, konnten sie nicht erhalten werden. Sie wurden ersetzt durch ähnliche „Schlosserindustriefenster“ mit Einfachverglasung, die in Sprossenaufteilung und Öffnungsflügeln den alten entsprachen. Den thermischen Raumabschluss bildet ein innen liegendes Isolierverglastes Fenster mit zwei Drehflügeln und einem Kippoberlicht im Hauptgebäude und einem großen Öffnungsflügel im Mehrzwecksaal. Der äußere Öffnungsflügel ist hier mittig in die Sprossen integriert.

Das filigrane Stahldachtragwerk konnte erhalten werden und wurde durch zusätzliche großflächige Tageslichtöffnungen (sog. Laternen) ergänzt. Durch die völlig offene Grundrissgestaltung ist der ursprüngliche Raum in seinem Eindruck erhalten. Teilbereiche und ein Besprechungsraum sind durch Glaswände abgetrennt. In regelmäßigen Abständen sind Säulen aufgestellt, die eine Versorgung mit Strom und EDV-Anschlüssen gewährleisten und ein Schienennetz tragen, an dem die Beleuchtung geführt wird.
Das Dachgeschoss ist mit dem darunter liegenden Flur durch eine ursprünglich offene Treppe verbunden, die aus raumklimatischen, brandschutztechnischen und akustischen Gründen eingehaust wurde. Die Stahl-Glas-Konstruktion die hier gewählt wurde ist abgehangen und dadurch sehr schlank in ihren Profilstärken. Gestalterisch entspricht sie den Glaswänden, die auch im Dachgeschoss Anwendung fanden.

Im östlichen Anbau befindet sich eine großzügige zweigeschossige Halle mit Emporen, die regelmäßig als Kantine genutzt wird und zu gegebenem Anlass als Veranstaltungsraum dient. Prägend ist hier die erhaltene Dachkonstruktion mit unterspannten Stahlträgen und einer darauf liegenden Holzschalung, die nur + durch einen Feuerschutzanstrich (F30) behandelt wurde. Ebenfalls historisch ist das große Glasoberlicht, das restauriert Oberfläche und neu verglast wurde. Durch seine Belassenheit lässt sich in diesem Raum der Charakter der ehemaligen Produktionsanlage besonders gut nachempfinden.


Beurteilung

Bleigießerei. Flur mit Gusseisenstützen
Halle Lüderichstraße
Der Umbau der ehemaligen Bleigießerei ist im Rahmen der Anforderungen und dem Raumprogramm, die sich aus dem neuen Nutzer herleiten, sehr gut und denkmalgerecht gelungen. Im Flurbereich sowie in der Werkstatt im Norden des Erdgeschosses sind die Dimensionen und die Struktur des Gebäudes für den Interessierten noch gut nachzuvollziehen und auch der alltägliche Benutzer profitiert in großem Maße vom Charme des alten Industriebaus, der, damals nach Erfordernissen gebaut, die nicht der heutigen Nutzung entsprachen, sehr individuelle Elemente beibehalten hat, die das Gebäude interessant machen und von einem nach unmittelbar rationellen Aspekten neu errichteten Bau unterscheiden. Dieser Unterschied fördert die Identifikation mit dem Gebäude und dadurch hier auch mit dem Arbeitsplatz. Gut ergänzt hat sich in diesem Fall auch das Ziel, die industrielle Ausstrahlung zu erhalten und die Vorgabe, die Sanierung mit einfachsten Mittel durchzuführen. Dies ist ähnlich der Fall bei den Künstlerhäusern, wo neue Nutzer und altes Gebäude voneinander profitieren.

Ebenfalls erwähnenswert ist die in meinen Augen sehr gut gelungene Sanierung der Montagehalle an der Lüderichstraße, auch und vor allem, ohne, dass sie den Status eines Denkmales innehat. Die Renovierung ergänzt den Bestand hier zweckmäßig und elegant in seinem Charakter, so dass der historische Wert und die räumlichen Eigenheiten gewahrt bleiben, sich die neue moderne Nutzung aber dennoch in der Gestaltung, gerade des Innenlebens, bemerkbar macht.

Insgesamt ist bedauerlich, dass von den annähernd 50 Gebäuden der Gottfried-Hagen AG lediglich ein so geringer Teil erhalten werden konnte. Der Eindruck einer in sich geschlossenen Anlage mit starker Identität ist einem Gewerbegebiet gewichen, wie es auch „auf der grünen Wiese“ hätte neu entstehen können. Was auf den weitesten Teilen des Areals an Qualität verloren gegangen ist, lässt sich immerhin noch im Zwischenraum der Gebäude an der Rolshoverstraße nachvollziehen, die ja auch die Hauptbezugsrichtung für den angrenzenden Stadtteil darstellt.


Quellen

„Neue Energie für Köln Kalk“, Stadt Köln, Amt für Wirtschafts- und Beschäftigungsförderung