Tuchfabrik Marx & Auerbach
Aachen, Templergraben 86
Karina Angelova | Lorenz Morez
Die Tuchfabrik Marx & Auerbach in Aachen


Geschichte | Baugeschichte

Tuchfabrik Marx & Auerbach. Lageplan 1860 (Rampard-Plan)
1821 ist der Tuchhändler Lippmann erstmals mit einem Tuchhandel auf der Kleinkölnstraße erwähnt. 1839 gründeten Lippmann und Marx im Kupferhof auf dem Templergraben eine Tuchfabrik. Die seit 1839 erbaute Anlage hatte einen U-förmigen Grundriss, mit einer Art Ehrenhof zum Templergraben. Die Fabrik war viergeschossig und die drei Flügel mit Satteldächern gedeckt.

Einige Jahre später kam es zu einer Erweiterung an der Eilfschornsteinstraße. 1861-1864 baute der Stadtbaumeister Friedrich Ark das Eckgebäude der Fabrikanten Marx und Söhne. Die neue Anlage bestand aus einem viergeschossigen Hauptbau mit Dachgeschoss an der Eilfschornsteinstraße/ Templergraben. Der Grundriss des Hauptgebäudes war geprägt von großräumigen Fabriksälen - nur in einer Ecke befand sich ein Treppenhaus mit Lager. Die Decken wurden aus Holz erstellt, später durch Eisenbetondecken ersetzt. Weitere kleinere Bauten hatten eine dienende Funktion, wie Schuppen oder Färberei, und befanden sich im Hof.

Die Anlage befand sich am damals schon existierenden zweiten Aachener Ring, der aber infrastrukturell kaum ausgebaut war. Deshalb verpflichteten sich die Eigentümer mit der Errichtung des Gebäudes den Straßenbau, die Belichtung und die Entwässerung zu regeln.

Straßenansicht der alten Anlage. Bauaufnahme um 1930
Für den Hauptbau gab es Änderungsphasen, vorwiegend zwischen 1925 und 1928. Es wurde die Decke im 4.OG ausgetauscht, da sie unter großer Beanspruchung stand. Deswegen sollte sie durch eine Eisenbetondecke ersetzt werden. Es gab Brandschutzkonzepte, da es einige Male zum Brand kam. Desweiteren sollten Toilettenanlagen im Gebäude untergebracht werden. 1927 wurde ein Lastenaufzug einbaut. Die Umbauten (Dr. Ing. Pirlet oder von Heinemann und Busse) waren iwichtig um Technik und Arbeitsbedingungen auf dem neusten Stand zu bringen.

Im Jahr 1938 übernahm die Firma Grünzig und Charlier die Fabrik. Erna Neßeler, geb. Grünzig, die jüngste Tochter des Gründers, und ihr Ehemann Hans Hubertus Neßeler leiteten die Tuchfabrik nach dem Krieg bis zur Schließung in den 1960er Jahren.

Danach wurde das Gebäude von der Technische Hochschule übernommen. Zurzeit befindet sich dort das Dezernat der Informationstechnologie der RWTH Aachen.


Beschreibung

Eckgebäude von Friedrich Ark 1861-64. Straßenansicht Eilfschornsteinstraße. Foto um 1985
Eckgebäude von Friedrich Ark 1861-64. Straßenansicht Eilfschornsteinstraße. Foto 2008
Das Gebäude ist ein massiver Bau aus roten Ziegelsteinen. Die Fassade ist durch Pilaster (Lisenen) aus Backsteinen gegliedert. Kapitelle und die Basen sind aus Naturstein und hell gestrichen. Die Pilaster gehen bis zum vierten Geschoss. Über ihnen befindet sich eine Attika mit großen, quadratischen Fenster. Alle anderen Fenster sind segmentbogig mit breiten zwischen die Pilaster eingespannten Sohlbänken. Die Traufseiten haben zehn, die Schmalseiten drei Fensterachsen.

Alle Fenster sind neu, mit einem grünen Aluminiumrahmen außen und einem weißen innen. Die Fenster sind in zwei großen Glasflächen unterteilt anstatt der kleinteiligen Gliederung der Metallsprossenfenster im Ursprungsbau.

Im Inneren wurde die Anlage restauriert und renoviert. Die Wände sind weiß gestrichen und die Flure sind gefliest. Eine abgehängte Decke verdeckt die Installationsrohre. In allen Geschossen gibt es einen mittleren Flur und Zimmer an beiden Seiten, mit Ausnahme des Erdgeschosses, da es als ein Archiv benutzt wird. Die Gebäudestruktur besteht aus tragenden Wänden mit einer mittlerer Reihe Betonstützen als Ersatz für die früheren Gusseisenstützen.


Würdigung

Das Gebäude ist durch seine spätklassizistischer Prägung ein wichtiger Beitrag zur für die Architekturgeschichte Aachens mit dem prominenten Baumeister Friedrich Ark als Entwurfsverfasser.

Von der Gesamtanlage sind nur der Hauptbau und die Büroräume erhalten geblieben. Bei dem Hauptgebäude ist eine große Menge an Bausubstanz erhalten. Außen ist die Fassadengestaltung über die Jahre nicht besonders verändert worden. Allerdings verfälschen die Fenster den historischen Bau. Im Inneren wurde der Grundriss für die Zwecke der RWTH deutlich verändert. Es wurden leichte Trennwände eingebaut, die zur Zerkleinerung der ehemaligen Fabriksäle führten. Dennoch hat das Gebäude seinen repräsentativen Charakter beibehalten mit allerdings problematischer städtebaulicher Einbindung.


Karina Angelova / Lorezo Morezi: Tuchfabrik Marx & Auerbach in Aachen, Semesterarbeit RWTH Aachen Lehrgebiet Denkmalpflege, WS 2010/11(gekürzte und für das Internet bearbeitete Fassung)


Literatur

• Dünnwald, Rudolf: Aachener Architektur im 19. Jahrhundert. Friedrich Ark. Stadtbaumeister 1839-1876, Aachen 1974
• Mennicken, Peter: Aachen in der Geschichte der Technik (Aachener Beiträge zur Heimatkunde 24), Aachen
• Meyer, Lutz Henning: Bericht über die Denkmalpflege in Aachen, in: Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins 96, 1989, S. 437-473