Bahnbetriebswerk Wersten
Düsseldorf, Harffstraße 110

Frauke Gröblinghoff geb. Bernhardt
Meilenwerk. Bahnbetriebswerk Wersten


Geschichte

Der Lokomotivschuppen in Düsseldorf-Wersten wurde im Jahr 1930 als Musterprojekt der deutschen Reichsbahn errichtet. Die Reichsbahn hatte damals um das Jahr 1935 ein Streckennetz von ungefähr 54.000 km.

Kernbau des Bahnbetriebswerks Wersten war ein 30-ständiger Lokomotivschuppen in Mischbauweise mit einer Drehscheibe von 23 Metern Durchmesser. Das gesamte Gebäude hat einen Durchmesser von 140 Metern und eine Grundfläche von 19.000 m².

Hinter dem Ringschuppen wird das Gelände weiterhin von der Bahn genutz. Hier befindet sich noch heute eine weitere Drehscheibe mit Strahlengleisen. Rechts vom Hauptgebäude befindet sich als Ersatz für baufällige Nebenbauten das so genannte „Motodrom“ und eine weitere größere Halle.

Der Ringlokschuppen wurde in den Jahren 2005 und 2006 umgebaut und wieder in Stand gesetzt. Die Investitionen für die Sanierung beliefen sich auf 15 Millionen Euro.



Konzept Meilenwerk

Das Meilenwerkkonzept ist ursprünglich in Berlin entstanden. Dort wurde ein Straßenbahndepot, zu seiner Erbauungszeit das größte in ganz Europa, zum „Meilenwerk“, einem „Forum für Fahrkultur“ umgebaut. Die Konzeption der Meilenwerke, zielt darauf ab, professionelle Anbieter zu vereinen, um Oldtimer und Liebhaberfahrzeuge zu verkaufen, restaurieren, kaufen oder zu warten. Die „Branded Bricks GmbH“ ist Träger und Lizenzgeber, während Martin Halder, Dozent für Projektentwicklung an der European Business School, 1998 die Strategie der zielgruppenorientierten Immobilienkonzeption mit Studenten und wissenschaftlichen Mitarbeitern entwarf. Die Architektur, so die Selbstdarstellung des Unternehmens, diene als Stärkung der Marke und profitiere dabei besonders aus einem Zusammenspiel aus spezifischen, wiederkehrenden, neu hinzu gefügten architektonischen Erkennungsmerkmalen der Marke Meilenwerk und der historischen Bausubstanz.


Konzeptumsetzung in Düsseldorf-Wersten

Ziel des Umbaus war, die Spuren der verkehrstechnischen Vergangenheit als Markenzeichen zu erhalten und einen Zweiklang aus Alt und Neu zu schaffen.

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Fassade des Ringlokschuppens, Foto 2009
Der Umbau umfasste das gesamte Gebäude, angefangen bei der Außenfassade, bis hin zur Drehscheibe im inneren Kreisbogen des Schuppens. Die Außenwand aus Ortbeton wurde beim Umbau komplett mit einer neuen Oberfläche versehen, die Fenster aus gewalzten T-Profilen komplett erneuert.

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Innenansicht des Ringlokschuppens, Foto 2009
Im Inneren des Ringschuppens befinden sich Werkstattbauten, gefolgt von einem schmalen Gang und den gläsernen Einstellboxen an der Seite der Torseite. Im Ringschuppen ganz rechts befindet sich der Eventraum mit Holzfußboden. Die ehemalige Freifläche mit Strahlengleisen grenzt an die Torseite an und ermöglicht die Präsentation diverser Oldtimer. Am oberen Ende ist die ehemalige Drehscheibe für einen Gastronomiebetrieb überbaut worden.

Die Fachwerkbinder des Daches sind genietete Stahlprofile. Die Dachhaut war stark beschädigt und wurde im Zuge der Umbaumaßnahmen in Holz mit neuem Dachreiter erneuert.

Die Binderkonstruktion im Schuppen ist eine Kombination aus Streben- und Ständerfachwerk mit Belichtungslaterne.

Durch Feuerschutzauflagen musste eine Sprinkleranlage unter dem Holzdach montiert werden. Um diese mit ausreichend Wasser speisen zu können wurde im Keller des Motodrom ein 240.000 Liter fassender Wasserspeicher eingerichtet. Außerdem wurden im gesamten Gebäude Brandmelder installiert.

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restaurierter Rauchabzug, Foto 2009
Von den ehemaligen Rauchabzügen in geschweißter Stahlkonstruktion mit eingelegten Steinplatten über den Versorgungsständen der Lokomotiven, sind vier erhalten. Sie befinden sich im Bereich des heutigen Haupteingangs.

Die äußeren Tore waren durch ein Seilsystem mit Klappmechanismus zu öffnen. Die heutigen Tore sind moderne Rolltore, die die Einfahrt für Oldtimer und andere PKW ermöglichen, mit Türöffnungen für Fußgänger.

Die zu den Strahlengleisen ausgerichtete Torseite wurde in einer leichten Stahlfachwerkkonstruktion mit Hochofenschlackeziegeln errichtet. Bei den Ziegeln handelt es sich um Maschinenziegel mit glatter Oberfläche. Die gleichmäßige Färbung der Ziegel weist auf einen Brennvorgang in einem Ringofen hin.

Die Torrahmen sind ebenfalls aus Stahlprofilen gestaltet. Die Bausubstanz der Torseite mit ihren Einfahrtstoren erhalten geblieben. Auch die beiden Fensterachsen über den Torachse oberhalb der Einfahrten sind noch vorhanden. Neue und alte Scheiben lassen sich dadurch unterschieden, dass die neuen klar sind, während die alten Scheiben zwar gereinigt, aber immer noch matt und leicht milchig sind. Die dunkle Färbung der Ziegel deutet auf eine substanzschonende Reinigung hin, durch die viel Patina erhalten bleiben konnte.

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Drehscheibenvorfeld, Foto 2009
Die ehemalige Drehscheibe wurde überbaut. Heute befindet sich in dem dadurch entstandenen Neubau ein zweigeschossiger gastronomischer Betrieb, überwiegend aus Glas gebaut. Am oberen Abschluss des Restaurantgebäudes setzt das 140 Quadratmeter große Foliendach an, das die ehemalige Freifläche der Strahlengleisen überspannt. Die Gleisfläche musste versiegelt werden, um das Versickern von eventuell aus den Oldtimern austretendem Öl oder Treibstoff zu verhindern. Auch der Ziegelboden im Ringlokschuppen selber ist heute überbaut. Nur im Bereich des heutigen Haupteingangs wurde eine kleine Ziegelfläche mit Gleisen gereinigt und in der ursprünglichen Form erhalten.

Die Gebäudematerialien wurden wo es möglich war restauriert und ansonsten durch Beton ersetzt. Beim Innenausbau wurde das Thema „Eisenbahn“ nachempfunden. So sind die Handläufe der Geländer aus Stahl mit rauer Oberfläche und darunter befindet sich nicht verzinkter Maschendraht. Das Metall wurde lediglich geputzt und nicht entrostet. Mit Mauerwerk und rostigem verwittertem Eisen wirkt die Innenansicht rustikal.

In industriell genutzten Hallenbauten wurde der Wärmetechnik nur wenig Beachtung geschenkt, wodurch eine Problematik bei deren Umnutzung entsteht. Sehr große Hallen sind meist schwer zu heizen, oder wenn sie sich schnell aufheizen kompliziert zu belüften. In der eigentlichen Hallenarchitektur des Ringschuppens ist nur die Eventhalle heizbar. Dies wird mit Heißluft gemacht, so dass oft vorgeheizt wird, um eine Lärmbelästigung bei den stattfindenden Events zu umgehen. Die Werkstätten innerhalb der Schuppenhalle sind mit einer Zentralheizung ausgestattet und so individuell beheizbar. Die Freihalle wird indirekt beheizt, durch die angrenzenden Räume. Aufgrund der geringen Luftzirkulation wird es hier Im Sommer ziemlich warm und auch im Winter sind ohne eigene Heizung durchaus Temperaturen von 16°C möglich.


Fazit

Die generelle Frage ist, inwieweit die Spuren der verkehrstechnischen Vergangenheit sichtbar erhalten wurden und die historische Bausubstanz nicht durch die neuen Elemente in den Hintergrund gedrängt wurde.

Werkstätten, Geschäfte und die gläsernen Einstellboxen sind nach Angaben des Betreibers „wie Möbel“ eingebaut. Ein tatsächlicher Möbelcharakter ist mindestens bei den Werkstätten fraglich, immerhin sind diese aus Beton errichtet worden und erstrecken sich über zwei Geschosse der Ringschuppenhalle. Die Glasboxen dagegen sind zwar im Boden verankert, wirken jedoch leicht entfernbar und lassen weiterhin die ursprüngliche Architektur gut erkennen. Die Komposition im Innenausbau wurde insgesamt durch die Anbauten entlang der Außenwände im Schuppen stark verändert. Dabei stellen sich die Glasboxen wie leichte Raumzellen dar und sind dadurch gut mit den Zielsetzungen der Denkmalpflege verträglich. Die Werkstätten aus Beton dagegen stellen einen schweren Ausbau dar und sind somit aus denkmalpflegerischer Sicht nicht gut gelungen.

Es stellt sich also die Frage, wo bei all diesen Veränderungen die historische Bausubstanz ersichtlich erhalten wurde. Lediglich die Stahlfachwerkwand mit Ziegelfüllung, Fenstern und Einfahrtstoren, sowie die Fachwerkträger des Daches sind anschaulich erhalten geblieben. Aufgrund der vielen Löcher im Dach musste dieses im alten Stil neu gebaut werden, inklusive der Laterne. Nicht erhalten werden konnten außerdem die Drehscheibe, die Strahlengleisen, die Innenkomposition im Ringschuppen und die meisten Nebengebäude. Die Außenfassade, die aufgrund massiver Abplatzungen des Betons eine komplett neue Oberfläche erhalten hat, ist zwar in ihrer Form noch mit der der ursprünglichen Bausubstanz identisch, wurde jedoch in der Oberfläche vollständig erneuert und kann somit nicht der denkmalpflegerischen Zielsetzung gerecht werden.

Ein eher untergeordnetes Bewertungskriterium ist die Gebäudezugänglichkeit für die Öffentlichkeit. Zwar ist das Meilenwerk der Öffentlichkeit (ohne Eintrittspreis) zugänglich, jedoch ist das Gebäude so stark verändert, dass es mit der Vermittlung des Bautyps „ Bahnbetriebswerk“ schwierig wird.

Das an die Werkstätten angebaute Zwischengeschoss, mittig in der Schuppenhalle, verändert das Bild des Innenausbaus zusätzlich stark. Der Charakter der ehemalig unter freiem Himmel liegenden Strahlengleisen wird durch das Foliendach, obwohl es versucht eine Fläche „unter freiem Himmel“ zu suggerieren, zu einem geschlossenen Raum und somit enorm verändert. So ist die ursprüngliche Komposition des Ringlokschuppens nur schwer wieder erkennbar und es bedarf einer starken Vorstellungskraft, sowie guter Vorkenntnisse um sich das historische Bild vorstellen zu können.


Literatur

• Denkmalbehörde der Landeshauptstadt Düsseldorf (2007): Gewerbliche Nutzung denkmalgeschützter Immobilien: Nutzungsaspekte und Projekte. S.21.
• Hauptverwaltung der deutschen Reichsbahn (Hrsg.) (1935): 100 Jahre deutsche Eisenbahn.


Quellen

• http://www.meilenwerk.de/ (04.06.2009)
• http://www.duesseldorf.de/thema2/spezial/meilenwerk/index.shtml (04.06.2009)
• http://www.duesseldorf.de/denkmalschutz/index.shtml (04.06.2009)
• http://www.rkw-as.de/rkw/start_main.htm (04.06.2009)
• http://www.duesseldorf.de/planung/projekte/gewerbe/meilenwerkentwurf/index.shtml (20.07.2009)