RWE-Wasserwerk Dirmerzheim
Erftstadt, Goldenbergstraße 80
Walter Buschmann
Das RWE-Wasserwerk Dirmerzheim in Erftstadt

Geschichte

Luftbild um 1975
Wasserwerke Kierdorf (oben) und Dirmerzheim (unten). Dazwischen die Erft
RWE-Wasserwerk Kierdorf
Die Planungen für das Pumpen- und Transformatorenhaus in Dirmerzheim sollen bereits auf die Zeit um 1914 zurückgehen, die Entwürfe hierfür werden dem Essener Architekten Alfred Fischer zugeschrieben, der im Auftrag des RWE auch die Gebäude des Kraftwerks Goldenberg-Werk sowie des benachbarten Wasserwerkes Kierdorf entwarf. Das dann in den Jahren 1922–24 vom RWE errichtete Wasserwerk Dirmerzheim diente dazu, die Kapazität der etwa zehn Jahre zuvor entstandenen Anlage in Kierdorf zur Wasserversorgung des Goldenberg-Werkes zu erhöhen.

Das neue Wasserwerk wurde etwa 600m südwestlich des Kierdorfer Werks an der heutigen K 46 zwischen den zu Erftstadt gehörenden Ortsteilen Kierdorf und Dirmerzheim errichtet. Die Anlage umfasste ursprünglich die zur Straße hin gelegene Pumpenhalle mit einem in nordwestlicher Richtung angebauten Transformatorenhaus. Von der Straße aus hinter dem Gebäude wurde unterirdisch ein 1.000m³ fassender Wasserbehälter angelegt.

Die gemeinsame Wassergewinnungsanlage der Wasserwerke Kierdorf und Dirmerzheim bestand bis Mitte der 1950er Jahre aus 24 in einem Abstand von etwa 50m parallel zur K 46 angeordneten Vertikalbrunnen mit einer Tiefe zwischen 25 und 65m. Der Grundwasserspiegel lag damals bei rund 10m unter Flur. Alle Brunnen waren durch eine 700mm starke Heberleitung miteinander verbunden. Anfang der 1930er Jahre wurde eine größere Zahl der Brunnen mit Einzelpumpen ausgerüstet. Diese Bohrlochwellenpumpen der Firma Halbach, die durch über Tage stehende Motoren mit 380V Betriebsspannung angetrieben wurden, hatten eine Leistungsfähigkeit von je 350 bis 500m³/h. Das von den Brunnenpumpen geförderte Wasser gelangte über eine Sammelleitung in die beiden Wasserbehälter von jeweils 1.000m³ Fassungsvermögen in Kierdorf und in Dirmerzheim.

Netzpumpen in der Dirmerzheimer Maschinenhalle. Historisches Foto
Die vier im Dirmerzheimer Pumpenhaus untergebrachten Netzpumpen mit einer Leistung von jeweils 13m³/min entnahmen das Wasser aus dem Reservoir und drückten es über vier Leitungen zum Kraftwerk Goldenberg. Von dort aus erfolgte auch über die Betriebsverwaltung „Berggeist“ des RWE die Trinkwasserabgabe an die Gemeinden Kierdorf, Dirmerzheim, Gymnich, Knappsack, Großkönigsdorf, Junkersdorf und Frechen.

Die Brauchwasserversorgung des Goldenberg-Werks und die kommunale Trinkwasserversorgung wurden bis zum Beginn der 1950er Jahre von den beiden Betriebsabteilungen in Dirmerzheim und Kierdorf gemeinsam bestritten. Damals betrug die Fördermenge pro Tag in Dirmerzheim etwa 80.000m³. Eine besondere Aufbereitung des Wassers war nicht nötig, da es praktisch frei von Eisen, Mangan und Kohlensäure war. Lediglich das als Kessel- und Kühlwasser verwendete Wasser wurde im Goldenberg-Werk in einer Permutitanlage mit einer Kapazität von 40.000m³ pro Tag enthärtet. Diese Wassermenge musste täglich ersetzt werden, da sie im Kraftwerk durch Verdunstung verloren ging.

Wasseraufbereitung
Im Zuge der für den Betrieb des Zentraltagebaus Frechen erforderlichen Erftbecken-Entwässerung legte die RAG Mitte der 1950er Jahre im Wasserwerksgelände Kierdorf-Dirmerzheim sowie im westlich daran anschließenden Gebiet eine neue Brunnengalerie aus 26 jeweils bis zu 250m tiefen Brunnen an. Ein Teil des aus der neuen Brunnengalerie geförderten Wassers diente weiterhin der öffentlichen Wasserversorgung. Da das nun aus größeren Tiefen gewonnene Wasser in Kohlensäure- und Eisengehalt die zulässigen Grenzwerte überschritt, wurde in Dirmerzheim zwischen 1955 und 1957 zusätzlich eine Wasseraufbereitungsanlage mit einer maximalen Tagesdurchsatzmenge von 110.000m³ errichtet. Zum 1. Januar 1963 wurde der bisherige Gemeinschaftsbetrieb der Wasserwerke Kierdorf und Dirmerzheim aufgehoben. Seitdem wird in Kierdorf nur noch Rohwasser für die Versorgung des Goldenberg-Werkes gefördert, während Dirmerzheim ausschließlich für die Reinwasserabgabe in Trinkwasserqualität für die öffentliche Wasserversorgung von Knappsack-Griesheim (Wasserwerk Blessem), RWE-Berggeist sowie einzelner Industriebetriebe zuständig ist.

Beschreibung der Bauten und Anlagen

Pumpenhalle im Zentrum, Schalthalle rechts und Transformatorenhaus links.
Dem Betrachter bietet sich von der Straße aus weitgehend das Erscheinungsbild der Ursprungsanlage. Das ursprüngliche Pumpen- und Transformatorenhaus mit seiner neueren Erweiterung liegt parallel zum Straßenverlauf. Die in den 1950er Jahren entstandenen Anlagenteile der Wasseraufbereitung wurden von dort aus gesehen hinter der Pumpenhalle errichtet. Hinter dem Sammelbehälter, der heute als Zwischenbehälter dient, befindet sich die Enteisenungsanlage, dahinter fanden die Filterbehälter Aufstellung. Ein 1966/67 errichteter neuer großer Trinkwasserbehälter wurde unterirdisch in südöstlicher Richtung an diese Bauten angegliedert. Nordöstlich der Gebäude entstand 1990 eine neue Aufbereitungsanlage.

Das Pumpenhaus mit Transformatorenstation wurde 1922–24 errichtet und 1955–57 erweitert. Es ist ein dreiteiliger Gebäudekomplex aus einer die Längsachse einnehmenden Backsteinhalle mit Satteldach (Pumpenhalle von 1922–24), einem ebenfalls mit einem Satteldach versehenen eingeschossigen, bauzeitlichen Backsteinanbau an der Südostseite (ehemalige Schaltwarte) und der als eingeschossiger Backsteinbau mit Pultdach ausgeführten Transformatorenstation von 1922–24 mit baulich angepasster Erweiterung von 1955–57 an der Südwestseite.

Giebel des Pumpenhauses
Giebel des Pumpenhauses von innen
Von den einheitlich roten Backsteinfassaden der Gebäudegruppe sind die profilierten, hell gefassten verputzten Traufen wirkungsvoll abgesetzt. Der durch ein Gesimsprofil eingefasste Dreiecksgiebel der Giebelseiten der Pumpenhalle ist jeweils mit einem Lünettenfenster versehen. An den Hallenfassaden sind die hochrechteckigen Fenster in der Mitte der Giebelseiten in einem flachen Blendfeld zu einer Dreiergruppe zusammengezogen. Die gleichartig gestalteten, aber wegen eines breiten Sturzbereiches niedrigeren Fenster der südlichen Längsseite der Halle sitzen in paarweise gekuppelten flachen Blendnischen. Das Satteldach der Pumpenhalle weist eine Belichtungsgaube auf.

Schaltwartenanbau
Der wie der Hallenbau gestaltete eingeschossige Schaltwartenanbau an der Südostseite wiederholt die Giebelgestaltung der Halle, wobei die Dreifenstergruppe hier nachträglich vermauert wurde. Die Längsseiten dieses Anbaus sind mit ursprünglich hohen längsrechteckigen, heute aber teilvermauerten Fenstern versehen.

Die Backsteinfassaden des um eine Achse vorspringenden Transformatorenanbaus an der nordwestlichen Längsseite der Halle zeigen oberhalb der zehn mit Metalltoren verschlossenen Trafozellen längsrechteckige Lüftungsöffnungen. Die beiden südwestlichsten Achsen gehören schon zu der Erweiterung von 1955–57.

In der Sockelzone und unterhalb der Traufe werden alle Gebäudeteile des Pumpwerkes durch einen Fries aus hochkant gestellten Ziegelsteinen optisch zusammengezogen.

Die Lünettenfenster der Pumpenhallengiebel zeigen noch bauzeitliche, radiale Sprossenfenster. An der zur Straße gelegenen Längsfassade des Pumpwerkes ist oberhalb der Dachkante in weiß gefassten Metallbuchstaben der bauzeitliche Schriftzug „Rhein. West. Elektrizitätswerk A.G. Goldenbergwerk Wasserwerk II. Dirmerzheim“ angebracht.

Pumpenhaus
Schaltwartenanbau
Der Hauptzugang zum Gebäudekomplex erfolgt an der nordöstlichen Außenachse der Pumpenhalle. Im Innern zeigt sie noch die zweieinhalbgeschossige ursprüngliche Einteilung mit offenem Dachstuhl, eingetieftem Untergeschoss für die Pumpen, umlaufender Galerie mit Emporengeländer und alternierend hell/dunkel gefliestem Boden. Die Längswände werden hier unterhalb einer Kranbahn durch annähernd erdgeschosshohe, flache Pfeilervorlagen strukturiert, die sich an der westlichen Nordseite zu einem Gang zum hier offenen Transformatorenanbau hin öffnen.

Die ehemalige Schaltwarte besitzt ebenfalls einen offenen Dachstuhl mit genieteten Trägern. Technische Ausstattungen aus der Gründungszeit sind im Gebäudekomplex nicht erhalten geblieben.


Bedeutung

Das Wasserwerk Dirmerzheim ist wesentlicher Bestandteil der Kraftwerksgeschichte im rheinischen Braunkohlenrevier und bedeutend für die Geschichte des Kraftwerks Goldenberg. Da das Kraftwerk rohstofforientiert den Tagebauen zugeordnet war und auf dem Knappsacker Hügel eine direkte Wasserversorgung nicht möglich war, mussten die entsprechenden Wasserwerke in der Erftniederung angelegt werden. Das Wasserwerk Dirmerzheim gehört damit zur Geschichte des im Kernbereich denkmalwerten und in die Denkmalliste der Stadt Hürth eingetragenen Kraftwerks Goldenberg. Im Zusammenhang mit der Geschichte des Goldenberg-Werks, mit der kommunalen Wasserversorgung und der Entwicklung des Braunkohlenbergbaus nach 1945 mit Entstehung der Tieftagebaue ist das Wasserwerk Dirmerzheim auch ein wichtiges technikgeschichtliches Denkmal.

Pumpstation des Wasserwerks Dirmerzheim
Die Pumpstation des Wasserwerkes Dirmerzheim wurde ohne spezifische Elemente einer Architektur der Wasserver- und -entsorgung in einer gemäßigt klassizistischen Formensprache errichtet, die noch Anklänge an den Jugendstil, wie die Dreierfenstergruppen zeigt, enthält. Nach einer Phase von mehr auf Monumentalität ausgerichteten Bauten, wie sie zum Beispiel das noch zwischen 1910 und 1920 errichtete benachbarte Wasserwerk Kierdorf aufweist, ist hier die Architektursprache in der Gesamtform wieder zurückhaltender geworden. Übernahmen aus der Heimatschutzarchitektur wie zum Beispiel das Gegeneinanderstellen roter Ziegelsteinflächen zu hell gefassten, hier barock anmutenden Putzelementen verbunden mit einem Rückgriff auf klassizistische Bauteile wie Dreiecksgiebel und Lünettenfenster gehen eine gekonnte Mischung ein und sind die gestalterischen Kennzeichen dieses Gebäudes. Die hierdurch deutlichen Unterschiede zum noch während der Gründungszeit des Kraftwerks entstandenen Wasserwerk Kierdorf sprechen eher gegen eine Zuordnung zum Werk des Architekten Alfred Fischer. Es ist dennoch architekturgeschichtlich bedeutend als Beleg für die traditionalistischen Tendenzen der 1920er Jahre.



Literatur

Berkenbusch, Josef: Die Sicherstellung der öffentlichen Wasserversorgung im Zuge der bergbaulichen Grundwasserabsenkung im Erftbecken, in: Braunkohle, Wärme und Energie 9(1957), Heft 9/10, S. 177–183

Buschmann, Walter/ Gilson, Norbert/ Rinn, Barbara: Braunkohlenbergbau im Rheinland (=Die Bau- und Kunstdenkmäler des Rheinlandes), Worms 2008
Literatur
Unbenanntes Dokument