Zeche Wohlverwahrt
Essen, Horst
Walter Buschmann
Zeche Wohlverwahrt


Auf das Fundflöz Wohlverwahrt, das nur eine Mächtigkeit von 18-22 Zoll (= 47,1-57,6 cm) hatte, wurde 1782 Mutung eingelegt. Die Verleihung erfolgte 1791. Für den Abbau wurde an der Ruhr, westlich der Horster Straße, ein 260 Lachter (= 543,4 m) langer Stollen angelegt. Die Stollenzeche verfügte 1836 über ein Kohlenmagazin an der Ruhr. Die Förderung stieg von ca. 3.000 t 1836 auf über 8.000 t 1842. 1853 waren die Steinkohlenvorräte über der Stollensohle erschöpft. Der Betrieb wurde eingestellt und später nur zeitweilig wieder aufgenommen. Die für den Ruhrbergbau so bedeutende Familie Heintzmann aus Bochum war Alleininhaber der Berechtsame. Nach dem Tod von Julius Heintzmann verkauften die Erben das Bergwerk 1917 an den bisherigen Betriebsführer August Köhne, der 1918/19 einen wegen starker Wasserzuflüsse erfolglosen Versuch zur Abteufung eines Schachtes unternahm. Nach gerichtlichen Auseinandersetzungen zwischen Köhne und dem eigenwillig-genialischen Karbidfabrikanten Wilhelm Vogelsang trat Köhne das Bergwerk an Vogelsang ab. Vogelsang hatte seit Übernahme der Horster Mühle im Jahr 1910, unter Nutzung und Aufstockung des alten Mühlengebäudes, die Karbidfabrikation aufgenommen. Zu den Neubauten, die Vogelsang errichten ließ, gehörten ein Dampf- und Wasserkraftwerk und 1916 ein lang gestrecktes Betriebsgebäude unmittelbar an der vorbeiführenden Eisenbahnlinie Steele-Dahlhausen. In dieses Gebäude wurde später die Schachtanlage integriert. Vogelsang musste im Zuge der Weltwirtschaftskrise die Karbidproduktion 1932 einstellen.

eisenhuette
Foto des Betriebsgebäudes
Unter Nutzung seiner Abbaurechte begann Vogelsang 1938 in dem alten Betriebsgebäude von 1916 mit dem Abteufen eines Schachtes, der bei einem Durchmesser von 3,8 m auf eine Teufe von 86 m kam. 1939 war Förderbeginn mit 104 Beschäftigten. Die Grube erreichte 1943 eine maximale Förderung von knapp 70.000 t Kohle und hatte 243 Beschäftigte. Auch in der Nachkriegszeit konnte die Zeche eine Förderung von 50 bis 60.000 t Kohle mit durchschnittlich 250 Beschäftigten im Jahr erbringen. 1962 wurde die Anlage stillgelegt.



Betriebsgebäude

Das Betriebsgebäude entstand 1916 und wurde 1938 ausgebaut. Die Halle vereinigte nahezu alle Funktionen der Zeche unter einem Dach (die nachfolgend erwähnte Ausstattung ist nicht erhalten). Hinter dem Ostgiebel lag die Schachthalle mit dem heute verfüllten Schacht. In der Schachthalle stand ein Führungsgerüst mit Elektroturmfördermaschine. Auf die Schachthalle folgte eine Cascadywäsche und etwa im mittleren Bereich des Gebäudes eine Brikettfabrik. Die Verladung auf die seitlich dicht neben der Halle auffahrenden Eisenbahnwaggons geschah mit Bändern, die von einer noch erhaltenen Überdachung geschützt wurden. Im westlichen Drittel des Gebäudes war im Erdgeschoß die Schmiede und im Obergeschoß die Kaue untergebracht. Nur Lampenstube, die Büros für Betriebsführer und Steiger waren außerhalb der Halle in einem an den Ostgiebel anschließenden ursprünglich unverputzten eingeschossigen Gebäudetrakt untergebracht.

Über dem steil abfallenden Hang zur Ruhr angeordnete Backsteinhalle mit prismatisch gebrochenem Satteldach. Die Fassaden sind reich gegliedert mit hohen Rundbogenfenstern in eingetieften Wandfeldern über dem Sockelgeschoß. Die Wandfelder werden eingefasst von Putzflächen, die in den Trauffassaden über den Fenstern durch vertikale Backsteinstreifen unterteilt werden und oben in einem Klötzchenfries enden. Zwischen den Fenstern erstrecken sich bis unter die mehrfach gestuften und durch Klötzchenfries geschmückten Traufen gebäudehohe Wandvorlagen. Die Traufgesimse ziehen sich in die Giebelflächen hinein und begrenzen dort mit gleichartig gestalteten Ortganggesimsen Giebeldreiecke mit seitlichen Lünettfenstern und axial angeordneten Thermenfenstern. Die das Mittelfeld in beiden Giebeln rahmenden Wandvorlagen sind in die Giebeldreiecke hineingezogen und enden neben den Thermenfenstern mit halbkreisförmigen, geputzten Abschlußformen, die das Motiv der Rundbogenfenster aufnehmen. Über dem Mittelfenster des Ostgiebels befindet sich in der Putzfläche die Inschrift "Zeche Wohlverwahrt", begleitet von Hammer und Schlägel in den benachbarten Putzfeldern.

Südlich der Halle ist ein 41 m hoher Backsteinschornstein mit rundem Querschnitt erhalten.


Literatur

• Almanach der Heimat. Im tausendjährigen Steele, Essen-Steele 1951
• Buschmann, Walter: Zechen und Kokereien im rheinischen Steinkohlenbergbau, Berlin 1998
• Carl Koschwitz, Die Hochbauten auf den Steinkohlenzechen des Ruhrgebietes (= Beiträge zur Landeskunde des Ruhrgebietes Heft 4), Essen 1930
• Führer durch die rheinisch-westfälische Bergwerks-Industrie. Mit zahlreichen Situationsplänen, Profilen, graphischen Darstellungen und einer Übersichtskarte. W. Forschpieper (Hg.), Oberhausen 1880
• Gerhard Gebhardt, Ruhrbergbau. Geschichte, Aufbau und Verflechtung seiner Gesell¬schaften und Organisationen, Essen 1957
• Joachim Huske, Die Steinkohlenzechen im Ruhrrevier, Bochum 1987
• Kurt Pfläging, Die Wiege des Ruhrkohlen-Bergbaus. Die Geschichte der Zechen im südlichen Ruhrgebiet, Essen 1987
• L. Achepohl, Das niederrheinisch-westfälische Bergwerks-Industrie-Gebiet. 1. Aufl. 1888, 2. Aufl. Berlin 1894
• Lehnhäuser, Anton: Alte Steeler Zechen und Gruben, in: Der Bergbau 49, 1936, S. 45-47 und 61-63
• Lehnhäuser, Anton: Steele. Tausend Jahre seiner Geschichte in Einzelbildern, Essen 1947
• Voigt, Irene: Burg Horst. Die Geschichte eines alten Hauses, Essen 1983.
• Wilhelm und Gertrude Hermann, Die alten Zechen an der Ruhr, Königstein/Taunus 3. Aufl. 1981
• Wüstenfeld, Gustav Adolf: Frühe Stätten des Ruhrbergbaus, Witten 1975.