Hauptbahnhof Aachen
Aachen, Bahnhofplatz 2a


Sebastian Martin
Der Hauptbahnhof Aachen


Geschichte

Anfang 1837 beschloss Preußenkönig Friedrich Wilhelm III. als Ergebnis eines langen Konflikts um die Trasse der Rheinischen Eisenbahn von Köln bis zur belgischen Grenze und darüber hinaus nach Antwerpen im Rheinland mit direkter Anbindung von Düren und Aachen realisiert werden sollte. Damit konnte nun der Bau der Eisenbahnstrecke von Köln nach Aachen in Angriff genommen werden.
Empfangsgebäude von 1841
Ein erstes Teilstück war im August 1839 fertig, die gesamte Strecke am 1. September 1841 und wenige Tage darauf am 6. September 1841 konnte der erste Rheinische Bahnhof in Aachen eröffnet werden. Es folgten in den nächsten Jahrzehnten weitere Gesellschaften mit ihren Eisenbahnstrecken, so dass in den Jahren 1871/72 das Empfangsgebäude der Rheinischen Eisenbahngesellschaft umgebaut wurde, um insgesamt sechs Gesellschaften Platz zu bieten.

Ab 1902 begann Eisenbahnarchitekt Mettegang mit den Planungen für einen neuen Hauptbahnhof an fast derselben Stelle wo schon der bisherige der Rheinischen Eisenbahngesellschaft stand. Es wurde ein provisorisches Ersatzgebäude errichtet, damit der Bahnverkehr weiter laufen konnte. Baubeginn war Anfang 1903 und kurz vor Weihnachten am 22.12.1905 konnte das neue Empfangsgebäude eröffnet werden.

Den Zweiten Weltkrieg überstand der Bahnhof relativ unbeschadet. In den folgenden Jahren mehrmals im Innenbereich umgebaut, so dass heute nicht mehr viel von der Originalsubstanz erhalten geblieben ist. Lediglich der Außenbau blieb weit gehend verschont. In den 70er Jahre wurden die Decken der Halle abgehängt und der Raumeindruck stark beeinträchtigt. Im Jahr 2005 führte man eine umfangreiche Sanierung durch, bei der der alte Raumeindruck des Empfangsgebäudes wiederhergestellt wurde. Außerdem legte man die Säulenkapitelle wieder frei und modernisierte die Bahnsteige.


Das Empfangsgebäude von 1905

Empfangsgebäude mit Bahnhofsplatz. Foto 2012 Jürgen Gregori
Nach den Plänen von Mettegang entstand ein 2-geschossiger, turmloser Baukörper aus roten und grauen Sandsteinquadern. Die Eingangshalle wurde asymmetrisch angeordnet, mit einem großen Giebel und Thermenfenster versehen, so dass eine gute Belichtung erreicht werden konnte. Als Dach wurde ein Mansarddach aufgesetzt. Den Giebel krönte ein großer in Stein gehauener Reichsadler. Zwischen der Eingangshalle und einer turmartigen Gebäudeecke am Linken Gebäudeflügel war ein 1-geschossiger Restauranttrakt mit Rundbogenfenstern eingeschoben, das erste Obergeschoss war davon zurückgesetzt und hatte rundbogige Vierlingsfenster mit angestellten Säulen. Darüber erhob sich ein Satteldach mit vier turmartigen Gauben.

Auf der rechten Seite der Eingangshalle schloss ein 5-achsiger, niedrigerer Baukörper mit Satteldach und turmartigen Gauben an. Im unteren Teil gab es Rundbogenfenster, im oberen Geschoss Rechteckfenster mit Kreuzstöcken. Die Sandsteinfassade wurde durch zahlreichen in Stein gehauene Bilder und Figuren reich dekoriert, sogar die Wasserspeier wurden mit maskenartigen Figuren gestaltet. Die Fensterbögen wurden bildhauerisch bearbeitet und zeigen in Symbolen die 12 Monate des Jahres.

Empfangsgebäude mit Schalterhalle
Das neue Empfangsgebäude erinnerte noch an den Burgenstil des 19. Jahrhunderts, in einem modernisierten romanischen Stil mit Jugendstilelementen aus grauem und rötlichem Sandstein.

Im Inneren der großen Eingangshalle lagen direkt gegenüber den Eingangstüren die in Marmor ausgeführten Fahrkartenschalter. Auf der rechten Seite befand sich die Gepäckaufgabe. Nach links schloss sich der Personentunnel zu den Gleisen an und man gelangte zu den Warteräumen. Die Wände und die großen gewölbten Deckenkuppeln waren hell, weißgrau verputzt und mit grauen, leicht blauen Bemalungen verziert. Die großen Thermenfenster hatten dekoratives Kathedralglas aus England, das mit einem Flechtmuster besondere Streifen aus Glas erzeugte. Der Hallenbogen fand ihren Abschluss auf kurzen, gedrungenen schwarzen Säulen mit mächtigen, breit ausladenden Kapitellen. Diese Kapitelle waren ebenfalls bildhauerisch bearbeitet und zeigten verschiedene Reliefs. Das erste Kapitell zeigt Darstellungen aus der Geschichte Aachens, wie die Auffindung der Heilquellen und eine Szene mit Karl dem Großen. Das zweite Kapitell war für das Gewerbe der Stadt bestimmt und zeigte die Tuchweber, die Nagelschmiede und ein Symbol für das Bad. Auf dem dritten Kapitell waren die Werkleute abgebildet und auf dem vierten Symbole für den Reiseverkehr.

Von der Eingangshalle zu den Wartesälen gelangte man durch einen heraldisch geschmückten Bogen mit dem Leitspruch des Architekten: „Am Anfang war der Zweck“. Zum Vorplatz hin lag der Wartesaal der I. und II. Klasse an dessen Wänden Tapeten mit grau-blauem Muster hingen. Die Decke, Türen und einige Wandnischen waren aus braunem Holz gearbeitet worden und in der Mitte stand ein Laufbrunnen mit grünen Fliesen und einer schwarzer Marmorsäule. Der Wartesaal III. Klasse lag auf der rückwärtigen Seite und war weniger reich ausgestaltet. Es gab allerdings eine braun-rot bemalte Kassettendecke und ebenfalls mit Holz gearbeitet Nischen. Hinter den Wartesälen lag die Küche und Anrichte, im oberen Geschoss befanden sich die Personalräume und Unterkünfte für den Wirtschaftsbereich, sowie für das Bahnpersonal. Außerdem noch die Büros für den Bahnhofsvorsteher und die Fahrleiter. Vor den Sperren am Anfang des Personentunnels gab es einen kleinen Laden für den Bedarf der Reisenden, dem Laden gegenüber befanden sich die Toilettenanlagen.


Zustand des Empfangsgebäudes um die 1970er Jahre

Schalterhalle im Empfangsgebäude vor dem Umbau. Foto 1999
Schalterhalle vor dem Umbau. Foto um 1990
Nach den ersten notdürftigen Nachkriegsrenovierungen in den 1950er Jahren, wurde gegen Ende der 1970er Jahre der Aachener Hauptbahnhof modernisiert und dem Konzept der Deutschen Bundesbahn angepasst. Dabei wurden die Fassade und das Dach des Empfangsgebäudes nicht verändert. Auf den Bahnsteigen stellte man neue, einheitliche Möblierungen auf. Die Perronhalle blieb zum Glück unangetastet. Das innere des Empfangsgebäudes wurde allerdings stark verändert.

In die große Eingangshalle zog man eine kassettierte Abhangdecke ein und die Säulenkapitelle wurden zugebaut. Die Fahrkartenschalter ersetzte man durch Neue, an andere Stelle. Die Wartesäle in ihrer vollen Größe und die Gepäckabfertigung waren durch die geänderten Reisegewohnheiten überflüssig geworden. So machte man Einbauten für diverse Läden wie Rauchwaren, Blumen, Bücher und Zeitschriften im Bereich der ehemaligen Gepäckhalle. Zur Gepäckaufbewahrung wurden Schließfächer in einem Nebenraum des Personentunnels installiert. Den Wartesaal I. und II. Klasse baute man zu eine Bahnhofgaststätte um, welche allerdings noch die alten Küchenräume nutzen konnte. Die Gaststätte bekam neben dem Zugang von der Eingangshalle noch einen Eingang vom Bahnhofsvorplatz. Dazu wurde eine Brüstung des zweiten Fensterbogens herausgenommen und durch einen Glas-Stahl-Windfang ersetzt.

Der Bodenbelag in der Einganghalle wurde durch einen neuen Fliesenbelag ersetzt und an den Wänden mehrere Werbeflächen geschaffen. Der Personentunnel wurde ebenfalls mit einer Abhangdecke versehen. Diese bestand aus einer einfachen Lamellenstruktur mit zusätzlich eingebauten Beleuchtungen.


Umbau und Restaurierung nach 2005

Nachdem man in den 1970er Jahren sehr rüde mit der Bausubstanz umgegangen war und nicht sehr schonend beim Umbau des Aachener Hauptbahnhofs vorging, wurde das Empfangsgebäude des Aachener Hauptbahnhof im März 1981 unter Denkmalschutz gestellt. Fünf Jahre später beschränkte man die Unterschutzstellung nur auf den Außenbau, sprich die Fassade. Im Jahr 2004 wurde eine Sanierung beschlossen und am 9. Mai 2005 begannen die Arbeiten.

Empfangsgebäude mit Bahnhofsplatz. Foto 2013 Christoph Kranenburg
Schalterhalle im Empfangsgebäude nach dem Umbau. Foto 2012 Jürgen Gregori
Folgende Maßnahmen wurden durchgeführt:
Die Abhangdecken in der Eingangshalle und im Personentunnel wurden herausgenommen. Das Tonnengewölbe der Eingangshalle als Rabitzdecke ausgeführt. Die Wände wurden sichtbar gemacht und mit einem neuen, farblich am Original orientierten Rauputz versehen. Die künstlerisch gestalteten Säulenkapitelle wurden ebenfalls freigelegt und Beschädigungen aus der 70er Jahren teilweise ausgebessert, so dass man die Ursprungsarchitektur besser verstehen kann, die Spuren der Zeit trotzdem noch wahrnimmt. Im Personentunnel wurde der Übergang zwischen Eingangshalle und Tunnel offen gelassen, so dass man das gemauerte Tonnengewölbe erkennen kann. Der hintere Teil wurde verkleidet.

Der Bodenbelag wurde entfernt und durch einen neuen Fliesenbelag ersetzt, da keine originale Substanz mehr vorzufinden war. So wurden auch die Tunnelwände und Treppenaufgänge neu gestaltet.

Der Haupteingang mit Vordach und seitlichen Ladenbauten wurde abgerissen und neu gestaltet. Dabei hat man die neuen Ladenpavillons in einer Stahl-Glas-Konstruktion ausgeführt, um die Fassade mit ihren historischen Bögen besser sichtbar zu machen. Das Vordach wurde aus diesem Grund von der Fassade etwas abgerückt.

Die Natursteinfassade wurde gereinigt und schadhafte Stellen denkmalgerecht ausgebessert.

Im Inneren wurde das Reisezentrum in den früheren Wartesaal III. Klasse verlegt, die Bahnhofsgaststätte in einen Buch- und Zeitschriftenladen umgewandelt und weitere Ladeneinbauten in einheitlichem Design neu gestaltet ohne den Raumeindruck der Eingangshalle zu stören.

Im Dachbereich mussten einige schadhafte Verbretterungen ausgewechselt und Teile der Tragkonstruktion verstärkt werden. Durch geänderte Brandschutzbestimmungen waren ebenfalls verstärkte Brandschutzmaßnahmen nötig. Die Eindeckung wurde denkmalgerecht in altdeutscher Deckung aus Naturschiefer erneuert.

Die Sanierungsmaßnahmen wurden ordentlich, sachgemäß und denkmalgerecht durchgeführt. Positiv war dabei besonders zu sehen, dass die Eingangshalle mit den Säulenkapitellen wieder in ihren ursprünglichen Charakter zurückversetzt wurde und man dabei so schonend wie möglich mit der Bausubstanz umging. Die Arbeiten an der Fassade und dem Dachstuhl waren für den weiteren Erhalt des Denkmals ebenfalls wichtig und positiv zu sehen. Die Wand-, Boden- und Deckenverkleidungen waren leider schon seit den 1970er Jahren nicht mehr erhalten, so dass der ursprüngliche Charakter des Aachener Hauptbahnhofs nicht mehr gegeben war. Negativ muss man auch die Ladeneinbauten und die Lage des Reisezentrums sehen, da die Raumaufteilung der Wartesäle somit völlig verändert wurde.


Sebastian Martin: Der Hauptbahnhof Aachen. Auszug aus einer großen Studienarbeit an der RWTH Aachen, Lehrgebiet Denkmalpflege im SS 2010 "Großstadtbahnhöfe des 19. und 20. Jahrhunderts in Nordrhein-Westfalen"


Literatur

• Grein, Peter: 165 Jahre Bahnhof Aachen HBF. Aachens „Rheinischer Bahnhof“ im Wandel der Zeiten, Aachen 2006
• Meyer, Lutz-Henning: 150 Jahre Eisenbahnen im Rheinland, Köln 1989